München. Es ist nur ein Spielzeugauto, das Vater und Tochter da zusammenbasteln. Doch damit es rollt, muss jedes Schräubchen, muss jede Steckverbindung sitzen. Mit jedem Teil, das die beiden einbauen, entscheiden sie, ob und wie ihr Auto später fahren wird.
Etwas Ähnliches passiert gerade in der Industrie. Nicht nur beim Autobau, der mit Elektromobilität, neuen Antriebsformen und noch effizienteren Verbrennern neue Wege geht – in aller Technologieoffenheit. Wir alle entscheiden jetzt, wie unsere Zukunft aussehen wird. Unsere zukünftige Mobilität – aber auch unser zukünftiger Wohlstand, unsere zukünftige Umwelt, unsere zukünftige Lebenswirklichkeit.
Zukunft – das klingt erst mal ganz weit weg. Und wie soll sie überhaupt aussehen? Darüber besteht große Einigkeit, wie aktuelle Studien und Umfragen zeigen. Wir wollen einfach ein „gutes Leben“. Dazu gehört ein sicherer Job mit genügend Geld, um für sich und die Familie sorgen zu können. Dazu gehört, in einem freien Land in Frieden und Sicherheit zu leben, mit sozialer Absicherung und sauberer Umwelt. Und dazu gehört, Zeit zu haben, um dies zu genießen.
Bayern spielt heute in ganz vielen Bereichen an der Weltspitze mit
Also eigentlich alles, was wir hier in Bayern in den letzten Jahrzehnten bereits erreicht haben. Das ist ganz schön viel: Wir haben gute Arbeitsplätze und deutschlandweit die niedrigste Arbeitslosigkeit. Unser Motor dafür ist die starke, leistungsfähige Industrie. Sie schafft wettbewerbsfähige Produkte, hält bei vielen Technologien an der Weltspitze mit. Das kommt allen zugute: Für unsere Arbeit werden wir gut bezahlt. Wir haben im weltweiten Vergleich mit die kürzeste Wochenarbeitszeit und besonders viele Urlaubstage. Die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie (M+E) gehören mit zu den Besserverdienern. Und auch den Schwachen in unserer Gesellschaft wird geholfen – etwa mit Sozialleistungen. Die Soziale Marktwirtschaft macht’s möglich – dank der Steuern und Beiträge von Bürgern und Betrieben.
Also alles recht schön. Und unsere Zukunft? Soll genauso gut sein wie die Gegenwart. „Super“, können wir sagen, „lasst uns die Hände in den Schoß legen.“
Doch ganz so einfach ist es nicht. Unser jetziger Wohlstand beruht auf Entscheidungen, die unsere Eltern und Großeltern vor Jahren und Jahrzehnten getroffen haben. Entscheidungen, die wir in unserer Gesellschaft immer wieder nachjustiert und an die aktuelle Lage angepasst haben.
Wir dürfen die Chancen der Digitalisierung nicht verpassen
Auch heute müssen wir dies wieder tun. Denn wir stehen vor einem Wandel, der unsere Welt von Grund auf umkrempelt: der Wandel, den die Digitalisierung mit sich bringt. Sie dringt in jeden Bereich ein, berührt unser Privatleben und wälzt unser bisher bekanntes Arbeitsleben um. Damit verändert sie die Basis für unseren heutigen Wohlstand.
Die Chance der Digitalisierung ist es, unser Leben zu erleichtern. Durch die Informationen, die uns Daten liefern, erhalten wir bessere medizinische Versorgung, können Landwirtschaft umweltschonender und trotzdem effizienter gestalten, machen wir Mobilität sicherer und individueller. Technologischer Fortschritt ermöglicht uns, zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten, die Produktion bis hin zu Losgröße eins zu individualisieren und Maschinen vollautomatisch und virtuell zu überwachen. Neue Arbeitsformen entstehen, ebenso neue Geschäftsmodelle und neues Wachstum.
