Wer bekommt wann welchen Autoschlüssel? Und wo liegt der? Mit solchen Fragen müssen sich Fahrer und Manager von Firmenflotten nicht mehr plagen – dank der Flinkey Box von Witte aus Velbert. In der smarten Aufbewahrungsbox liegt der Schlüssel gleich im Auto. Der Fahrer weist sich per App aus, entriegelt die Tür, öffnet die Box per Smartphone und entnimmt den Fahrzeugschlüssel. Praktisch, wenn man sich einen Wagen teilt – etwa beim Carsharing oder mit Kollegen im Betrieb.

Mit der App kann nach Bedarf beispielsweise auch nur der Kofferraum entriegelbar sein: etwa für Lieferdienste, die Waren dort hineinlegen, aber nicht an den „richtigen“ Autoschlüssel gelangen sollen. Aber ist das alles auch sicher?

Thomas Termin, Cyber Security Manager beim Technologieführer für mechatronische Schließsysteme für Autos, sorgt mit seiner Arbeit dafür, dass Produkte und Arbeitsabläufe gegen Angriffe aus dem Netz gesichert sind.

Auch ältere Fahrzeuge werden smart

Doch wie schützt und versichert man solche Zugangslösungen gegen Hacker und Einbrecher? Witte-Ingenieur Termin hat am Institut für Sicherungssysteme (ISS) der Uni Wuppertal über die Sicherheitsbewertung dieser sogenannten Mobile-Access-Systeme promoviert.

„Der Charme unseres digitalen Schlüssels ist: Man kann damit auch ältere Fahrzeuge smart machen“, erzählt er. „Dieses neuartige System brachte aber eine bis dahin unbekannte Variable in die Autoversicherung, weil der Schlüssel in der Box bleibt“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur. „Man muss den physischen mit dem IT-Schutz verknüpfen.“ Zu dem Thema gab es also Forschungsbedarf.

„Es ist wie ein Katz-und-Maus-Spiel mit bösartigen Angreifern“

Die Geschäftsführung des Autozulieferers ermöglichte Termin, der schon als Werkstudent bei der Abteilung Witte Digital an der Entwicklung mitarbeitete, berufsbegleitend zu promovieren. Die halbe Woche war er bei Witte, die andere Hälfte forschte er am ISS. Ende 2023 hatte Termin nach nur vier Jahren die Doktorarbeit fertig. Er war damit der Erste, der bei Witte eine berufsbegleitende Promotion absolvierte. Hilfreich war, dass das benachbarte Institut seit seiner Gründung eng mit dem Autozulieferer kooperiert. Professor Kai-Dietrich Wolf hat dort die Doktorarbeit betreut und betont: „Berufsbegleitende Promotionen haben sich für uns und alle Partnerfirmen sehr gut bewährt, sie schaffen eine sehr enge Kooperationsbasis.“

Seit Januar 2023 ist der 30-Jährige Cyber Security Manager bei Witte. Im Blick hat er auch die mechatronischen Komponenten – etwa die Türgriffe, die zunehmend mit Software aufgerüstet werden. „Wir versetzen uns in die Position eines bösartigen Angreifers und spielen alle Möglichkeiten für einen Einbruchsversuch durch“, sagt er. Dann gilt es gegenzusteuern. Ein endloses Katz- und Maus-Spiel. Das Thema Sicherheit betrifft die ganze Lieferkette. Handlungsdruck geht von den Autoherstellern aus, ebenso von den vielen Vorschriften auf den internationalen Märkten.

Teamarbeit im Kampf gegen Angreifer

Kein Wunder, dass Security Chefsache ist. Letztlich trägt aber jeder, der im Werk die Komponenten montiert und testet, dazu bei, Bedrohungen abzuwehren. Thomas Termin betont: „Es ist grundwichtig, dass wir die Köpfe zusammenstecken und an einem Strang ziehen. Man braucht sehr starke kommunikative Fähigkeiten.“

Die hat Termin schon früh bewiesen, als Mathe-Nachhilfelehrer. Und heute, als Leiter der Jugendgruppe eines Wuppertaler Sportfischerei-Vereins. Mit den Jugendlichen pflegt Thomas Termin auch Gewässer, baut Insektenhotels, hängt Vogelhäuschen auf. Einen dicken Fisch am Haken zu haben, sei aufregend. „Aber ich muss nicht unbedingt Fische fangen“, sagt er. „In der Natur sein, angeln, mit den anderen quatschen, grillen: Ich genieße das.“

Nachgefragt bei Thomas Termin

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Durch den Wunsch, Forschungsergebnisse in die Praxis umzusetzen. Wissenschaft und Wirtschaft – diese beiden Welten zusammenzubringen ist sehr cool.

Was reizt Sie am meisten?
Dass unsere Arbeit, ähnlich wie Airbags oder Bremsen, dazu beiträgt, dass kein Mensch Schaden nimmt.

Worauf kommt es an?
Auf vernetztes Denken, Teamwork und Anpassungsfähigkeit, denn die Bedrohungslandschaft ist sehr dynamisch. Als Alleinkämpfer kommt man da nicht weit.

Das Unternehmen

Witte Automotive gehört zu den Marktführern für Schließsysteme für die Automobil-Industrie und produziert diese für alle namhaften Autohersteller weltweit.

Das Familienunternehmen, 1899 gegründet, hat rund 810 Millionen Euro Jahresumsatz und rund 6.300 Beschäftigte weltweit, davon mehr als 500 am Stammsitz Velbert.

Die Schlüsselregion

Im Bergischen Land, gerade in Velbert und Heiligenhaus, gibt es zahlreiche Unternehmen, die sich auf verschiedene Schließsysteme spezialisiert haben. Sie gründeten den Verein „Die Schlüsselregion“, dem inzwischen alle Arten von Unternehmen der Region angehören

Zwei Hochschulableger kooperieren eng mit den Firmen: Der Campus Velbert/Heiligenhaus der Hochschule Bochum und das Institut für Sicherungssysteme der Bergischen Uni.

Matilda Jordanova-Duda
Autorin

Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.

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