Der erste Tag war okay, sagt Mustafa Ahmad. Der zweite schon ziemlich gut. Und am dritten hat das Praktikum bei der Schwelm Anlagentechnik GmbH (SAT) im gleichnamigen Städtchen bei Wuppertal richtig Spaß gemacht. Für den 20-Jährigen war damit klar: Hier mache ich meine Ausbildung. Dabei hätte er viele andere Möglichkeiten gehabt. Nach dem Abitur studieren oder eine kaufmännische Ausbildung anfangen zum Beispiel. „Aber das Büro ist nicht mein Ding“, sagt Ahmad. Und weil die Firma auch sehr schnell von ihm überzeugt war, begann am 1. August seine Ausbildung zum Mechatroniker. Das ist bei der SAT eine anspruchsvolle Sache, denn Voraussetzung ist unter anderem ein sehr gutes Verständnis von Elektrik und Elektronik – deutlich mehr als etwa beim Kfz-Mechatroniker.
Persönliche Kontakte und regionale Werbung wichtig bei Azubi-Suche
Jörg Albano-Müller, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, freut sich über den neuen Azubi mit solch guter Vorbildung. Auch der zweite neue Auszubildende, Seyed Hossini, hatte nach dem Fachabitur nahezu die freie Auswahl. Aber wie Ahmad entschied er sich für eine praktische Ausbildung in der Industrie mit hohem handwerklichen Anteil. SAT produziert Anlagen, die hauptsächlich für die Aufbereitung von Biogas dienen, aber auch Biomethan- und Wasserstofftankstellen oder Tanklager. Ein zukunftsfähiges Geschäft angesichts des wachsenden Bedarfs an Alternativen zu klimaschädlichen Brennstoffen. Auch dies ist ein Grund für die beiden Nachwuchskräfte, sich für die Ausbildung bei der SAT zu entscheiden.
178.000 Fachkräfte fehlen im Maschinenbau binnen zehn Jahren
Hossini und Ahmad kamen beide auf Empfehlung von Bekannten zur SAT. Persönliche Kontakte und Werbung im direkten Umfeld sind die wichtigsten Pfeiler bei der Nachwuchssuche der Firma. So gibt es beispielsweise mit „Bring a friend“ ein Anwerbeprogramm, bei dem Mitarbeitende Prämien für die Vermittlung erhalten. Außerdem ist die SAT auf vielen Veranstaltungen aktiv, zum Beispiel auf Ausbildungsmessen in Schulen, und nutzt natürlich auch die einschlägigen Onlineportale, um auf sich aufmerksam zu machen.
Zusätzlich hat das Unternehmen einen Basketball-Zweitligisten als Werbepartner – auch dies dient dazu, den relativ kleinen Betrieb bekannter zu machen. „Es ist eine große Herausforderung, die Boomer-Generation zu ergänzen, die bald in Rente geht. Dafür sind wir auf eigene Ausbildung angewiesen“, unterstreicht Co-Geschäftsführer Arno Engstler.
Die Azubis der vergangenen Jahre waren fast alle junge Männer mit Migrationshintergrund. Aber das ist nicht mehr als eine Äußerlichkeit, die am Namen abzulesen ist. Eine Rolle spielt das nicht. Worauf es ankommt, ist das Elternhaus, sagt Albano-Müller, gerade bei der sogenannten Generation Z. „Die jungen Leute kommen teils mit wirren Ansprüchen. Da muss man schon mal erklären, dass es in der zweiten Ausbildungswoche noch keinen Firmenwagen gibt“, berichtet Albano-Müller.
Anteil Studienbefähigter, die eine duale Berufsausbildung machen, stieg an
Dennoch ist ein leichter positiver Trend zu erkennen, die Suche nach geeigneten Nachwuchskräften ein wenig einfacher geworden. „Das hat sicher auch mit der aktuellen Schwäche in anderen Branchen zu tun“, erklärt Albano-Müller. Aber womöglich zeigt sich hier auch schon die Kehrtwende, die an Statistiken abzulesen ist: Demnach entscheiden sich wieder mehr junge Leute mit Studienbefähigung für eine duale oder schulische Berufsausbildung. Ihr Anteil ist nach einer Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) zwischen 2011 und 2021 von 35 auf 49,1 Prozent gestiegen.
Mitarbeiter aus vielen Ländern – das bringt manchen Vorteil
Von diesem Trend profitieren offenbar auch kleinere Unternehmen wie die SAT. Der Betrieb ist schon lange international geprägt: Menschen mit indischen, ukrainischen, russischen oder afrikanischen Wurzeln arbeiten hier. Bringt das vielleicht Sprachprobleme mit sich? Eher im Gegenteil. Ein Mitarbeiter mit kameruner Familiengeschichte etwa kann dank seines fließenden Französisch perfekt für Montage- oder Reparaturarbeiten in Belgien eingesetzt werden. Das ist sehr wertvoll, denn der Vor-Ort-Service ist ein wichtiger Teil des Angebots der SAT – von den aktuell rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind zehn Außenmonteure.
Insgesamt sieben junge Leute sind derzeit in der Ausbildung bei der Schwelm Anlagentechnik. Sie alle haben gute Chancen auf eine spätere Übernahme. Aber vor allem haben sie Spaß an der Arbeit, das zeigt sich beim Besuch von Märkisch aktiv sofort. Kein Wunder, sagt Mustafa Ahmad mit breitem Lächeln: „Das ist hier ein Top-Kollegium!“ Seyed Hossini nickt und lächelt ebenfalls.
Werner Grosch war lange Jahre leitender Redakteur einer Tageszeitung mit den Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Für aktiv schreibt er Reportagen aus Unternehmen der Metall- und Elektrobranche und porträtiert Mitarbeiter aus diesen Branchen mit ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten oder Hobbys. Privat und beruflich ist er am liebsten mit dem Rad unterwegs.
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