Berlin/Köln. Der Staat schwimmt im Geld. Nicht 1 Cent neue Schulden muss Finanzminister Olaf Scholz aufnehmen, um den Bundeshaushalt zu stemmen: Die gewaltigen Ausgaben von rund 344 Milliarden Euro in diesem Jahr, die die GroKo sich vorgenommen hat, bestreitet er aus den laufenden Einnahmen.

Erst mal eine gute Nachricht: Noch besser wäre sie, wenn der schon seit Jahren ausgeglichene Haushalt das Resultat kostenbewusster Politik wäre. Doch der Staat gibt Jahr für Jahr mehr Geld aus. Allein das hohe Steueraufkommen von Bürgern und Unternehmen ermöglicht die viel zitierte „schwarze Null“.

Am Einkommensteuertarif schraubt die Politik gern herum

„Seit 2005 sind die Einnahmen aus Lohn und Einkommensteuer fast doppelt so stark gestiegen wie die Summe der gezahlten Löhne“, sagt Tobias Hentze. „Es gibt also genug Spielraum, um die Steuerzahler zu entlasten“, so der Ökonom vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Zwar schraubt die Politik nur allzu gern am Einkommensteuertarif herum, 24 Gesetzesänderungen gab es seit 1958. „Insgesamt aber hat der Gesetzgeber es versäumt, den Tarifverlauf systematisch an die Entwicklung von Preisen und Löhnen anzupassen“, so Hentze.

In der Folge zahlen heute Arbeitnehmer den Spitzensteuersatz schon, wenn sie nur das 1,9-Fache des durchschnittlichen Bruttogehalts verdienen. 1965 war es noch das 15-Fache.

„Singles, Ehepaare und Familien zahlen gemessen an ihrem – zum Glück ja stark gestiegenen – Einkommen auch nicht mehr Steuern als vor einigen Jahrzehnten“, stellt der IW-Ökonom fest: „Aber in der letzten Zeit, seit dem Jahr 2005, ist die relative Steuerbelastung deutlich gestiegen.“

Anrechnung von Rentenversicherung und Krankenkassenbeiträgen

Und im Langfristvergleich zeigen Hentzes Berechnungen: Die aktuelle Steuerlast wird zwar gemindert – durch abzugsfähige Aufwendungen etwa bei der gesetzlichen Rentenversicherung oder den Krankenkassenbeiträgen. „Doch das geht in der Regel mit Belastungen an anderer Stelle einher“, erklärt der Wissenschaftler.

Was die Regierung beschlossen hat, reicht für einmal Eis essen im Monat

Bei der Rente ist das die nachgelagerte Besteuerung. Die Steuerlast wird also von der Gegenwart in die Zukunft verlagert, weil die Renten besteuert werden. Und bei der Krankenversicherung stehen der höheren Absetzbarkeit ja auch höhere Beiträge gegenüber.

Da mag doch trösten, dass die GroKo mal wieder die kalte Progression abmildern will. Das ist der Effekt, bei dem Lohnsteigerungen wegen steigender Preise durch höhere Steuersätze aufgefressen werden.

Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahresbrutto von 60.000 Euro wird ab 2019 laut Berechnung des Finanzministeriums gerade mal um 251 Euro Steuern im Jahr entlastet. Macht 21 Euro im Monat – oder für jedes Familienmitglied einen Eisbecher. In wirtschaftlich starken Zeiten sollte doch wohl mehr drin sein!