Meistens übertragen Städte und Gemeinden den Eigentümern die Verantwortung für einen schnee- und eisfreien Bürgersteig, auf dem sich Fußgänger sicher bewegen können. Haben Eigentümer ihre Immobilie vermietet, können sie auch die Mieter zum Schneeschaufeln heranziehen. Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland und Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Mietervereins Köln, erklären die rechtliche Lage.
Wann haben Hauseigentümer eine Pflicht zum Schneeräumen?
Hat die Gemeinde die Räumpflicht auf die Hauseigentümer übertragen, sollten sie werktags zwischen 7 und 20 Uhr sowie am Wochenende je nach Gemeinde zwischen 8 oder 9 Uhr und 20 Uhr für sichere Verhältnisse sorgen.
„Das heißt aber nicht, dass sie den ganzen Tag Schnee schippen müssen“, so Wagner. Wiederum reiche es in der Regel nicht aus, nur morgens zu räumen. Bei weiterem Schneefall im Laufe des Tages müsse erneut geschippt werden. Beginne der Schneefall mitten am Tag, müsse der Eigentümer zur Not auch von der Arbeit nach Hause kommen.
Wer keine Zeit dazu habe, könne auch andere bitten, diese Aufgabe zu übernehmen. Der Eigentümer müsse aber immer kontrollieren, ob die Arbeit auch erledigt wurde. Auch Urlaub oder Krankheit entbinde ihn nicht von der generellen Räumpflicht. Bleiben Schnee und Eis vor der Haustür liegen, können die Gemeinden auch Bußgelder verhängen.
Wie müssen Wege von Schnee und Eis befreit werden?
„Zwei Leute müssen aneinander vorbeigehen können“, sagt Wagner. Der Gehweg vor dem Haus sollte entsprechend auf einer Breite von einem bis 1,50 Meter von Schnee und Eis befreit werden.
Manche Kommunen forderten von Hauseigentümern auch, einen Teil der Straße zu räumen, so die Expertin. Aber auch Wege auf dem Grundstück dürften nicht sich selbst überlassen werden. „Auch hier hat der Eigentümer eine Verkehrssicherungspflicht“, so Wagner. Dazu gehöre es, mögliche Unfallquellen wie Eiszapfen auf dem Dach zu beseitigen, wenn sie beim Herunterfallen Passanten treffen könnten.
Welche Regeln fürs Räumen gelten für Häuser mit mehreren Eigentümern?
Möglich ist es in diesem Fall, die Arbeit auf alle Eigentümerparteien zu verteilen. Ein Räumplan kann dann zum Beispiel regeln, wer an welchem Tag zuständig ist.
Verletze sich jedoch ein Fußgänger oder Radfahrer, weil ein Miteigentümer nicht geräumt habe, haftet gegenüber dem Geschädigten die Wohnungseigentümergemeinschaft, so Wagner. Eine Haftpflichtversicherung sei für die Gemeinschaft daher dringend zu empfehlen. Ratsam sei es auch, gleich einen bezahlten Dienstleister zu beauftragen. Damit werde die Verantwortung quasi ausgelagert.
Gilt die Räumpflicht auch für Mieter?
Nur, wenn der Mieter einen Mietvertrag mit einer entsprechenden Hausordnung unterschrieben habe, so Depel. Eine nachträglich in die Hausordnung eingefügte Räumpflicht oder mündliche Absprachen hätten keinen Bestand. Wenn der Mieter die Räumpflicht vertraglich übernommen hat, muss er in der Regel allerdings auch für das Streugut oder die Schneeschaufel Sorge tragen. Eine Bereitstellung durch den Vermieter kann nicht verlangt werden.
Wann muss ein Mieter seiner Streu- oder Räumpflicht nachkommen?
