Stuttgart. Ob nun in Sachen Erfindungsreichtum oder schlicht beim Wohlstand: In Baden-Württemberg läuft vieles vorbildlich. Erfolgsmotor ist die Metall- und Elektro-Industrie (M+E): In keinem anderen Bundesland hat sie eine so herausragende Bedeutung wie hier.

Deshalb betrifft es auch sehr viele Menschen, wie gesund das Herz der Wirtschaft schlägt und wie hart sich der Konjunktureinbruch tatsächlich noch auswirkt. Nicht nur die M+E-Mitarbeiter selbst, sondern auch weitere Beschäftigte etwa bei Zulieferern, Dienstleistern und Forschungseinrichtungen. Von Wertheim bis Grenzach-Wyhlen, von Efringen-Kirchen bis Dischingen.

Der Erfolg der Branche ist bedroht

Gemeinsam stark bleiben heißt auch, gemeinsam zufrieden zu bleiben. Denn mehr als jeder zweite Baden-Württemberger (53 Prozent) ist zufrieden! Nur ein Mini-Anteil von 4 Prozent ist das nicht, 43 Prozent ordnen sich dazwischen ein. Das ergab eine Umfrage der Vermögensberatungsgesellschaft Union Invest. Und: Hier sagen 28 Prozent der Bürger, dass sie sich leisten können, was sie möchten – im bundesweiten Schnitt sind es 26 Prozent.

Doch der wirtschaftliche Erfolg ist bedroht und mit ihm auch der seit vielen Jahren gewachsene Wohlstand. Das lässt sich an Kennzahlen wie den Lohnstückkosten und der Umsatzrendite ablesen.

Was macht uns stark – und was schwächt den Standort? aktiv hat interessante Fakten über die Schlüsselbranche Baden-Württembergs zusammengetragen.

Jeder fünfte Beschäftigte arbeitet in der M+E-Industrie

Die Branche hat laut Arbeitgeberverband Südwestmetall mehr als eine Million Mitarbeiter in rund 5.000 Betrieben. Sie stellt damit im Südwesten 21 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Jobs! Deutschlandweit liegt die Quote nur bei 12 Prozent. 91 Prozent der M+E-Arbeitsplätze hier sind Vollzeitstellen. Die Branche ist übrigens sehr mittelständisch geprägt: 65 Prozent der Betriebe haben weniger als 100 Beschäftigte.

Die Rezession wirkt sich jetzt allerdings zunehmend auf den Arbeitsmarkt aus: Zeitarbeit wird zurückgefahren, Arbeitszeitkonten werden abgebaut, die Kurzarbeitsanzeigen nehmen zu.

So gut verdient man hier als Metaller

Der M+E-Durchschnittslohn liegt bei 65.000 Euro brutto im Jahr. Damit gehören die Mitarbeiter zu den bestbezahlten Industriefachkräften der Welt! Und sie verdienen mehr als in anderen Branchen.

Seit dem Jahr 2000 sind die M+E-Entgelte um fast 70 Prozent gestiegen: Wer damals 3.000 Euro im Monat verdiente, bekommt inzwischen mehr als 5.000 Euro, inflationsbereinigt bleibt ein Zuwachs von etwa einem Drittel. Kehrseite der Medaille: Das hohe Lohnniveau schwächt die Betriebe.

So groß ist hier das Know-how

In der M+E-Industrie arbeiten laut Südwestmetall-Statistik vor allem gelernte Fachkräfte (wie Industriemechaniker), Leute mit akademischer Ausbildung (etwa Maschinenbau-Ingenieure) und Spezialisten (zum Beispiel Werkstoff-Wissenschaftler).

So viel investieren die Betriebe in Weiterbildung

Insgesamt rund 1 Milliarde Euro pro Jahr geben die M+E-Unternehmen im Südwesten schon für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter aus. 70 Prozent der Arbeitgeber sehen trotzdem derzeit einen steigenden Bedarf an Weiterbildung, vor allem wegen der Digitalisierung. Und: Das Interesse, Ältere zu halten, ist groß. Laut Allensbach-Umfrage wollen 82 Prozent der Betriebe ihre Mitarbeiter so lang wie möglich halten.

Produktion im Ausland ist allerdings viel billiger

Wichtige Standortfaktoren in Deutschland haben sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Und die Arbeitskosten der hiesigen M+E-Industrie sind seit dem Jahr 2007 um 24 Prozent gestiegen. Die Entgelte haben allerdings stärker zugelegt als die Produktivität. Logische Folge: Die Lohnstückkosten, also das Verhältnis von Arbeitskosten zur Produktivität, sind bei uns besonders hoch.

Viele Firmen machen keinen Gewinn mehr

Die Rendite der M+E-Betriebe entwickelt sich im bundesweiten Schnitt problematisch: 41 Prozent lagen 2019 laut Umfrage des Ifo-Instituts in einem kritischen Bereich – von je 100 Euro Umsatz blieben nur weniger als 2 Euro Gewinn übrig (nach Steuern). 18 Prozent der Firmen machten sogar Verluste (2018 galt das erst für 13 Prozent). Diese Entwicklung ist ein Alarmsignal: Denn vielen Unternehmen fehlt Geld für wichtige Zukunftsinvestitionen.

Hier wird besonders viel erfunden

Im Südwesten werden pro Kopf mehr als doppelt so viele Patente angemeldet wie im Bundesdurchschnitt! Im Jahr 2018 waren es laut Deutschem Patent- und Markenamt 133 Ideen je 100.000 Einwohner – und in der Summe 14.608 Patente.

Beachtlich: Die Gesamtsumme, die die baden-württembergische Wirtschaft in Forschung und Entwicklung steckt, stammt zu drei Vierteln aus M+E-Betrieben. Hohe Lohnkosten und magere Gewinne gefährden aber in vielen Betrieben die Innovationsstärke.

So viele Azubis gibt es hier

Mehr als 53.000 junge Menschen machen derzeit eine Ausbildung in den M+E-Betrieben Baden-Württembergs. Die bieten mehr als 30 Ausbildungsberufe an, von A bis Z: vom Anlagenmechaniker bis zum Zerspanungsmechaniker. Ein Azubi im ersten Lehrjahr verdient in einem tarifgebundenen Unternehmen monatlich bereits 1.037 Euro, im dritten Lehrjahr liegt die Vergütung dann bei fast 1.200 Euro.