Stuttgart. Dieser Patient ist ein komplizierter Fall. Baden-Württembergs Metall- und Elektro-Industrie (M+E), Motor für den Wohlstand, Quelle von Innovationen, Lieferant weltweit gefragter Exportgüter: Diese sonst so pulsierende Schlüsselbranche ist durch die Corona-Pandemie stark geschwächt.

Nach einer ganz aktuellen Umfrage von Anfang Mai müssen hier 52 Prozent der M+E-Unternehmen starke oder sogar sehr starke Einschränkungen in ihrer Produktion verkraften. Die meisten betroffenen Betriebe (87 Prozent) gaben als Grund für die Einschränkungen an: fehlende Nachfrage! An der Erhebung haben sich 299 Mitgliedsunternehmen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall beteiligt.

Schon zwei Drittel der Betriebe sind in Kurzarbeit

Die Produktionseinschränkungen rühren aber auch daher, dass in den Werken Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz getroffen werden müssen (22 Prozent), Teile oder Material fehlen (21 Prozent) und Arbeitskräfte ausfallen (18 Prozent), zum Beispiel, weil Mitarbeiter keine Kinderbetreuung haben.

Im Schnitt rechnen die Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs fürs Jahr 2020 mit Umsatzeinbußen von 22 Prozent.

Fürs Gesamtjahr 2020 rechnen die Betriebe mit Umsatzrückgängen in Höhe von durchschnittlich 22 Prozent. Kurzarbeit nutzten Anfang Mai bereits 64 Prozent der Unternehmen, 17 Prozent planten zudem, dies zu tun. Nur in einer von fünf Firmen ist Kurzarbeit kein Thema.

Maßnahmen zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen werden intensiv genutzt

Bei allem Übel gibt es aber auch erfreuliche Nachrichten: Bisher sei es der großen Mehrheit der Betriebe gelungen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, schildert Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick. Um auf die niedrige Auslastung zu reagieren, nutzten die Betriebe vor allem tarifliche Instrumente wie zum Beispiel Freistellungstage und flexible Arbeitszeitregelungen.

Ein schnelles Ende der Coronakrise ist für die Wirtschaft nicht in Sicht. Südwestmetall rechnet damit, dass die Situation für die Branche noch bis zu zwei Jahre lang (!) schwierig bleiben wird. „Nicht-Planbarkeit ist eines der schlimmsten Gifte für die Wirtschaft“, betont Dick, „und diese haben wir zurzeit in allerhöchstem Maße.“

Die Politik muss schnell und umfassend helfen

Umso wichtiger sei jetzt die schnelle und umfassende Hilfe der Politik für die Industrie, beispielsweise durch Kaufanreize und Maßnahmen zur Liquiditätssicherung. Auch die Tarifpartner seien gefragt, um Wege für eine Kostenentlastung der Unternehmen zu finden. Die Wirtschaft brauche ein „langfristiges Belastungsmoratorium“, sagt Dick. Sprich: Sie kann in dieser Situation keine weiteren Regelungen verkraften, die sie belasten oder einengen. Für den Wohlstand im Land steht viel auf dem Spiel – die M+E-Branche stellt mehr als ein Fünftel aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze.