Berlin. Ein Alltag ohne Smartphone? Für viele schwer vorstellbar. Ranga Yogeshwar hat es auf dem Tag der Kautschuk-Industrie auf den Punkt gebracht: „Für die meisten von uns ist es längst selbstverständlich, Mails zu schreiben, Termine zu planen, Reisen zu buchen oder die Kita zu organisieren.“ Deutschlands berühmtester Wissenschaftsjournalist war zu Gast beim Treffen der Kautschuk-Unternehmer und diskutierte mit ihnen, wie Digitalisierung unser Leben verändert.
So fährt im digitalen Alltag ein Auto von selbst in die Parklücke. Oder Studierende von der anderen Seite der Welt besuchen virtuelle Kurse an deutschen Unis. Der Journalist gibt zu Bedenken: „Viele Berufe, in denen die aktuellen Schülerinnen und Schüler später einmal arbeiten werden, gibt es heute noch nicht.“
Bereits heute wollen Berufseinsteiger immer lieber in der Heimatregion bleiben. Das hat eine Umfrage unter 6.000 Studierenden und „Young Professionals“ ergeben, die bei Continental in Deutschland, Rumänien und China beschäftigt sind. Das Meinungsforschungsinstitut Infas hatte sie im Auftrag des Automobilzulieferers befragt.
Jugend hat großes Sicherheitsbedürfnis
57 Prozent suchen demnach am liebsten einen Job am Wohnort, 2013 waren es noch 48 Prozent. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen. War 2013 noch mehr als jeder Fünfte dazu bereit, so ist es heute nur noch jeder Sechste.
Steffen Brinkmann, Leiter im Personalmarketing bei Conti in Hannover, meint: „In einer digital zusammenrückenden Welt mit vernetzter Kommunikation scheint die junge Generation die Lust zu verlieren, für einen Job physisch mobil zu sein. Internationale Teams ja – doch internationales Arbeiten lieber nur virtuell als im persönlichen Kontakt.“
Das bestätigt auch Professor Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance: „Die Generation der 14- bis 25-Jährigen hat wirtschaftliche Krisen erlebt und weiß, dass nichts im Leben sicher ist. Sie hat ein großes Sicherheitsbedürfnis und nimmt wachsam alles auf, was politisch und wirtschaftlich um sie herum passiert.“
Dennoch glauben sie, dass ihnen nichts Negatives widerfahren wird. Sich durchzuwursteln, gehört zu ihrem Selbstverständnis. Auch wissen die Jugendlichen, dass sie auf ihre Eltern zählen können. Das Elternhaus als soziales Modell ist sehr wichtig. Und die Eltern bilden eine engmaschige Allianz mit ihren Kindern und springen ein, wenn sie gebraucht werden.
Zu studieren ist Kalkül und Überlebensinstinkt
Soziologe Hurrelmann erklärt weiter: „Es ist der neue Königsweg für die jungen Leute. Auch wenn die berufliche Ausbildung durchaus als interessant erscheint, empfinden sie ein Studium als bessere Investition. Sie verbinden damit bessere Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten, mehr Eigenverantwortlichkeit und ein höheres Ansehen.“ Es gehe darum, den sozialen Status zu sichern. Zu studieren sei Kalkül und Überlebensinstinkt.
Positiv: Bildung war noch nie so leicht zugänglich wie heute – nur einen Mausklick entfernt. Die Digitalisierung bringt enorme Beschäftigungschancen. Um sie zu nutzen, brauchen wir aber noch mehr digitale Bildung – eine Botschaft auf dem Kautschuktag.