Richtig gut gelaunt präsentieren sich Selin und Roland Abel beim Besuch von aktiv im Unternehmen Abel Wellpappe in Form. Denn sie wollen in den Mittelpunkt stellen, wie die Zukunft des bayerischen Mittelständlers aussehen soll – nämlich: weiblich. Der 61-jährige Firmengründer möchte die Führung des Betriebs in absehbarer Zeit an seine Tochter übergeben.
„Es soll hier ja weitergehen“, sagt er, „und mir war früh klar, dass Selin die richtigen Ambitionen dafür hat.“ Die 27-Jährige kann bereits erste Erfolge vorweisen. So hat sie den Betrieb in Richtung papierloses Büro umgestellt, Gleitzeit eingeführt und Handbücher geschrieben, um die Einarbeitung an den Maschinen zu erleichtern. Aktuell arbeitet die Juniorchefin in der Produktion mit, um dort alle Maschinen und Abläufe kennenzulernen.
„Es soll hier ja weitergehen und mir war früh klar, dass Selin die richtigen Ambitionen dafür hat.“
Roland Abel, Firmengründer und Geschäftsführer
Sicherer Schutz für schwere und trotzdem empfindliche Waren
Selin Abel hat internationales Management unter anderem in London studiert, spricht neben ihrer Muttersprache auch Englisch, Französisch und Spanisch und hat einen Master-Abschluss in Entrepreneurship und Innovation.„Ich war immer schon sehr selbstbewusst und habe einen eigenen Kopf“, sagt sie offen. „Das ist meines Erachtens auch wichtig und nötig, wenn man die Verantwortung für so einen Betrieb übernehmen will. Aber erst mit dem Bachelor-Abschluss konnte ich es mir ernsthaft vorstellen, hier einzusteigen – und habe mein weiteres Studium dann sehr gezielt darauf ausgerichtet.“
Inzwischen ist sie schon seit einem knappen Jahr im Betrieb unterwegs – und dieser Betrieb kann sich sehen lassen! 75 Beschäftigte entwickeln und produzieren im Drei-Schicht-Betrieb auf 10.000 Quadratmetern in acht Hallen Formteile sowie universell einsetzbare Polster aus Wellpappe.
1997 hatte Roland Abel die Firma auf dem elterlichen Bauernhof gegründet. Seine Idee: Polster und Formteile aus Wellpappe könnten eine umweltfreundliche Alternative zu Schaumstoff und Styropor sein, um schwere und dennoch empfindliche Waren beim Transport zu schützen.
Dafür verklebte er Wellpappbogen zu Platten und schnitt die gewünschten Formate zurecht. In einem ehemaligen Schweinestall stand bald eine Sondermaschine, die nach Abels Vorstellungen umgebaut wurde. „Ich bin ein Tüftler und kann mich in Dinge gut hineindenken“, sagt der Unternehmer.
Anfangs arbeitete er noch in seinem Beruf als Lkw-Fahrer weiter. Doch schon nach kurzer Zeit florierte der Betrieb. Als dann im nahe gelegenen Westheim, einem idyllischen Flecken in Mittelfranken, neue Gewerbeflächen angeboten wurden, baute Abel dort seine eigene Fabrik! „Ich wusste einfach, dass das läuft. Und mit meiner Zuversicht konnte ich auch meine Hausbank davon überzeugen.“
Selbst erdachte Sondermaschinen
Inzwischen steht hier ein großer Maschinenpark, darunter vier computergesteuerte Sondermaschinen für den Konturschnitt, eine fünfte ist bestellt. Dank selbst erdachter, ausgetüftelter Technologie (über die man natürlich nichts verraten möchte) werden die Formen und Polster auch ohne teure Stanzwerkzeuge hergestellt! Abel Wellpappe in Form wurde so nach eigenen Angaben zu einem Marktführer im Bereich Kaschierwellpappe. Bis zu 14 Zentimeter hohe Wellpapp-Platten werden nach dem speziellen Verfahren hergestellt und zu individuellen Packmitteln weiterverarbeitet.
Diese sind sehr nachhaltig, denn die Wellpappe ist ein reines Recyclingmaterial. Die Produkte von Abel gehen über die Kunden und deren Altpapierentsorgung wieder in den Kreislauf zurück. Der verwendete Leim wird hier mit Kartoffelstärke selbst angerührt. Auch die 1.150-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage auf dem Dach verbessert die Öko-Bilanz. Die so produzierten Polster und Formteile können zum Beispiel Lkw-Achsen, Bremssättel oder Kurbelwellen während des Transports stabil an ihrem Platz halten. Und bei Bedarf mehrere Tausend Kilo schwere Teile tragen! „Unsere Palettenfüße aus Wellpappe halten sogar 6,3 Tonnen pro Fuß aus“, betont Roland Abel.
Pappwaben für ganz leichte Larven
Der Firmengründer ist immer noch fasziniert davon, wo Abel-Produkte überall zum Einsatz kommen. So reisten schon mal 46.000 Lkw-Motoren aus Bayern pappegesichert über den Ozean nach Brasilien. Bei Bedarf kann man hier aber auch ganz leicht und klein arbeiten – zum Beispiel bei der Anfertigung von Pappwaben für den Versand von Florfliegenlarven an Gärtnereien; diese Larven fressen dort Schädlinge. „In unserer Entwicklungsabteilung finden wir die richtige Lösung, die Kollegen dort freuen sich über Herausforderungen“, erläutert Büroleiter Christian Draxler beim Rundgang.
„Wir freuen uns alle. Selin ist das Zeichen, dass wir eine Zukunft in einem Familienunternehmen haben.“
Christian Draxler, Büroleiter
Er findet es prima, dass Selin Abel nun voll dabei ist, aktuell auch im Schichtbetrieb: „Wir freuen uns alle, denn Selin ist das Zeichen, dass wir weiterhin eine Zukunft in einem Familienunternehmen haben.“

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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