Die Produktion in der „Fabrik 4.0“ bedeutet aber auch, dass Standorte rund um den Globus in noch stärkerem Wettbewerb stehen werden als bisher. Denn Auftraggeber können ihre Bestellung per Knopfdruck an Maschinen weltweit schicken. Wohin sie dies schicken, entscheiden sie oft nach den Kosten.
Das bedeutet: Wir müssen unsere Entscheidungen so treffen, dass wir am Standort Bayern wettbewerbsfähig bleiben. Und das heißt eben gerade nicht, auf dem heutigen Stand stehen zu bleiben. Sondern besser zu werden, damit es uns auch in Zukunft so gut geht wie heute. Die gute Nachricht: Wir starten von einer komfortablen Ausgangsposition. Wir haben schlagkräftige Unternehmen mit innovativen Produkten und hochqualifizierten Fachkräften. Aber wir müssen aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verlieren.
Also: Lasst uns die Zeit nicht damit vertrödeln, uns auf dem Erreichten auszuruhen. Lasst uns nicht nur auf die Situation reagieren, sondern lasst sie uns aktiv gestalten. Packen wir die Zukunft an!
In diesen sechs Feldern müssen wir uns für die Zukunft neu aufstellen
Vieles läuft schon richtig gut in Deutschland und Bayern. Aber wir dürfen den Anschluss an die Wettbewerbsfähigkeit nicht verpassen.
1. Exzellente Bildung sichert Wohlstand
Deutschland ist ein sehr wohlhabendes Land. Und uns hier in Bayern geht es wirtschaftlich sogar noch ein ganzes Stück besser! Im Freistaat herrscht derzeit quasi Vollbeschäftigung. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner lag 2018 in Bayern mit rund 48.000 Euro mehr als 7.000 Euro über dem gesamtdeutschen Schnitt.
Grundlage für unseren ökonomischen Erfolg ist eine auf Freiheit und Wettbewerb basierende Wirtschaftsordnung, die in Bayern seit Jahrzehnten besonders erfolgreich genutzt wird – insbesondere von der Industrie. Das Verarbeitende Gewerbe steuert mehr als ein Viertel der Wirtschaftsleistung des Freistaats bei. Und allein die Metall- und Elektroindustrie (M+E) stellt etwa jeden neunten Job – der dann auch noch hervorragend bezahlt wird. Das durchschnittliche Bruttoentgelt eines M+E-Beschäftigten in Bayern liegt bei über 60.700 Euro.
Genauso wichtig wie die Unternehmen – und die politischen Rahmenbedingungen, unter denen sie agieren – sind jedoch die Mitarbeiter. Ihre Motivation, ihre harte Arbeit und ihre Fähigkeiten sind untrennbar mit dem bayerischen Erfolgsweg verbunden.
Damit wir in Bayern auch in Zukunft unseren hohen Wohlstand sichern können, muss der Bildung junger Menschen die höchste Priorität eingeräumt werden. Sie ist der Schlüssel für den individuellen und den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand. Bildung ist ein zentraler Faktor gegen Armut.
Schon die Kleinen in der Schule müssen den Umgang mit digitalen Medien lernen
In der Schulpolitik macht der Freistaat aktuell schon vieles richtig. Im deutschlandweiten Vergleich gelten bayerische Schüler etwa als besonders leistungsstark. Zudem verlassen deutlich weniger junge Menschen als im Rest der Republik ihre Schule ohne Abschluss. Auch die berufliche Bildung funktioniert in Bayern besser als anderswo. Der Anteil junger Menschen ohne Ausbildungsplatz ist der geringste in Deutschland. Und die Quote erfolgreich abgeschlossener Ausbildungen ist höher als im Bundesschnitt.
Das hervorragende bayerische Bildungsniveau wird in Zukunft allerdings nur zu halten sein, wenn wir die Herausforderungen der Zukunft anpacken. Und das heißt vor allem: Schule und Unterricht müssen auf den digitalen Wandel eingestellt werden.
