Berlin. Auf dem Weg zum nächsten Einkaufsbummel kann man sich diese Überlegung ja ruhig mal in Erinnerung rufen: Wieso können wir uns eigentlich so viel leisten? Wieso ist unser realer Wohlstand im Schnitt viel größer als der der Eltern oder Großeltern – obwohl diese doch längere Arbeitszeiten hatten?
Kern der Antwort: Wohlstand entsteht durch Wettbewerb und durch freies Unternehmertum. Beides gehört zur DNA unseres Wirtschaftssystems.
Unternehmen können frei entscheiden, wo, was und wie sie produzieren
Im Prinzip können die Unternehmen bei uns frei entscheiden, wo, was und wie sie produzieren und investieren (oder auch nicht). Der Wettbewerb um die Kunden bringt immer neue Ideen und Produkte. Der ständige Druck des Marktes fördert die Kreativität und Produktivität der Betriebe – ihre Produkte werden besser und billiger. Vor allem bei Autos, Haushaltsgeräten und anderen Technik-Produkten ist dieser stetige Fortschritt offensichtlich.
Zum System der Sozialen Marktwirtschaft gehören aber noch weitere wichtige Punkte. Nun hat sich diese Wirtschaftsordnung schon 70 Jahre prima bewährt, hat technische und historische Zeitenwenden wie die Einführung des Computers oder den Fall der Mauer unbeschadet überstanden. Daher ist sie für uns so selbstverständlich geworden, dass viele schon gar nicht mehr wissen: Soziale Marktwirtschaft – was heißt das eigentlich?!
Der Grundgedanke ist schnell erklärt. Unser Wirtschaftssystem verknüpft zwei Prinzipien, den freien Markt einerseits, ausgleichende staatliche Absicherung andererseits. Der Staat setzt also die Rahmenbedingungen für das Marktgeschehen und sorgt für Rechtssicherheit, er soll aber nicht direkt selbst in den Markt eingreifen.
Dass der Staat Preise etwa für Brot oder Benzin vorgeben könnte, ist für uns längst unvorstellbar. Allerdings fällt die Politik da gerne mal aus der Rolle, etwa mit der Mietpreisbremse: Die schwächt den Anreiz, in Wohnraum zu investieren, erhöht also indirekt die Mieten.
Freie Preisbildung und freier Handel, freie Berufswahl und freies Unternehmertum, Privateigentum an den Produktionsmitteln und Vertragsfreiheit: All das gehört zum Wesenskern unserer Marktwirtschaft. Ebenso, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne staatliche Einmischung über Entlohnung und Arbeitsbedingungen verhandeln – die sogenannte Tarifautonomie.
Staat schützt vor existenzbedrohenden Risiken
Sozial wird unsere Marktwirtschaft erstens durch das staatliche Abfedern der Marktergebnisse. Etwa durch den progressiven Einkommensteuertarif: Wer wenig verdient, zahlt keine Lohnsteuer – wer sehr gut verdient, muss viel an den Fiskus abgeben. Oder durch den sozialen Ausgleich: Wer selbst nicht genug erwerben kann, der muss trotzdem nicht hungern oder auf der Straße schlafen. Und zweitens werden die Bürger von Staats wegen vor existenzbedrohenden Risiken geschützt, durch kollektive Sozialversicherungen: Kranken-, Pflege und Rentenkasse, Arbeitslosen- und Unfallversicherung.
Übrigens war ein Mann aus Mittelfranken wesentlich daran beteiligt, unser Wirtschaftssystem seinerzeit auf die richtige Schiene zu setzen: Ludwig Erhard. Im Nachkriegsdeutschland wagte er 1948 den Abschied von den staatlichen Preiskontrollen. 1949 wurde Erhard dann erster Bundeswirtschaftsminister. Er ist zwar nicht der Erfinder, aber doch der praktische Gründervater unserer Sozialen Marktwirtschaft.
Soziale Verantwortung: Bayerische Unternehmen engagieren sich
München. Verantwortung tragen: Das heißt für viele Unternehmen nicht nur, möglichst gut zu wirtschaften, am oft weltweiten Markt zu bestehen, Arbeitsplätze zu schaffen und Steuern zu zahlen. Dazu gehört auch, sich gegenüber den Mitarbeitern, dem Standort und der Umwelt möglichst fair zu verhalten – freiwillig, ohne dass der Staat es vorschreibt.
Das nennt man „Corporate Social Responsibility“. Um sich das leisten zu können, muss man freilich Gewinne machen – und dafür braucht es nicht zuletzt unternehmerische Freiheit. Viele Firmen, gerade auch aus dem Mittelstand, engagieren sich großzügig dort, wo ihre Werke stehen und ihre Beschäftigten leben. Sie unterstützen unter anderem Kinder- und Seniorenheime und wohltätige Initiativen. Oder Menschen mit Behinderung, wie es etwa der Wohnwagenhersteller Fendt Caravan im Allgäu vormacht. Hier einige typische Beispiele aus Bayern:
Gesundheitsförderung: Ergonomisches Arbeiten hält fit
Der Verbindungstechnikspezialist Ribe aus Schwabach hilft seinen Mitarbeitern mit einem breiten Gesundheitsangebot, Arbeitsschritte so ergonomisch wie möglich zu gestalten. Langes Stehen und körperliche Belastung in der Produktion: Das gleicht Ribe mit gezielten Maßnahmen aus, zeigt rückengerechtes Beugen und Heben.
Jeder Mitarbeiter erhält Übungen, die genau die Muskeln stärken, die er in seinem Job besonders beansprucht. Das fängt schon bei den Azubis an: Die „bewegte Pause“ mit Rückenübungen findet direkt in ihrem Ausbildungszentrum statt.
Soziales Engagement: Unterstützung für die Feuerwehr
Das Unternehmen Grammer aus Amberg unterstützt soziale Projekte in der Oberpfalz und an seinen Standorten weltweit. Der Hersteller von Komponenten für Pkw-Innenausstattung fördert ehrenamtliche Tätigkeiten seiner Mitarbeiter.
Grammer vergibt jährlich Förderpakete im Wert von 20.000 Euro: Die Mitarbeiter können sich im Namen ihrer Vereine, sozialen Projekte, Feuerwehren, Rettungsdienste oder Betreuungseinrichtungen um eines der Pakete bewerben. 2018 überreichte man stellvertretend für alle Gewinner einen Scheck an die freiwillige Feuerwehr in Kümmersbruck.
Beruf & Familie: Tolle Angebote für die Kinder der Mitarbeiter
Das Unternehmen Mekra Lang in Ergersheim hat viele Angebote, die es Mitarbeitern erleichtern, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Der Hersteller von Spiegeln und Kameras für Nutzfahrzeuge hat eine betriebseigene Krippe und Kita mit Ferienbetreuung. Sie ist von 5.30 bis 18 Uhr geöffnet, deckt so Schicht- und Sonderarbeitszeiten ab.
Dazu kommt eine Ganztagsschule für Grundschüler! Auch in der Organisation der Arbeit zeigt man sich flexibel: Die Firma hat in der Montage spezielle Arbeitsplätze eingerichtet, um Eltern den Wiedereinstieg nach Kinderbetreuungszeiten zu erleichtern.
Mehr zum Themen-Special
Arbeitswelt im Wandel: Die Mitarbeiter in Bayerns Metall- und Elektroindustrie haben durchaus Grund zum Optimismus. Das zeigt das aktiv-Themen-Special anlässlich des 1. Mai. Hier geht’s zur Einführung.
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