München. Auf zwei Dinge verlässt man sich in der Luftfahrt: erfahrene Konstrukteure und Tests. Auch im Triebwerkbau. Doch die Bauteile werden immer komplexer. Zukünftige Antriebe sollen noch leiser, sparsamer, günstiger und emissionsärmer sein. „Wir gehen in der Konstruktion ans Limit“, sagt Thomas Göhler (31), Spezialist für computergestützte Analysen beim Triebwerkhersteller MTU Aero Engines in München.

Bauteile müssen 1.000 Grad aushalten

Simulationen helfen, die Grenzen des technisch Machbaren auszuloten und schrittweise zu verschieben. Schon als Doktorand hat sich Göhler bei der MTU mit kniffligen Rechenprogrammen beschäftigt. Am Computer lässt sich viel durchspielen: etwa die Zusammensetzung hochbelastbarer, langlebiger Werkstoffe und neue Fertigungsverfahren für Triebwerkskomponenten.

Berechnungen ersetzen zwar nicht die vorgeschriebenen, strengen Sicherheitstests, ersparen aber aufwendige Experimente. „Simulationen erzielen oft schneller Ergebnisse als Tests mit echten Versuchsobjekten“, stellt Göhler fest. „Sie gelten in der Luftfahrt als Schlüsseltechnologie.“ Der Ingenieur aus Sachsen hat Fahrzeugbau studiert, kam nach dem Abschluss zur MTU. Dort arbeitete er an der Entwicklung eines neuen Werkstoffs für Turbinen mit.

Eine Herausforderung: Die Bauteile müssen Temperaturen um die 1.000 Grad Celsius aushalten. Weil sie schnell rotieren, ziehen zudem starke Fliehkräfte an jeder Schaufel.

Göhler experimentierte mit Superlegierungen auf Nickel-Basis. Das hochfeste, silbrig glänzende, hitze- und oxidationsbeständige Metall ist wie geschaffen für den Einsatz im Triebwerk – auch wenn es schwer zu bearbeiten ist. Die Mischung will jedoch gut ausbalanciert sein. Göhler tüftelte lange am Rezept, machte Tests am Computer: „Es gibt mehr als 60 Millionen Möglichkeiten, die Bestandteile zu kombinieren. Das könnte man niemals von Hand ausrechnen.“

Mit einem selbst entwickelten Programm probierten und verwarfen er und seine Kollegen unzählige Varianten, näherten sich langsam der Lösung, bis sie die ideale Kombination fanden. Ihnen gelang es sogar, „Rhenium“ – ein teurer Bestandteil, der für die Festigkeit der Legierung sorgt –durch ein günstigeres Metall zu ersetzen. Doch die Suche geht weiter. Göhler ist überzeugt: „Wir werden bei den Werkstoffen in Zukunft eine Innovationswelle erleben.“

3-D-Druck erleichtert die Fertigung

Und nicht nur dort. Fertigungsverfahren lassen sich ebenfalls mithilfe von Simulationen am PC verbessern. Beispiel 3-D-Druck: MTU begann mit einem vergleichsweise einfachen Teil, dem Boroskopauge. Es passt in eine Handfläche und ermöglicht es, ins Innere von Turbinen zu schauen. Bisher wurde das Metallstück gegossen oder gefräst. Nun entsteht es aus einem pulverförmigen Ausgangsmaterial durch „selektives Laserschmelzen“. Die MTU nutzt das Verfahren als eine der ersten Firmen in der Serienfertigung. Göhler trug mit seinem Team zum Durchbruch bei.

„Wir berechnen die optimale Geschwindigkeit und Energie, mit der das Metallpulver vom Laser verschmolzen wird“, erklärt er. Seit Frühjahr 2013 fertigt MTU nun die Werkstücke auf diese Weise. Weitere Leichtbauteile für Flugzeugantriebe sollen bald folgen: natürlich auch mithilfe von Simulationen.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Meine Mutter und mein Opa ­waren beide Ingenieure, in der Strumpf-Industrie in Sachsen. Zu Hause haben wir oft gemeinsam gebastelt, vor allem mit Holz.

Was reizt Sie am meisten?

Mich treibt es an, Standards zu durchbrechen, auch schon im Studium. Dort hatten wir eine Gießanlage für Werkstoffe, die ich für erste Abgüsse genutzt habe.

Worauf kommt es an?

Auf Beharrlichkeit. Nur wenn man sich richtig in etwas reinkniet, versteht man, wie es funktioniert.