Iserlohn. Für Sophie ist heute Bürotag – eine Betreuungslücke muss überbrückt werden. Die Neunjährige ist mit ihrer Mutter zur Arbeit gefahren. „Ist ein bisschen langweilig“, sagt sie und lacht, aber die Zeit ist ja überschaubar. Mama Helen Glod, angehende Industriekauffrau bei der Firma Serafini in Iserlohn, macht ihre Ausbildung in Teilzeit. Da ist schon mittags Feierabend.

In 30 statt 40 Stunden – die zwei Berufsschultage pro Woche bleiben – muss sich die 29-Jährige all das aneignen, was zum späteren Job gehören könnte: mit Tabellen, Zahlen und Rechnungen umgehen, Angebote einholen, Marketingaktionen planen, Verkaufsgespräche führen.

Ob Präsentationssystem, Briefkasten oder Schaukelhocker – all das fertigt Serafini

Das Unternehmen Serafini plant und baut Präsentationssysteme für Geschäftsräume und design- orientierte Produkte fürs Haus vom Briefkasten bis zum Schaukelhocker – ein vielseitiges Feld.

„Wir müssen gewährleisten, dass sie alles lernt“, sagt Personalleiterin Manuela Knäpper: „Das erfordert ein bisschen mehr Engagement. Aber es klappt.“

„Die Reduzierung der Stunden hat mir sehr geholfen“

Auch für Helen Glod ist das kein Problem: „Wir werden hier sehr gut eingearbeitet und sind vollwertig dabei.“ Viel Ablage machen gehöre bei Serafini nicht zum Azubialltag. „Nur danebensitzen und zugucken, wie ich es von anderen höre, gibt es hier nicht.“ Die junge Frau ist nach dem ersten Jahr in die Teilzeitausbildung gewechselt. Ihre Mutter war schwer erkrankt, die wollte sie unterstützen. „Die Reduzierung der Stunden hat mir sehr geholfen. Ich konnte sie begleiten, habe aber auch mehr Zeit zum Lernen und für meine Tochter. Ich habe in allen Bereichen nur profitiert“, sagt sie.

„Das ist unsere erste Teilzeitausbildung, und es funktioniert super“, sagt Manuela Knäpper, die das Ganze in kürzester Zeit regelte: „Ich kann mir das auch gut in der Produktion vorstellen. Es lässt sich immer eine Lösung finden.“

Helen Glod kann ihre Arbeitzeit flexibel gestalten. Oder auch mal ihre Tochter mitbringen

Von dieser Flexibilität profitieren alle 110 Mitarbeiter im Familienunternehmen. Industriemechanikerin Nadine Grunert zum Beispiel: Die alleinerziehende Mutter fängt wegen ihrer beiden Kinder um 7 statt um 6 Uhr an. Auch Helen Glod kann ihre Arbeitszeit flexibel gestalten. Oder eben ihre Tochter mitbringen, wenn es nicht anders geht.

Sie schätzt das sehr, hatte sie es doch nicht immer so leicht. Ihr Abitur hat die Alleinerziehende in der Elternzeit nachgeholt. Ein Wirtschaftsingenieur-Studium brach sie ab: „Das war zeitlich nicht machbar mit Kind.“

Die Bewerbung bei Serafini war ein Glückstreffer, in jeder Beziehung. Praxiserfahrung vorm Studium hält Helen Glod mittlerweile für sinnvoller. Im sechswöchigen „Betriebshopping“ lernte sie alle Abteilungen kennen, baute Briefkästen zusammen, vertiefte Kenntnisse im Schweißen und packte Kartons. „Das Betriebsklima stimmt. Hier arbeiten alle miteinander. Das ist schön“, erzählt sie. Ein Studium wird sie nachholen, berufsbegleitend nach Abschluss der Ausbildung. Die wird sie von drei auf zweieinhalb Jahre verkürzen. Auch das funktioniert in Kombination mit Teilzeit.

Infos zur Teilzeitausbildung, die von der Europäischen Union gefördert wird, findet man auf der Internetseite von der Agentur Mark.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Meine Eltern sind auch Industriekaufleute. Für mich ist die Ausbildung die perfekte Grundlage für den Start ins Berufsleben.

Was reizt Sie am meisten?

Mich reizen die Abwechslung der Tätigkeiten, die Arbeit im Team und der tägliche Kunden- oder Lieferantenkontakt.

Worauf kommt es an?

Sorgfalt und Kommunikationsgeschick sind sehr wichtig, aber auch Flexibilität und Organisationsfähigkeit.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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