Essen. Mit der Pinzette in der Hand greift Anke Karadagi ein winziges Ventil und fügt es mit ruhiger Hand in das nur wenige Millimeter große Pumpengehäuse: „Ohne Geduld und viel Fingerspitzengefühl geht das nicht“, sagt die Frau. Danach testet sie, ob die Pumpe auch funktioniert. Keine einzige verlässt das Werkgelände von Schwarzer Precision in Essen ohne Probelauf.
Das Unternehmen im Ruhrgebiet macht voll auf mini: Es stellt die kleinsten Pumpen der Welt her. „Kleiner geht nicht“, sagt Personalchefin Martina Temme-Kürten mit einem gewissen Stolz in der Stimme.
So ein Winzling ist oft nicht einmal so groß wie eine Streichholzschachtel und nur wenige Gramm schwer. Er verrichtet zum Beispiel seinen Dienst in Beatmungsgeräten. Mit einem Druck von nur vier Millibar unterstützt das Pümpchen den Atemreflex bei Patienten mit Lungenfunktionsschwäche und verhindert, dass sie ersticken.
Ob Gastro-Kaffeemaschine, Rennauto oder die Raumstation ISS: Überall stecken die Pumpen drin
Die Miniaturisierung, also der Trend zu immer kompakteren Produkten, ist nicht nur in der Medizintechnik ein Thema. Sie öffnet auch ganz andere Märkte, wie das Beispiel der Essener zeigt.
Deren Pumpen arbeiten in portablen Gaskonzentrationsmessgeräten in der Chemie, wälzen in Gabelstapler-Akkus die Batterieflüssigkeit um oder schießen in Druckern die Tinte aufs Papier. Die Mikropumpen sind zu finden in Zapfanlagen und Gastro-Kaffeemaschinen. Sie sind unterwegs in der Formel 1 – und noch schneller auf der Internationalen Raumstation ISS. Temme-Kürten kennt die atemberaubende Entwicklung, die die 1970 gegründete Firma bis heute genommen hat: „Wir haben gelernt, dass wir uns ständig weiterentwickeln müssen.“ Pumpen haben die Essener schon immer gefertigt – aber ganz andere.
In den 70er-Jahren baute das Unternehmen die gesamte Technik rund um Aquarien und Terrarien: Heizung, Filter und Umwälzpumpen, um die Fische mit Sauerstoff zu versorgen.
Ab den 80er-Jahren setzte es auf Produkte für die Industrie. Und als dann die Söhne von Firmengründer Jürgen Schwarzer Mitte der 90er-Jahre dessen Nachfolge antraten, wurde die Palette mit Bauteilen für die Medizin-, Labor- und Umweltschutztechnik noch anspruchsvoller.
Die Pumpen aus dem Ruhrgebiet sind heute weltweit gefragt. So liegt der Exportanteil bei 70 Prozent, nahezu ein Drittel aller Produkte geht in die USA. Martina Temme-Kürten: „Unsere Kunden wollen hochwertige Pumpen mit einer langen Lebensdauer – weil nicht selten ein Menschenleben an der Zuverlässigkeit unserer Technik hängt.“
Ein Erfolgsgeheimnis sieht Temme-Kürten auch in der Flexibilität des kleinen Unternehmens: „Wir betreiben ein beratungsintensives Geschäft, in dem zwischen erster Anfrage und der Auftragserteilung manchmal bis zu zwei Jahre vergehen können.“ Die 50 Mitarbeiter erwirtschafteten im letzten Jahr 8 Millionen Euro. Dass die Firma kräftig wächst, belegen ein erst 2012 bezogener Neubau und die bereits für 2018 geplante Erweiterung.
Manufaktur statt Fließbandproduktion: Das macht selbst Kühe glücklich, deren Euter zwecks höherer Milchleistung von Luftdruckpumpen aus NRW massiert werden.