München. Die bayerische Metall- und Elektro-Industrie (M+E) hat in diesen Zeiten eine schwere Last zu tragen. Sie ist international gut vernetzt, exportiert etwa Maschinen, Ausrüstungsgüter und nicht zuletzt Autos in alle Welt. Doch aufgrund der Corona-Pandemie ist das ins Stocken geraten. Die bayerische Industrie ächzt unter den Auswirkungen von Corona, muss diese schwere Last nun stemmen.
Der Tarif-Abschluss im März bewies viel Vernunft
Denn die Folgen dieser Krise treffen Bayern hart, und zwar von Anfang an. Schon im Januar und Februar, als das Virus in Deutschland noch wenig beachtet wurde, brachen in China Absatzmärkte für bayerische Produkte weg, wurden Messen abgesagt oder waren Wertschöpfungsketten gestört, weil etwa italienische Geschäftspartner keine Vorprodukte mehr liefern konnten.
Als das Virus Deutschland erreichte und Bundes- und Landesregierungen den Lockdown anordneten, meldete Bayern mit die höchste Zahl an Kurzarbeitern in der Bundesrepublik.
In dieser Situation haben die damals gerade verhandelnden Tarifpartner in der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie schnell, vernünftig und mit Augenmaß gehandelt: Der vereinbarte „Solidartarifvertrag“ half und hilft noch immer, die Betriebe in dieser existenzbedrohenden Zeit zu stützen.
Denn nur wenn die Unternehmen diese Krise überbrücken, können sie ihre Geschäfte weiter verfolgen und langfristig Jobs bereitstellen. Der Vertrag gab ihnen zumindest für die nächsten zwölf Monate Planungssicherheit. Zusätzlich verlieh die Neuregelung der Kurzarbeit den dringend benötigten finanziellen Spielraum, um Beschäftigungsabbau im größeren Stil zu vermeiden.
IG Metall fordert 4 Prozent mehr Lohn
Dieser Solidartarifvertrag läuft am 31. Dezember aus. Es gilt, neu zu verhandeln. Die IG Metall Bayern fordert unter anderem 4 Prozent mehr Lohn – sowie eine Absenkung der Wochenarbeitszeit mit Lohnausgleich, was sich im Endeffekt auch wie eine Lohnerhöhung auswirkt.
Doch ist jetzt wirklich der geeignete Zeitpunkt für solche Pläne? Ein Blick in die Betriebe und auf die weltwirtschaftliche Entwicklung offenbart: Die Lage ist nach wie vor sehr angespannt!
Durch Corona erlebt Deutschland die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Aktuell liegt die Produktion in Bayern 12 Prozent niedriger als vor Corona – wobei man berücksichtigen muss, dass sich die bayerische M+E-Industrie bereits 2019 in der Rezession befand. In wichtigen Zweigen wie der Automobil- und Zuliefererindustrie liegt die Produktion seit Jahresbeginn um 22 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Das Vorkrisenniveau wird die Wirtschaft nicht vor Ende 2022 erreichen.

Die wirtschaftliche Lage im Freistaat ist weiterhin angespannt
Denn das Corona-Virus lähmt die Welt nach wie vor. Gerade erleben viele wichtige Absatzmärkte für bayerische M+E-Produkte eine zweite Welle, die im Sommer schwach nach oben gegangene Nachfrage bricht wieder ein.
Das zeigt auch das aktuelle Konjunkturbarometer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Es hatte sich bei der Herbstbetrachtung im Vergleich zum Frühjahr leicht verbessert, liegt aber immer noch weit hinter dem Normalniveau früherer Jahre zurück.
Die Aussichten sind dabei etwas besser als die tatsächliche Lage. Die Firmen sind, was die künftige Entwicklung betrifft, etwas positiver gestimmt als noch zu Beginn der Pandemie. Auch das haben Befragungen der vbw ergeben. Die Betriebe rechnen damit, dass es sowohl beim Wachstum als auch in der Beschäftigung ein wenig aufwärtsgeht. Doch die Hoffnung auf Besserung ist trügerisch. Sie ist eher ein psychologischer Effekt. „Je schlechter die Lage, desto eher rechnet man mit einer Erholung“, begründet die vbw das Ergebnis.
Bayerns Exporte in andere Länder sind aufgrund von Corona weit unter dem üblichen Niveau
In der Produktion sind die Lieferketten glücklicherweise nahezu wieder intakt. Das Problem ist die fehlende Nachfrage! So lag Bayerns Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr um 7 Prozent niedriger als im Jahr zuvor.
Auf fast allen Exportmärkten steht vor den bayerischen Ausfuhren ein Minus. Angesichts der großen Unsicherheiten gehen die Investitionen zurück. In Bayerns größtem Absatzmarkt, den USA, sind die Exporte in den ersten neun Monaten um ein Viertel gesunken.
Doch man darf den Kopf nicht in den Sand stecken. Vielmehr braucht es Investitionen in die Zukunft. Dafür brauchen die Betriebe in der Krise jedoch Geld. Die vbw fordert daher ein Belastungsmoratorium für die Wirtschaft: Es muss alles unterbleiben, was die Unternehmen in dieser schwierigen Lage noch zusätzlich belastet! Das muss auch das Ziel der Tarifverhandlungen sein.
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