Köln. Weil Hunderttausende günstige Wohnungen fehlen, pumpt die Bundesregierung mal wieder mehr Geld in den sozialen Wohnbau. Bereits früher hatte sie die Förderung für die Jahre 2016 bis 2019 auf je 1 Milliarde Euro verdoppelt. Und jetzt sehen die Eckwerte des Bundeshaushalts für 2017 weitere 800 Millionen Euro vor.
Klingt für manche Ohren erst mal gut – aber: „Diese Milliarden könnte man sinnvoller ausgeben“, erklärt Professor Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), „denn das Geld kommt nicht bei denen an, für die es eigentlich gedacht ist.“
Die Mieter der meisten Sozialwohnungen sind nämlich gar nicht bedürftig! Immobilienökonom Voigtländer analysierte das jüngste verfügbare Zahlenmaterial aus dem für ganz Deutschland repräsentativen „Sozio-oekonomischen Panel“. Ergebnis: „2013 hatten nur knapp 46 Prozent der Haushalte in Sozialwohnungen ein Einkommen unter der Armutsrisikogrenze.“
Knapp jeder zehnte Sozialwohnungsmieter hat sogar mehr als das mittlere Einkommen zur Verfügung – subventionierter Wohnraum wird also auch von Besserverdienern belegt. Kein Wunder. Wer so eine Wohnung will, braucht normalerweise einen Wohnberechtigungsschein, den man nur mit kleinem Einkommen bekommt (die Grenze ist je nach Bundesland verschieden). Aber wer erst einmal eingezogen ist, muss dann meist nicht mehr raus – auch wenn er mehr verdient.
Die „Fehlbelegungsabgabe“, die solche Mieter früher zahlen mussten, gibt es fast nirgends mehr. Ein Grund: Kommunen wollen die Sozialstruktur in Wohngebieten verbessern. Einige vergeben ihre Sozialwohnungen sogar von vornherein ohne Wohnberechtigungsschein.
Die Fördermilliarden landen zunächst bei den Ländern, die für sozialen Wohnungsbau zuständig sind. Dort können Bauherren zum Beispiel vergünstigte Kredite beantragen. „Es mangelt derzeit aber nicht an Kapital“, betont Voigtländer, „was fehlt, ist vielmehr Bauland.“ Und dessen Preise würden nur weiter steigen, wenn die Regierung noch mehr Geld in den Wohnungsbau pumpe, ohne neue Bauflächen zu schaffen. Weiteres pikantes Detail: „Zum Teil nutzen die Bundesländer dieses Geld gar nicht für den vorgesehenen Zweck“, so der Experte.
Um Bedürftige in Sachen Wohnraum wirklich zu unterstützen, wäre eine weitere Aufstockung des Wohngelds am effektivsten, erklärt der Ökonom. Diese Sozialleistung geht direkt an Mieter, die mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens fürs Wohnen ausgeben müssen.