Hat sich ein Mieter verpflichtet, gilt für ihn die übliche Räumpflicht zwischen 7 und 20 Uhr unter der Woche oder zwischen etwa 8 und 20 Uhr am Wochenende. Es sei denn, im Mietvertrag ist etwas anderes geregelt. „Bei Dauerschneefall hat der Mieter die Reinigungs- und Streuarbeiten zu wiederholen“, so Depel.
Mieter, die sich wegen Berufstätigkeit nicht um Schnee und Eis kümmern können, müssen sich eine Vertretung organisieren. Unterschiedliche Gerichtsurteile seien zu Mietern gesprochen worden, die wegen Alters und Gebrechlichkeit nicht mehr in der Lage seien, so Depel. So gebe es Urteile, wonach auch sie eine Vertretung organisieren müssen. „Andere Gerichte haben entschieden, dass die Verpflichtung wieder auf den Vermieter übergeht.“
Können Sich mehrere Mieter im Haus den Winterdienst teilen?
Vermieter von Mehrparteienhäusern können die Räumpflicht auf alle Mieter übertragen. In diesem Fall sollte ein Plan aufgestellt werden, der die Zuständigkeiten regelt.
Möglich sei aber auch, dass nur ein Mieter zuständig sei, so Depel. In vielen Fällen beauftragten Vermieter jedoch die Hausverwaltungen oder Dienstleister mit dem Schneeräumen.
Die Kosten dafür dürfen über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt werden. Die Mieter wiederum können einen Teil dieser Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich geltend machen.
Wer haftet, wenn bei einer vermieteten Immobilie etwas passiert?
Im Ernstfall könnten Unfallopfer Schmerzensgelder oder Verdienstausfall fordern, wenn der Gehweg nicht geräumt wurde, so Wagner. Der eigentlich zuständige Mieter hafte in diesem Fall, aber auch der Vermieter, wenn er seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen sei.
Beide sollten daher über eine private Haftpflichtversicherung verfügen. Doch in allen Konstellationen komme es immer auf den Einzelfall an, bei dem auch das Verhalten des Fußgängers berücksichtigt werde. „Passanten müssen eben auch aufpassen“, sagt Wagner.
Leserfrage: Wie soll man Schnee räumen, wenn man gar nicht zu Hause ist?
Andreas M. per Online-Kontaktformular: Sie berichten im Internet ausführlich über die Schneeräumpflicht bei Privatgrundstücken. Was ist, wenn man keinen Räumdienst findet und keine Verwandtschaft oder Nachbarn hat, die helfen können? Ich bin als Lokführer im Güterverkehr immer mindestens eine Woche unterwegs und kann nicht einfach quer durch Deutschland fahren zum Schneeräumen!
aktiv: Das ist ein spannender Fall. Wir haben uns mal umgehört. Der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland erklärt es ausführlich: „Die Gerichte sind sich relativ einig, dass bei urlaubsbedingter Abwesenheit immer ein Ersatz gefunden werden muss.“ Es gebe allerdings Urteile, die bei Alter und/oder Krankheit einen „Fall der Unmöglichkeit“ festgestellt haben.
Ähnlich sehe es aus, wenn sich der Eigentümer wirtschaftlich einen Winterdienst nicht leisten kann – oder es schlichtweg keine Firmen gibt, die einen solchen Dienst in einer entlegenen Gegend anbieten. „Ob diese Rechtsprechung aber auch auf Fälle arbeitsbedingter Abwesenheit anwendbar ist, ist zweifelhaft“, betont Julia Wagner von Haus & Grund. Also: „Lieber auf Nummer sicher gehen und einen Vertreter beauftragen.“
Der Mieterverein Köln schätzt das genauso ein. „Eine generelle Härtefallregelung gibt es nicht“, heißt es. „Die meisten Gerichtsurteile gehen davon aus, dass auch in solchen Fällen der Mieter dafür zu sorgen hat, dass er einen Vertreter findet“ – wenn sich der Mieter denn vertraglich zum Schneeräumen verpflichtet hat.
Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.
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