Köln. An der Autobahn-Kreuzung von A 3 und A 4 im Kölner Osten geht es oft nur im Schleichtempo voran. Und wenn an der Trasse auch noch gebaut wird, brauchen die Autofahrer besonders viel Geduld.

Hinter der Lärmschutzwand des meistbefahrenen Streckenabschnitts der Republik bekommt man davon nichts mit. Und doch hat das, was dort passiert, viel mit dem Gewusel auf Deutschlands Asphaltbändern zu tun: Auf dem Areal arbeiten Forscher daran, das Chaos in den Griff zu bekommen. „Wir erproben, wie sich Schäden schneller beheben lassen. Und wie sich die Lebensdauer der Straßen verlängern lässt“, sagt Stefan Höller, der Koordinator des Versuchsgeländes, das von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) betrieben wird.

Drei Millionen Mal donnern Lkw-Reifen über eine Fuge

Dafür brauchen die Ingenieure und Materialforscher Gerätschaften wie das orangefarbene Ungetüm, das auf einer Betonfahrbahn mächtig lärmt. Im Innern des zwölf Meter langen Kolosses rollen im flotten Takt vier Lkw-Reifen über eine Fuge zwischen zwei Betonplatten. Insgesamt drei Millionen Mal donnern sie darüber. „So testen wir, ob die neu entwickelten Fugenverbindungen den Belastungen auch standhalten“, erklärt Bauingenieur Bastian Wacker.

Am Kölner Autobahnring geht es hinter einer Lärnschutzwand um die Autofahrer-Zukunft

13 Millionen Euro hat das Versuchsgelände gekostet, das 2017 in Betrieb ging. 25.000 Quadratmeter Fläche, ein Kilometer Teststrecken, Beläge aus unterschiedlichen Materialien, Brücken, Kurven. Eine solche Einrichtung sei weltweit einmalig, sagt Koordinator Höller.

Die Straßen der Zukunft sollen belastbarer und reparaturfreundlicher sein. Es geht um weniger Baustellen und Staus. Und ums Geld: Denn am Ende lassen sich mit Innovationen im Straßenbau auch die Kosten drücken.

Jeder beladene Brummi belastet eine Trasse wie Tausende Pkws

Deutschlands Autobahnen ergeben eine Länge von 13.000 Kilometern, dazu kommen 38.000 Kilometer Bundesstraßen. Jahrzehntelang gab es nicht genug Geld für die Infrastruktur. Das hat sich geändert. Jährlich legen die Investitionen zu – bis 2022 auf 8,5 Milliarden Euro.

Vor allem der massiv zunehmende Lkw-Verkehr macht die Straßen mürbe. Jeder beladene Brummi belastet eine Trasse wie Tausende Pkws. Bislang stiegen mit den Fahrleistungen auch die Schäden. Das soll dank der Experten am Kölner Autobahnring bald Geschichte sein.

Fertigbetonplatten aus der Fabrik werden Reparaturen deulich beschleunigen

Höller schreitet zum nächsten Streckenabschnitt: Hier haben die Forscher Fertigbetonplatten verlegt. Die lassen sich in der Fabrik herstellen – und in der Baustelle rasch gegen kaputte Platten austauschen. Weil der Beton nicht aushärten muss, ist die Strecke nach ein paar Stunden wieder befahrbar.

Eine revolutionäre Reparatur-Methode ist die selbstheilende Straße. Bei diesem Projekt der EU, an dem die BASt mitwirkt, werden dem Asphalt Stahlpartikel zugefügt. Eine Induktionsmaschine (vergleichbar einer Induktionsherdplatte) erhitzt die Partikel schlagartig, das umgebende Bitumen wird weicher. So verschließen sich kleinste Risse, bevor ein größerer Schaden entsteht.

Fahrbahnen mit eingebauten Kühl- und Heizleitungen

Zukunftsmusik sind auch Straßen mit eingebauten Kühl- und Heizleitungen. Im Sommer entziehen die Rohre dem bis zu 60 Grad heißen Asphalt Wärme, verhindern so Verformungen wie die gefürchteten Spurrillen. Im Winter könnten die Rohre – versorgt mit Geothermie-Energie – die Straße erwärmen. Das würde das Streuen von Salz überflüssig machen. Und ein weiteres Verschleißproblem lösen. Höller: „Salz greift ja bekanntlich den Asphalt an.“