Das „digitale Klassenzimmer“ muss zur Normalität an Bayerns Schulen werden. Dazu gehören unter anderem die nötige Infrastruktur und Ausrüstung. Aber genauso wichtig sind die Inhalte – definiert in neuen Lehrplänen und vermittelt von entsprechend ausgebildetem Lehrpersonal. Die digitale Bildung hat zu einem zentralen Element in Lehr- und Lernprozessen zu werden – über alle Bildungsphasen hinweg.
2. Lebenslanges Lernen hilft, auf Spitzenniveau zu bleibe
Nur wer Spitzentechnologie liefert, kann auf dem Weltmarkt eine führende Rolle einnehmen. Und das ist der bayerische Anspruch. In Zukunft wird das vor allem dem gelingen, der die Potenziale der Digitalisierung nutzen kann.
Wettbewerber in den USA und Asien machen es uns vor: Sie entwickeln neue Geschäftsmodelle und innovative Produkte, indem sie sich auf die digitale Revolution einlassen. Das muss auch der Weg für Bayern und seine Betriebe sein. Doch dafür brauchen wir zum einen eine entsprechende Infrastruktur mit leistungsfähigen Mobilfunk- und Breitbandnetzen. Und zum anderen Mitarbeiter, die sich in der digitalen Welt bestens zurechtfinden. Nichts wird ohne sie gelingen.
Digitalisierung ist die Chance, um sich laufend beruflich weiterzuqualifizieren
Um diese Fachkräfte von morgen und übermorgen fit zu machen, spielt lebenslanges Lernen eine Schlüsselrolle. Langfristig wird jeder gebraucht: Durch den demografischen Wandel wird sich der Fachkräftemangel noch verschärfen. Schon jetzt finden Firmen in bestimmten Berufen kaum noch qualifizierte Leute.
Die Basis muss die Schule legen, mit fächerübergreifenden digitalen Schwerpunkten. Im Betrieb kommt es dann darauf an, die Mitarbeiter auch nach ihrer Berufsausbildung laufend weiterzuqualifizieren. Um im rasanten digitalen Transformationsprozess den Anschluss zu halten, werden in Zukunft die Schwerpunkte der Weiterbildung auf die Entwicklung digitaler Kompetenzen gelegt werden müssen.
Welche Qualifikationen ein Mitarbeiter im Lauf seines Lebens erwerben muss, weiß das Unternehmen am besten. Es schneidet die Weiterbildungen klar auf seine Bedürfnisse zu, um die Mitarbeiter für die jeweiligen Jobs bestmöglich vorzubereiten.
Das heißt jedoch nicht, dass ein Unternehmen für sämtliche Weiterbildungswünsche der Arbeitnehmer aufkommen sollte. Relevant ist, ob die jeweilige Schulung sinnvolle neue Fähigkeiten vermittelt, die notwendig sind, um auch zukünftige Jobs weiterhin qualifiziert zu erledigen. Das lassen sich Unternehmen einiges kosten: Allein 2018 investierten die bayerischen M+E-Unternehmen 655 Millionen Euro in Weiterbildung. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten der bayerischen M+E-Industrie nahm an Weiterbildungen teil.
Klar ist jedoch, dass ein Kursangebot allein nicht ausreicht: Wir selber müssen bereit dazu sein, Neues auszuprobieren.
3. Flexibilität bringt Zeit für Arbeit und Privates
Job und Familie unter einen Hut zu bringen – das ist den meisten Menschen heutzutage viel wichtiger als noch vor wenigen Jahren. Und der Wunsch bleibt auch bei nachrückenden Beschäftigten hoch, wie Umfragen unter den heute etwa 20-Jährigen der „Generation Z“ bestätigen.
Schon jetzt zeigen sich die Unternehmen der M+E-Industrie im Freistaat in der Regel sehr offen für die persönlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter. Gerade beim Wunsch nach Teilzeit schneiden sie Arbeitsverträge oft sehr individuell auf den Beschäftigten zu – freiwillig und zusätzlich zu gesetzlichen oder tariflichen Vorgaben.
