Hannover. Auf den ersten Blick steht Niedersachsen ganz gut da: Die Einwohner geben in Befragungen eine hohe Lebenszufriedenheit an, die Arbeitslosenquote ist rückläufig und war 2015 geringer als in Deutschland. Aber: Die Industrie leidet unter einer Investitionsschwäche. Das geht aus einer Studie hervor, die jetzt beim „Innovationsgipfel Niedersachsen“ vorgestellt wurde, veranstaltet vom Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall in Hannover.
Je 1.000 Euro Umsatz investieren Betriebe inzwischen nur noch knapp 33 Euro. Zu Beginn der 2000er-Jahre waren es noch 37 Euro. Der Wert von Hallen und Maschinen, also der Kapitalstock, ist seit 2004 rückläufig.
Wandern wichtige Abnehmer ab, leiden auch die Zulieferer
Die Musik bei den Investitionen spielt im Ausland. Nun ist es ja gut, wenn unsere Unternehmen neue Märkte erschließen und Kunden in der Ferne gewinnen – die oft verlangen, dass man vor Ort fertigt. Das sichert viele Arbeitsplätze in den Zentralen daheim. Und Marktzugang ist nach wie vor ein Treiber fürs Engagement im Ausland. Aber das deutlich wichtigere Motiv, auch das ergab die Studie aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), sind aktuell die Kosten – die zum Problem für die heimische Fertigung werden können.
Jetzt und in Zukunft gewinnen die ersetzenden Auslandsinvestitionen an Bedeutung: Produktion in der Ferne löst die an heimischen Standorten ab. Und weil man jeden Euro nur einmal ausgeben kann, heißt das oft, „dass auf Ausbau der Inlandsproduktion verzichtet wird“. Zu Hause reiche es dann nur zu Ersatzinvestitionen, um den Verschleiß ausgleichen.
Dieser Trend der schleichenden Verlagerung bringt aber noch ein anderes Problem. Es arbeitet nicht jeder Betrieb für sich, sondern die Produktion ist in Wertschöpfungsketten organisiert. Gehen wichtige Abnehmer ins Ausland, hat das in der Regel „Auswirkungen auf die Zulieferer“, heißt es in der Studie. Vor allem kleinere Industriebetriebe rechnen damit.
Niedersächsische Defizite gibt es auch in Sachen Innovationsstärke: Die Firmen liegen bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) nur im bundesweiten Durchschnitt, Unternehmen in anderen Flächenländern wie Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen geben deutlich mehr aus. Wissenschaftler mit FuE-Tätigkeit sind in Niedersachsen ebenfalls unterdurchschnittlich vertreten.
Im Klartext: Die Entscheidung, ob die nächste Fabrikhalle hier oder im Ausland gebaut wird, kann schon morgen ganz anders ausfallen als heute. Patriotismus allein hilft Unternehmen nicht weiter.
Landesregierung startet Initiative im Bundesrat
- Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland: Eine Bundesratsinitiative dazu hat Niedersachsens Landesregierung beschlossen.
- Gefördert werden sollen Kosten für Forscher, Techniker und weitere Mitarbeiter, die in Forschung und Entwicklung eingesetzt werden.
- Begünstigt werden sollen Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, das entspricht der KMU-Definition der EU-Kommission. Denkbar ist aber auch eine Ausweitung der Förderfähigkeit auf Firmen, die weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen.
- Bisher beteiligt sich der Staat mit 3,4 Prozent an den Ausgaben der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung. Zum Vergleich: In Österreich sind es 12,5 Prozent.