So schnell wie Ann-Julie Freiberg verpackt keiner. Mit geübtem Griff steckt sie den Karton zusammen, gruppiert die Schaumstoffdichtungen und ordnet sie perfekt in der Schachtel an. Deckel zu, Aufkleber drauf. Schon ist der nächste Karton dran.
Eigentlich geht Ann-Julie noch zur Schule: Die 18-Jährige besucht die zwölfte Klasse eines Gymnasiums in Celle. In ihren Freistunden jedoch arbeitet sie bei der Agergaard Graphic Supplies GmbH, einem Spezialisten für die Entwicklung und Herstellung von Verschleißteilen aus Werkstoffen wie Kunststoff und Metall, die in Druckmaschinen weltweit zum Einsatz kommen. Hier übernimmt sie leichte Aufgaben wie das Beschriften und Verpacken von Kleinteilen.
Zu Agergaard kam Ann-Julie über ein Schülerpraktikum. Im Frühjahr 2024 schnupperte sie für zwei Wochen in den 40-Mitarbeiter-Betrieb rein. „Einen Monat später rief mich der Chef an und fragte, ob ich Lust hätte, regelmäßig in der Firma zu arbeiten“, erzählt sie. Der Chef, das ist Ole Agergaard, der das Unternehmen 2007 gründete und es mittlerweile zusammen mit seiner Tochter Sofie Agergaard-Wendel führt. „Tätigkeiten wie das Entgraten von Gummidichtungen oder das Verpacken sind zwar essenziell, aber auch zeitintensiv und repetitiv“, sagt Agergaard-Wendel. „Da dachten wir, dass wir diese Aufgaben unter guter Anleitung auch Schülern als Nebenjob anbieten können.“ So könnten sich Fachkräfte auf den Kernprozess Produktion konzentrieren und Schüler echte Betriebsluft schnuppern.
Also inserierte die Firma im Magazin des örtlichen Schützenvereins – doch darauf gab es keine Reaktion. Erst über Mundpropaganda im Kollegenkreis kamen Anfragen für die Schülerjobs.
Schülerjob: Anschubfinanzierung fürs Auto – und Abwechslung zur Schule
Inzwischen jobben vier Schülerinnen und Schüler regelmäßig bei Agergaard – entweder in Freistunden oder nach der Schule. Die Bezahlung ist gestaffelt und richtet sich nach dem Alter. Ab 18 Jahren gibt es den Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde, darunter je ein Euro weniger für jedes Lebensjahr, das zur Volljährigkeit fehlt.
Dass Schüler sich ihr Taschengeld aufbessern, sei in ihrem Jahrgang nicht ungewöhnlich, berichtet Ann-Julie. „Die meisten wollen sich so den Führerschein oder ein Auto finanzieren“, sagt sie. Sie selbst steckt ihren Arbeitslohn in Urlaube oder erfüllt sich damit den ein oder anderen Wunsch. Der Job bei Agergaard gefällt ihr, weil er sich perfekt in den Schulalltag integrieren lässt: Oft habe sie bis zum Nachmittag Schule, dazwischen aber mehrere Stunden frei. „In dieser Zeit kann ich arbeiten und nach der Schule dann zum Handball-Training gehen.“
Und wie findet die Schülerjobberin die eher monotone Arbeit? „Im Vergleich mit meinem stressigen Schulalltag ist das entspannend“, sagt Ann-Julie. Für sie ein weiterer Pluspunkt: die familiäre Atmosphäre im Betrieb. Vor ihrem Praktikum habe sie sich das Berufsleben immer ganz förmlich vorgestellt. „Aber hier duzen sich alle, und man kann auch mal einen Spaß machen.“
Die Regeln für Schülerjobs
Unter welchen Bedingungen dürfen sich Jugendliche ihr Taschengeld aufbessern? aktiv hat dazu bei Norbert Reiners nachgefragt. Der Arbeitsrechtler ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer von NiedersachenMetall.
Herr Reiners, ab welchem Alter darf man in Deutschland einen Job haben?
Kinder ab dem 13. Geburtstag und Jugendliche, die noch der Vollzeitschulpflicht unterliegen, dürfen mit Einwilligung der Eltern stundenweise beschäftigt werden, wenn diese Beschäftigung leicht und für sie geeignet ist.
Wie lange dürfen Schüler arbeiten?
Auch bei leichten Arbeiten maximal zwei Stunden am Tag. Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind, bis zu 40 Stunden in der Woche – allerdings nur zwischen 6 und 20 Uhr.
Wo dürfen Schüler nicht arbeiten?
Kinder und Jugendliche mit Vollzeitschulpflicht dürfen nicht in der Produktion, auf Baustellen, in Tankstellen oder an Kassen eingesetzt werden.