Dass dies zukünftig so bleibt, dafür stehen die Chancen gut. Der technische Fortschritt, der sich durch die Digitalisierung ergibt, ermöglicht es, Arbeit zeitlich und örtlich flexibel zu leisten. Da, wo es möglich ist, können Beschäftigte von zu Hause aus arbeiten oder gleitende Arbeitszeiten wählen.
Digitale Technik erleichtert auch die Zusammenarbeit internationaler Teams in globalen Unternehmen – sogar über verschiedene Zeitzonen hinweg. Unternehmen können sich so international viel breiter aufstellen und wettbewerbsfähig bleiben.
Kunden erwarten, dass Aufträge rasch erledigt werden
Doch zeitliche Flexibilität hat auch ihren Preis. Denn die Anforderungen der Kunden steigen. Wer einer Firma einen Auftrag erteilt, erwartet, dass diese ihn schnellstmöglich erfüllt. Falls nicht, vergibt er den Auftrag anderweitig.
Das stellt die Unternehmen mehr denn je vor die Herausforderung, mit schwankenden Auftragseingängen umzugehen und Spitzen rasch abzufedern.
Insofern muss die Flexibilität bei der Arbeitszeit für beide Seiten stimmen: Die Beschäftigten erhalten größtmögliche Flexibilität, damit ihr Privatleben noch besser funktioniert. Auf der anderen Seite muss gewährleistet sein, dass die Arbeit dann getan wird, wenn ein Auftrag reinkommt. Sonst landet der Auftrag demnächst bei einer anderen Firma, die schneller liefern kann. Und unser Wohlstand ist in Gefahr.
Allerdings passt diese Art der zeitlichen Flexibilisierung nicht mehr zu dem bisherigen deutschen Arbeitszeitgesetz. Dies ist strenger als die Arbeitszeitrichtline der EU, die für den deutschen Gesetzgeber den Rahmen vorgibt. Die EU legt lediglich eine Obergrenze für Wochenarbeitszeit fest und nicht eine tägliche Höchstarbeitszeit. So könnte man bei hoher Auftragslage deutlich schneller mit zusätzlichen Stunden reagieren und diese dann in ruhigeren Zeiten wieder abbauen. Die Basis bleibt dabei weiterhin die tariflich festgelegte 35-Stunden-Woche.
Zudem müsste die strikte Ruhezeitvorgabe gelockert werden. Im Moment zählt jeder Blick auf die E-Mails nach Feierabend als erneuter Beginn der Arbeitszeit, auf die eine elfstündige Ruhephase folgen muss. Das ist gerade bei international agierenden Unternehmen, die Kontakt zu Standorten weltweit in anderen Zeitzonen halten müssen, nicht mehr zeitgemäß.
4. Wettbewerb setzt niedrige Kosten voraus

Die zunehmende Globalisierung hat der gesamten Welt einen immensen Wohlstandsgewinn beschert. Und auch Bayern profitiert mit seinen international gefragten Produkten wie hochwertigen Autos oder leistungsfähigen Maschinen enorm von einem offenen Weltmarkt.
Die Exportquote der bayerischen Wirtschaft insgesamt liegt bei rund 30 Prozent. Und in der M+E-Industrie erzielen die Unternehmen mittlerweile sogar mehr als 61 Prozent ihres Umsatzes im Ausland.
Die internationale Konkurrenz bietet inzwischen ebenfalls Produkte in hoher Qualität
Umso wichtiger ist es, dass Bayerns Wirtschaft und insbesondere unsere heimische Industrie auf ihre Wettbewerbsfähigkeit achten, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu gehört unter anderem, weiter Spitzenprodukte anzubieten.
Ebenso wichtig ist es jedoch, dass wir dabei auf die Kosten achten. Und genau das ist zuletzt immer weniger geschehen. Das gilt sowohl auf der Ebene der Tarifparteien als auch auf staatlicher Ebene.
