Nach dem Tod eines Angehörigen gibt es viel zu bedenken - auch steuerlich: Muss man noch eine Steuererklärung abgeben? Welche Frist gilt? Wer erstellt die Erklärung fürs Finanzamt? Auf was Erben dabei achten müssen, erklären Experten.
Beim Tod eines Familienangehörigen müssen die Hinterbliebenen nicht nur mit dem Verlust eines geliebten Menschen leben, sondern sie haben auch viel zu regeln. Nach der Beisetzung gilt es, den Nachlass zu ordnen. Zu den damit verbundenen Aufgaben kann auch die Abgabe einer Steuererklärung für den Verstorbenen gehören.
Hatte der Verstorbene steuerpflichtige Einkünfte, sind die Erben für die Steuererklärung verantwortlich
„Hatte der oder die Verstorbene steuerpflichtige Einkünfte, die nicht bereits durch Lohn- und Kapitalertragsteuer abgegolten sind, gehen die steuerlichen Rechte und Pflichten auf die Erben über“, erklärt der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH) in Neustadt, mit rund 3.000 Beratungsstellen der größte Lohnsteuerhilfeverein in Deutschland.
Man muss sich also um das Thema kümmern, wenn beispielsweise Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung erzielt wurden oder wenn der Verstorbene eine Rente erhalten hat, deren steuerpflichtiger Teil höher als der Grundfreibetrag war.
Auch ohne Verpflichtung kann es sich lohnen, eine Steuerklärung abzugeben
Übrigens: Auch wenn der Verstorbene nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet war, kann es sich lohnen, diese zu machen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn lediglich Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit vorlagen, bei denen die Lohnsteuer direkt vom Arbeitgeber ans Finanzamt weitergeleitet wird. Die entrichtete Steuer ist dann häufig zu hoch, etwa wenn Freibeträge nicht berücksichtigt wurden, sodass ein Anspruch auf eine Steuerrückzahlung bestehen könnte. Dies muss aber immer im Einzelfall geprüft werden.
Die Uhr tickt – auch bei der Steuererklärung für den Verstorbenen gilt die normale Frist
Gibt es einen Alleinerben, ist er für die Erstellung der Steuererklärung zuständig. Geht der Nachlass an eine Erbengemeinschaft über, so muss diese eines der Mitglieder damit beauftragen, die Steuererklärung zu erstellen. Für deren Abgabe gelten die üblichen Fristen, das heißt die Erben haben hierfür Zeit bis Ende Juli des Folgejahres. „Diese Zeitspanne verlängert sich nochmals bis zum Ende des darauffolgenden Februars, wenn die Steuerpflichtigen die Steuererklärung von einem Lohnsteuerhilfeverein oder Steuerberater machen lassen“, so die VLH-Experten.
Werden diese Fristen versäumt, drohen den Erben eine Steuerschätzung und die Erhebung eines Versäumniszuschlags. Wenn es zu Situationen kommt, in denen die Erbfolge strittig ist und unter Umständen erst gerichtlich festgestellt werden muss, sollten daraus resultierende Verzögerungen also dem Finanzamt mitgeteilt werden.
Beim Sortieren des Nachlasses auf Belege für die Erklärung achten
Wird der Nachlass von den Hinterbliebenen sortiert und gesichtet, sollten unbedingt sämtliche Quittungen und Unterlagen, die steuerlich relevant sein können, aufgehoben werden. Trotzdem ist es oftmals schwierig, alle erforderlichen Belege beizubringen. „Gegen Vorlage des Erbscheins geben Banken, die Kranken- und die Rentenkasse Auskünfte“, so die VLH.
Auch das Finanzamt lässt legitimierten Erben die Kopien alter Steuerbescheide zukommen. Achtung: „Wurde der Verstorbene zuvor gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin veranlagt, muss dieser der Weitergabe alter Steuerbescheide zustimmen.“
Vorsicht, wenn das Finanzamt noch Forderungen haben könnte
Ergibt sich durch die Steuererklärung eine Rückzahlung, so steht diese Summe dem Alleinerben beziehungsweise der Erbengemeinschaft zu. Bei Letzteren wird die Erstattung anhand der Erbquote aufgeteilt. Diese Rückzahlung kann sich auch erbschaftsteuerlich auswirken, wenn der Erbe damit in der Summe über den Erbschaftsteuerfreibetrag kommt. Welche Freibeträge für die Erbschaftsteuer gelten und wie die Steuer berechnet wird, lesen Sie auf aktiv-online.de.
Bei offenen Forderungen steht der Erbe mit seinem Vermögen ein
Hat hingegen das Finanzamt noch offene Forderungen, müssen die Erben die Steuerschuld grundsätzlich bezahlen – „und zwar unabhängig von der Höhe des Nachlasses“, erklärt die VLH. Das heißt, sie stehen dafür gegebenenfalls mit ihrem persönlichen Vermögen ein. Zeichnet sich ein solcher Fall ab, gibt es die Möglichkeit, Nachlassinsolvenz zu beantragen – dann bleiben eventuelle Forderungen auf den Nachlass begrenzt.
Witwensplitting: Für das erste Jahr nach dem Tod gilt noch der günstigere Splittingtarif
Eine Sonderregel gibt es für den hinterbliebenen Ehepartner. Witwe oder Witwer können im Jahr des Todes sowie im ersten auf den Todesfall folgenden Jahr für ihre Einkünfte nochmals nach dem meist günstigeren Splittingtarif besteuert werden. Dies geht aber nur, wenn zum Todeszeitpunkt die Voraussetzungen fürs Splitting vorlagen, das heißt die Partner müssen miteinander verheiratet gewesen sein und auch gemeinsam unter einem Dach gewohnt haben. Das Splitting kann die Steuerschuld deutlich reduzieren, wenn beide Partner unterschiedlich hohe Einkünfte hatten. Übrigens: Tipps für die Steuerklassenwahl finden Sie auf aktiv-online.de.
Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.
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