Rheine. Hinter Andreas Glieses Job verbirgt sich eine wichtige Schaltstelle beim Textilveredler Kettelhack in Rheine: Der 45-Jährige sorgt an der 30 Meter langen Waschstraße für den Wäsche-Nachschub: 20.000 Liter Wasser, so viel wie in 120 Badewannen passt, fließen hier stündlich durch – und spült Bahnen aus Baumwolle und Mischgewebe.
„Läuft hier was schief, wirkt sich das auf die ganze Produktion aus“, sagt der Textilmaschinenführer. Sein Auftrag: strahlend weißer Stoff – damit daraus später etwa ein sattes Blau für den Blaumann entsteht. „Selbst geringste Differenzen in diesem Grundweiß würden zu Farbunterschieden beim Einfärben führen“, erklärt Gliese.
1,3 Millionen Meter Stoff ständig abrufbar
Das hätte fatale Folgen: ganze Belegschaften, gekleidet in unterschiedlich farbigen Anzügen, OP-Teams gehüllt in unterschiedlich grüne Kittel. Hotelbetten überzogen mit unterschiedlich farbiger Bettwäsche.
Bei dieser Vorstellung schüttelt Qualitätsleiter Werner Schütze den Kopf: „Das geht gar nicht! Unsere Kunden verlassen sich darauf, dass wir den richtigen Ton treffen.“
Der Mittelständler aus dem Münsterland beschäftigt knapp 100 Mitarbeiter und verarbeitet pro Jahr 15 Millionen Quadratmeter Stoff aus Baumwolle – oft gemischt mit Polyester. Uni gefärbt etwa in Blau, Grün, Grau oder sogar Orange, schneidern die Kunden von Kettelhack daraus Arbeitskleidung und Bettwäsche für Hotels, Pflegeheime und Kliniken.
Ein Geschäft mit Zukunft: Allein in den Spinden deutscher Unternehmen liegen mehr als 50 Millionen Garnituren Arbeitskleidung, die regelmäßig ersetzt werden müssen. Für deren Konfektion haben die Münsterländer 1,3 Millionen Meter gefärbten Stoff auf Lager – abrufbar in nur wenigen Stunden.
„Uni zu färben, ist eine hohe Kunst“, sagt Geschäftsführer Jan Kettelhack. Warum? „Es gibt keine bunten Muster, die von kleinen Unregelmäßigkeiten in Stoff oder Farbe ablenken.“ Der gleichmäßige Ton verzeiht keine Fehler.
Der Stoff durchläuft zwei Färbeschritte. Zuerst kommt der Polyesteranteil dran. Bei 210 Grad öffnet sich die Faser, der Farbstoff dringt ein. Danach folgt die Baumwolle. „Diesen Ton treffen wir nach einem Jahr noch exakt so“, sagt Schütze. Das ist wichtig. Denn die Kunden der Münsterländer ordern ständig Stoff nach, um ihren Bestand aufzufüllen. „Da muss das Kornblumenblau für die Arbeitshose auch nach einem Jahr noch genau stimmen“, so Jan Kettelhack.
Mittlerweile färbt das Unternehmen sogar Stretch-Stoff. Eine Neuheit. Bisher leierten solche Elasthanfasern durch die hohen Temperaturen beim industriellen Waschen aus.
„Die neue Faser ist temperaturbeständig“, erklärt Qualitätsleiter Schütze, und deshalb interessant für Kettelhacks Kunden. Denn sie übernehmen auch die Reinigung stark verschmutzter Textilien und können damit einer immer älteren Werktätigen-Generation bequemere Arbeitskleidung anbieten.
Schütze: „Der dehnbare Stoff gibt so manchem Bauchansatz nach und erleichtert so körperlich anstrengende Arbeit.“