Berlin/Köln. Ach, die Zeiten sind so hart – lass uns jetzt einfach viel mehr Geld raushauen, als gerade reinkommt! Auf Pump! Übers Zurückzahlen reden wir vielleicht später …

Einen einzelnen privaten Haushalt würde so eine Denke rasch in die Pleite treiben. Für Deutschland insgesamt ist es aber tatsächlich ein guter Plan: Hunderte Milliarden gegen die Krise lockermachen, für alle möglichen Rettungsmaßnahmen und Konjunkturhilfen. Erst mal hinnehmen, dass die Staatsverschuldung um etwa ein Drittel (!) steigen dürfte. Und dann später – hoffentlich – aus den Schulden „herauswachsen“, wie das nach der Finanzkrise 2008/09 beispielhaft gelungen ist.

Zehn Jahre Aufschwung und die „schwarze Null“ haben für sehr solide Staatsfinanzen gesorgt

Dazu sollte man zweierlei wissen. Erstens: Die Corona-Krise kam in einer Zeit, in der die Staatsfinanzen hierzulande sehr solide waren. Ein ungewöhnlich langer Aufschwung hatte zu immer neuen Beschäftigungsrekorden und entsprechenden Rekordsteuereinnahmen geführt. 45,2 Millionen Menschen waren 2019 in der Bundesrepublik erwerbstätig – so viele wie nie zuvor. Dazu kamen ausgeglichene Haushalte (Stichwort „Schwarze Null“) und sehr geringe Zinsausgaben. All das trug dazu bei, dass die Schuldenquote 2019 endlich wieder unter 60 Prozent lag, also unter dem Maastricht-Grenzwert, der eigentlich allen Euro-Staaten vertraglich vorgeschrieben ist.

Bei der Staatsverschuldung kommt es auf die Schuldenquote an

Zweitens: Auf diese Schuldenquote kommt es vor allem an – nicht so sehr auf die absolute Höhe der Schulden! Die Schuldenquote setzt die Miesen ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), also zur Jahreswirtschaftsleistung.

„Aktuell sehen wir steigende Schulden bei abstürzender Konjunktur und wegbrechenden Steuereinnahmen“, sagt Martin Beznoska, Experte fürs Thema am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. „2020 dürfte die Schuldenquote auf über 80 Prozent hochschießen, je nachdem, wie stark das Bruttoinlandsprodukt tatsächlich einbricht und wie teuer die vielen Hilfsmaßnahmen am Ende tatsächlich werden.“

Können wir uns das denn leisten? Im Prinzip ja – wenn denn die Wirtschaft 2021 wieder auf den Wachstumspfad zurückkehrt. Dahinter steckt ein wichtiger Zusammenhang, hier etwas vereinfacht erklärt: Wenn der Prozentsatz des Wirtschaftswachstums höher ist als der Zinssatz, der für die Staatsschulden bezahlt werden muss, sinkt die Schuldenquote.

Höhere Staatsverschuldung ist verkraftbar – auch wegen der extrem niedrigen Zinsen für deutsche Staatsanleihen

„Wenn die Wirtschaft wieder Tritt fasst, ist die Neuverschuldung verkraftbar“, urteilt Beznoska daher. „Vor allem, weil die Zinsen voraussichtlich noch lange niedrig bleiben werden. Aktuell muss Deutschland für neu ausgegebene 30-jährige Staatsanleihen nur rund 0,2 Prozent Zinsen zahlen.“

Von Steuererhöhungen rät der Experte eindringlich ab: „Sie wären kontraproduktiv, weil höhere Steuern die Konsum- und Investitionsanreize reduzieren würden, die zur Erholung der Wirtschaft dringend gebraucht werden.“ Wichtig sei es allerdings, so Beznoska, nach der Krise alle Staatsausgaben kritisch auf den Prüfstand zu stellen.

Milliardenschwere Hilfe für Familien

Um in der Corona-Krise die Nachfrage der Bürger zielgerichtet zu stärken, spendiert der Staat einen Kinderbonus: einmalig 300  Euro pro Kind, die mit dem Kindergeld ausgezahlt werden. In den meisten Fällen gibt es das Geld im September und Oktober.
Auch Hartz-IV-Beziehern wird damit geholfen – wer sehr viel verdient, geht dagegen leer aus: „Der Bonus wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet und bei besser verdienenden Haushalten mit dem Kinderfreibetrag verrechnet“, teilt das Finanzministerium mit.
Alleinerziehende müssen zudem weniger Steuern zahlen: Der steuerliche Entlastungsbetrag wird für 2020 und 2021 von 1.908  auf 4.008  Euro angehoben.
Diese beiden Maßnahmen des Konjunkturpakets werden insgesamt rund 5 Milliarden Euro Steuergeld kosten.