Hemer. Wenn William und Aliya in vier Jahren in die Schule kommen, brauchen sich die Eltern der beiden um den ersten Füller nicht zu kümmern. Vorausgesetzt, sie bleiben ihrem Arbeitgeber, dem Sundwiger Messingwerk in Hemer, treu. Denn dort packt der Chef den Dreikäsehochs von Mitarbeitern den Federhalter in die Schultüte.

Daran denken die beiden Knirpse jetzt noch nicht, wenn sie in der „Eulenstube“ im Bällchenbad toben, Türme aus Duplo-Steinen bauen oder sich beim Vorlesen aufs Sofa kuscheln. Dabei haben Kindertagespflege und Einschulungsgeschenk etwas gemeinsam: „Beides dient der Mitarbeiterbindung“, erklärt Personalleiter Peter Lemke.

Das mehr als 300 Jahre alte Sundwiger Messingwerk, ein Unternehmen der Nürnberger Diehl-Gruppe, produziert Bänder und Drähte aus Kupferlegierungen vor allem für die Elektronik- und Informationstechnologie – und da geht ohne gut ausgebildete Facharbeiter nichts.

Damit diese Kräfte dem Unternehmen erhalten bleiben, auch wenn sie Nachwuchs bekommen, hat die Firma vor zwei Jahren eine Werkwohnung zur Kita Eulenstube umgebaut. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Stadt Hemer wurde die Eulenstube zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren durch bis zu drei Tagesmütter eingerichtet. Die Kinder der 300 Mitarbeiter belegen längst nicht alle Plätze, haben aber Vorrang.

Für Artur Bukmaier, Vater der zweijährigen Aliya, war das ein Glücksfall. Der junge Mann stand just am Anfang seiner Ausbildung zum Verfahrensmechaniker, als er Papa wurde. Seine Freundin besucht das Berufskolleg in Menden. „Es ist schon toll, dass wir die Kita hier haben“, meint der 22-Jährige. „Sonst müssten wir jeden Tag sechs bis sieben Kilometer fahren. Das würde gar nicht funktionieren.“

Auch Jennifer Kuhnt profitiert. Ihr Sohn William wird immer um Viertel vor sieben vom Papa in die Eulenstube gebracht. Ist der Industriemechaniker aber wie neulich auf Montage, kann die 27-jährige Verfahrensmechanikerin ihren Sohnemann auch schon kurz vor 6 Uhr, vor dem eigenen Schichtbeginn, einer Tagesmutter anvertrauen. „Einfach ideal“, freut sie sich. Wenn sie um 14 Uhr ausstempelt, sind es nur wenige Schritte durch das Werktor – und schon kann sie Will in die Arme schließen. Der Nachmittag gehört ihrem Sohn und der zehnjährigen Tochter.

Jennifer Kuhnt arbeitet jetzt ausschließlich in der Frühschicht. So kann sie Familie und Beruf besser unter einen Hut bringen. Das hilft auch dem Betrieb. Die junge Frau ist nach einem Jahr Babypause wieder eingestiegen: „Ohne die Angebote hier in der Firma wäre ich vielleicht doch drei Jahre zu Hause geblieben.“