Köln. Die deutsche Metall- und Elektro-Industrie (M+E) ist weltweit erfolgreich – und stellt sich selbst immer globaler auf. So weit, so klar. Aber was folgt daraus eigentlich auf lange Sicht für die heimischen Werke?

Das hat die Kölner Beratungsfirma IW Consult im Auftrag des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall untersucht. Fazit der Studie: Die Musik spielt zunehmend im Ausland, das gilt für die Investitionen wie für die Gewinne.

Einen ersten Eindruck von der unterschiedlichen Dynamik vermitteln die Direktinvestitionen im Ausland und der Ausbau heimischer Produktionsmöglichkeiten: „Seit 1995 hat sich der Bestand im Ausland mehr als verfünffacht“, erklärt IW-Consult-Ökonom Thorsten Lang, „das Bruttoanlagevermögen im Inland ist aber nicht einmal um die Hälfte gestiegen.“

Wobei der Bestand an Gebäuden, Maschinen und Anlagen, der sogenannte Kapitalstock, im Inland natürlich nach wie vor deutlich größer ist. Und immerhin ja auch weiter gewachsen. Allerdings nicht überall, wie Lang betont: „Rechnet man den Automobilbau heraus, ist der Kapitalstock in der M+E-Industrie geschrumpft, die Produktionskapazitäten sind also weniger geworden.“

Interessant seien zudem die aus Umfragen bekannten Motive dafür, Kapital hier oder dort in die Hand zu nehmen. „Wenn in deutsche Werke investiert wird“, sagt Lang, „geht es vor allem um mehr Energieeffizienz oder andere Kosteneinsparungen. Aber im Ausland wird oft investiert, um Produktion dorthin zu verlagern.“

Und der Trend nimmt zu. Der Anteil des jenseits der Grenze investierten Geldes an den M+E-Investitionen insgesamt lag 2010 bei 17 Prozent, 2015 waren es 20 Prozent – und für 2020 erwarten die Unternehmen dann 24 Prozent. Ganz ähnlich wächst der Anteil an den Gewinnen, also die Bedeutung der ausländischen Werke als Ertragsbringer.

Unterdessen sinke die Bedeutung einfacher Tätigkeiten in den deutschen Werken weiter, erklärt Ökonom Lang – und verweist auf einen für Geringqualifizierte bedrohlichen Zusammenhang: „In Unternehmen mit einem hohen Anteil Auslandsproduktion geraten einfache Tätigkeiten in den heimischen Werken am stärksten unter Druck.“ Einfach, weil eine Arbeitsstunde zum Beispiel in Tschechien oder Polen viel günstiger ist.

„Diese Entwicklung ist besorgniserregend“

Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger stellt denn auch fest: „Der Standort Deutschland bröckelt. Die Verlagerung von Produktion ins Ausland ist besorgniserregend, weil später unweigerlich auch Forschung und Entwicklung sowie Administration betroffen sind. Deshalb kann uns diese Entwicklung nicht egal sein.“ Aus Sicht der Arbeitgeber müssen die Tarifpartner gegensteuern: Überzogene Lohnforderungen würden den bedrohlichen Verlagerungstrend nur verschärfen, heißt es.

Übrigens: Die Studie ist im Web zu finden. Unter gesamtmetall.de/auslandsproduktion geht’s zum kostenlosen Download.