Die Stromkosten zum Beispiel gehören in Deutschland aufgrund staatlicher Eingriffe zu den höchsten in Europa. Und auch was die steuerliche Belastung der Unternehmen angeht, droht der Wirtschaftsstandort Deutschland den Anschluss an die wichtigsten Mitbewerber zu verlieren.
Bei den Arbeitskosten machen vielen Unternehmen die vergangenen Tarifabschlüsse zu schaffen. So auch in der bayerischen M+E-Industrie. Die Tarifentgelte erhöhten sich dort seit 2010 um rund 28 Prozent. Dabei stieg die Produktivität im gleichen Zeitraum gerade einmal um knapp 8 Prozent!
Die sogenannten Lohnstückkosten, also die Arbeitskosten je Produktionseinheit, erhöhten sich damit noch einmal massiv. Dabei gehört Deutschland in dieser Hinsicht im internationalen Vergleich eh schon zu den „Spitzenreitern“. Maßhalten bei künftigen Tarifabschlüssen ist daher nötig.
Für Bayern kommt es darauf an, Top-Qualität zu liefern, ohne zu teuer zu werden. Allerdings gilt: Hohe Produktqualität zu einem angemessenen Preis – das kann mittlerweile auch die internationale Konkurrenz immer häufiger. Deshalb sind Bayerns Unternehmen gut beraten, sich neuen Erfolg versprechenden Geschäftsmodellen zuzuwenden, um sich von Wettbewerbern abzuheben.
Dazu gehört zum Beispiel, die noch stärkere Integration industrienaher Dienstleistungen voranzutreiben, also neben der eigentlichen Produktion von Gütern auch zusätzlichen Service zu liefern. Das kann die Planung einer Produktionsanlage sein oder auch ihre Wartung. Auch die bayerische Expertise in Sachen Logistik und Prozessoptimierung ist bei vielen Kunden mit Sicherheit gefragt.
Für die Unternehmen und ihre Belegschaften bedeuten diese neuen Möglichkeiten der Wertschöpfung vor allem, flexibel sein zu müssen – und offen für Neues.
5. Faire Streitkultur bereitet Boden für Kompromisse
Frieden und Freiheit – für uns ist das heutzutage fast selbstverständlich. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dies etwas Besonderes ist: So eine lange Phase ohne Krieg auf deutschem Boden gab es bisher nie. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat unser Land die Weichen dafür gestellt, dass wir alle in Freiheit leben dürfen. Eines der wichtigsten Bekenntnisse ist dabei das zur demokratischen Grundordnung. Jeder hat das Recht, seine Meinung frei zu bilden und zu äußern. Das garantiert Artikel 5 des Grundgesetzes.
Dieses Prinzip unseres Staates sowie das Wirtschaftssystem der Sozialen Marktwirtschaft gewährleisten, dass alle hier lebenden Menschen und Unternehmen relativ frei schalten und walten können.
Dadurch unterscheidet sich unser Land deutlich von staatlich gelenkten Volkswirtschaften wie etwa China, das zwar wirtschaftlich höchst profitabel ist, in dem die Menschen aber nicht dieselben Freiheiten besitzen wie hierzulande.
Regeln müssen für alle Seiten funktionieren und viele Interessen berücksichtigen
Damit sich jeder bestmöglich entfalten kann, braucht es Regeln für das Zusammenleben. Sie geben den Rahmen vor, den wir alle in einem gemeinsamen Konsens definieren. Indem eine breite Basis die Entscheidungen mitträgt, ist gesichert, dass die Regeln für alle Seiten funktionieren und viele Interessen berücksichtigen. Dabei ist das richtige Maß entscheidend: Wenn jeder kompromissbereit ist, eigene Forderungen nicht überzieht oder zu unfairen Mitteln greift, um sie durchzusetzen, dann sind beide Seiten langfristig mit den Regeln zufrieden. Das gilt im Großen wie dem Staat genauso wie in kleineren Einheiten, etwa der Familie oder in einem Unternehmen.
