Wiesbaden. Wie viel kostet eine Stunde Arbeit? Im scharfen internationalen Wettbewerb spielt diese Summe eine wesentliche Rolle. Für die Chemie-Industrie heißt das: Sie muss sich mit ihren hohen Arbeitskosten gegen die Konkurrenz durchsetzen. Zuletzt wurde es für sie sogar noch teurer.
Im Schnitt 53 Euro zahlen West-Betriebe pro Stunde, hat der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) für 2014 errechnet; neuere Daten liegen noch nicht vor. Im internationalen Vergleich ist nur der relativ kleine Konkurrent Belgien teurer. „Die übrigen EU-Länder sowie die USA und Japan können dagegen mit zum Teil deutlich niedrigeren Kosten kalkulieren“, sagt Dirk Meyer, BAVC-Geschäftsführer für Arbeitsmarkt. Setzt man die Stundenkosten in Westdeutschland als 100 Prozent, lässt sich der Abstand genau beziffern:
- Mit einem 10 bis 15 Prozent geringeren Niveau agieren etablierte Chemieländer wie Frankreich, Schweden oder Österreich im weltweiten Wettbewerb.
- Italienische Arbeitgeber bezahlen 35 Euro, amerikanische Betriebe 33 Euro. Hier beträgt die Differenz bereits über ein Drittel.
- Um 40 bis 47 Prozent niedrigere Kosten fallen bei den Unternehmen Japans, Großbritanniens und Spaniens an.
Vielfach ging die Schere noch weiter auf. „In den meisten Staaten haben die Chemie-Arbeitskosten seit dem Jahr 2012 weniger stark zugelegt als in Deutschland“, berichtet Meyer.
Die ostdeutsche Chemie-Industrie, in der 55.000 der bundesweit 550.000 Beschäftigten arbeiten, zahlt im Schnitt ein Drittel weniger als die West-Branche. „Das liegt zum Teil an der anderen Beschäftigtenstruktur“, erklärt Meyer. „Der Osten ist ein klassischer Produktionsstandort, im Westen wird auch viel geforscht.“ Hinzu kommen Unterschiede bei der Wochenarbeitszeit und bei der Altersvorsorge.
Natürlich können Unternehmen auch mit hohen Arbeitskosten international Erfolg haben, wenn sie die Summen durch eine entsprechend hohe Produktivität erwirtschaften. In der deutschen Chemie-Industrie ging die Produktivität jedoch zwischen 2010 und 2014 um knapp 5 Prozent zurück, während die Entgelte je Beschäftigten um 13 Prozent zunahmen. Das trübt die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Branche ein.