Stuttgart. In keinem anderen Bundesland wird so viel getüftelt wie in Baden-Württemberg. Mit einem Anteil von 4,9 Prozent an der gesamten Wirtschaftsleistung liegen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Südwesten weit an der Spitze.

Das zahlt sich aus: Hier ist die Heimat von „Ideenschmieden auf Weltniveau“, das bescheinigt der „Innovationsatlas“ des Instituts der deutschen Wirtschaft. Die Innovationskraft zeigt sich etwa an der Zahl der Patentanmeldungen: Pro 100.000 Einwohner wurden letztes Jahr 132 Patente angemeldet, 14.511 Neuanmeldungen waren es insgesamt. Die Metall- und Elektro-Industrie ist ganz vorne mit dabei. So ist Bosch der größte Patentanmelder Deutschlands. Unter den Top 50 finden sich außerdem südwestdeutsche Unternehmen wie der Automobilzulieferer Mahle oder der Optik-Spezialist Carl Zeiss.

Die pfiffigen Produkte der Industrie-Unternehmen tragen zum Wohlstand bei und machen unser Leben besser – im Alltag oder sogar in der Raumfahrt, wie bei Alexander Gerst. AKTIV stellt eine Auswahl vor.

Weniger ist mehr

Der Badspezialist Hansgrohe aus Schiltach hat einen neuen Duschstrahl entwickelt. Einem sanften Sommerregen nachgeahmt, kommen aus dem Brausenkopf Tausende Mikrotropfen, die sich hauchfein auf die Haut legen.

Bei dieser Technologie gibt es statt einer Öffnung pro Düse jeweils sechs kleine Öffnungen. Der neue Powder-Rain-Strahl (Puderregen) soll sich besonders gut anfühlen. Außerdem hat er noch ganz praktische Vorteile: Es spritzt beim Duschen weniger, und der Strahl hilft auch beim Wassersparen. Um rund 30 Prozent senkt Powder-Rain den Wasserverbrauch – so benötigt man auch weniger Energie.

Ein weiterer Clou: Im Soundlabor gelang es, das Duschgeräusch um 20 Prozent zu senken.

Für die Umwelt

Wie kommt ein Zulieferer für die Automobil-Industrie dazu, ins Geschäft mit E-Bikes einzusteigen? „Wir haben uns vor fünf Jahren mit den Megatrends beschäftigt und sind auf das Thema E-Bikes gekommen“, erklärt Ansgar Neumaier, Bereichsleiter für Schalter, Sensoren und Steuerungen. Es passe zu den Genen des Unternehmens.

Dabei macht der Weltmarktführer für Elektrowerkzeugschalter keine halben Sachen: Auf Grundlage der Automotive-Standards bietet Marquardt einen modularen Systembaukasten aus Motor, Steuergerät, Akku, Display, Bedieneinheit und Sensor an. Alle Elemente lassen sich dabei frei kombinieren und nach Wunsch anpassen. So geht’s umweltfreundlich raus in die Natur.

Ein Koffer voll Luft

Während andere ihre Reisekoffer für Italien oder Spanien packen, war Astronaut Alexander Gerst kurz vor seinem Flug zur Raumstation ISS mit ganz speziellem Gepäck unterwegs: einem Koffer mit Hightech-Lüftungssystem für seinen Raumanzug.

Weil Raumanzüge hermetisch dicht sind, sorgt dieser mobile Ventilationskoffer über Schläuche für Belüftung und verhindert damit eine Überhitzung des Körpers. Zum Beispiel beim Training oder auf dem Weg zur Rakete – bis dort das Bordsystem die Kühlung übernimmt. Im Koffer ist ein Ventilator von Hersteller ebm-papst aus Mulfingen verbaut. Das Unternehmen wurde schon zweimal mit dem Siegel „Innovativ durch Forschung“ vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet.

Nie wieder leer!

Ganz so einfach wie im Märchen „Tischlein deck dich“ funktioniert der intelligente Kühlschrank vom Hausgerätehersteller BSH zwar nicht, doch er meldet sich, wenn er nachgefüllt werden muss, und gibt preis, ob zum Beispiel noch genügend Grillfleisch da ist.

Eine eingebaute Kamera macht Fotos aus dem Inneren des Kühlschranks und schickt sie über die BSH Cloud aufs Handy oder Tablet. So kann man schon auf dem Heimweg von der Arbeit mit einer speziell dafür entwickelten App abrufen, was gerade fehlt. Nur einkaufen muss man noch selbst.

In Giengen an der Brenz steht die größte Kühlgerätefabrik der Bosch-Tochter BSH. Das Werk ist Kompetenzzentrum für die weltweite Produktion. 540 Entwickler forschen an der Vernetzung von Hausgeräten. Der Kühlschrank ist erst der Anfang.

Hoch hinaus!

246 Meter ragt er in die Luft: Der Aufzug-Testturm von Thyssenkrupp Elevator in Rottweil ist ein Wahrzeichen für Ingenieurs- kunst und Fortschritt. In seinen zwölf Schächten werden Hochgeschwindigkeits-Aufzüge getestet, die mit 18 Metern pro Sekunde in die Höhe rasen.

Das imposante Bauwerk ist außerdem ein Besuchermagnet: Auf 232 Metern schwebt Deutschlands höchste Aussichtsplattform und bietet einen grandiosen Blick über den Schwarzwald und die Schwäbische Alb. Ende Juni, nicht einmal ein Jahr nach Eröffnung, wurde schon der 100.000. Besucher gezählt. „Das hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen“, sagt Vorstandsvorsitzender Andreas Schierenbeck.

Im August gibt’s daher erweiterte Öffnungszeiten (Infos unter testturm.de). Und im September findet hier der höchste Treppenlauf Europas statt. Der ist allerdings schon ausgebucht.

Mein Handy mäht

So macht die Gartenarbeit doch richtig Spaß: Man kann auf der Terrasse chillen oder mit den Kindern spielen und nebenbei per App auf dem Smartphone die Einsatzzeiten des Mähroboters steuern.

Der hier abgebildetet „Sileno City“ vom Hersteller Gardena aus Ulm ist für Rasenflächen bis 500 Quadratmeter gedacht. Er bietet nicht nur Bequemlichkeit und den Zeitgewinn: Der Mähroboter ist besonders leise und deshalb sogar sonntagstauglich. Außerdem arbeitet er bei jedem Wetter. Und die feinen abgeschnittenen Spitzen setzt er gleich als Mulch ein. Beim Thema Sicherheit schneidet er übrigens dank seiner Sensoren im wahrsten Sinne gut ab.

Solange der Kleine gerade mäht, kann man ja schon mal den Grill anfeuern.