Innerhalb des vorgegebenen Rahmens entscheidet jeder selbst, wie er die Regeln ausgestaltet. Oder ob er mehr macht, als gesetzlich vorgegeben. In Sachen Lohn und Arbeitsbedingungen wird dieser Rahmen von Unternehmen und Arbeitnehmern – vertreten durch Arbeit- geberverbände und Gewerkschaften – ausgehandelt. Das ist die sogenannte Tarifautonomie. Diese ist allerdings freiwillig. Zur Mitgliedschaft kann kein Unternehmen und kein Mitarbeiter gezwungen werden.
Damit das weiterhin klappt, darf man sich gegenseitig nicht überfordern – etwa durch kostenintensive Mittel wie 24-Stunden-Streiks. Wenn beide Seiten mit Augenmaß agieren, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich langfristig einigen – und dass dadurch auch die Bindung an Tarifverträge gestärkt wird.
6. Freier Markt ermöglicht Sozial- und Umweltpolitik
Einer der größten Schätze in Bayern ist die herrliche Landschaft mit ihrer blühenden Natur. Sie dient den Einheimischen als Erholungsraum, ist aber gleichzeitig auch Anziehungspunkt für Touristen und damit Basis für einen stetig wachsenden Wirtschaftszweig.
Dass dieser Schatz langfristig bewahrt werden sollte und wir mit unserer Umwelt nachhaltig umgehen müssen, stellt niemand infrage. Eine starke Wirtschaft ist dabei nicht das Problem, sondern die Voraussetzung zur Lösung. So zeigt etwa ein Blick zur aktuellen Situation in Brasilien, dass umweltpolitische Ziele wenig Erfolg haben, wenn der Wohlstand der Bevölkerung bedroht ist.
In Bayern beruht unser Wohlstand zu großen Teilen auf einer starken Industrie. Diese zu fördern und gleichzeitig für umweltpolitische und auch soziale Aspekte zu sorgen, ist kein Widerspruch, im Gegenteil: Dies geschieht schon seit Jahrzehnten in unserem Wirtschaftssystem der Sozialen Marktwirtschaft.
Sie hat alle drei Aspekte der Nachhaltigkeit im Blick – und die bedingen sich gegenseitig. Denn eine freie Wirtschaft mit genügend Wachstum schafft erst die finanziellen Mittel für Maßnahmen des Umweltschutzes – und natürlich auch für sozialpolitische Auf- und Ausgaben. Zudem bringt eine stabile und leistungsfähige Wirtschaft technologische Innovationen hervor, die sozialen und ökologischen Fortschritt voranbringen.
Konsumenten haben großen Einfluss darauf, ob Unternehmen nachhaltige Produkte anbieten
Umgekehrt ist langfristiges Wirtschaftswachstum erst in einem intakten ökologischen und sozialen System möglich. Der nachhaltige Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem ist daher unverzichtbar.
Um globale Klimaziele langfristig zu erreichen, sind international anerkannte marktwirtschaftliche Instrumente nötig – etwa der Handel mit Emissionszertifikaten. Durch deren Einsatz haben diejenigen Unternehmen Kosten- und Wettbewerbsvorteile, die den CO2-Ausstoß reduzieren. Und sie haben Anreize, umweltfreundlichere Produkte zu entwickeln.
Wie überall auf funktionierenden Märkten haben wir Konsumenten einen großen Einfluss auf nachhaltiges Wirtschaften: Indem wir verstärkt umweltfreundliche, energie- oder ressourcenschonende Produkte kaufen, werden Firmen genau für diese Bedürfnisse Innovationen einführen – und das Angebot verschiebt sich zugunsten umweltfreundlicher Alternativen.
Außerdem im Themen-Special
Weitere Artikel des Themen-Specials:
- Tarifverträge: Sie müssen jetzt an neue Rahmenbedingungen anpasst werden
- Interview: IW-Experte Professor Michael Grömling über die wirtschaftliche Entwicklung