Menden. Der Anblick lässt viele Männerherzen höherschlagen: Schraubenschlüssel, Scheren und Zangen hängen griffbereit nach Größe sortiert, zig Ablagen mit Arbeitsmaterial – eine Werkbank mit allem Drum und Dran. Und auf der Montagebühne thront ein altes Schätzchen: ein schwarz-silbernes „Awo Sport“-Motorrad von Simson, liebevoll restauriert.

Heiko Fischer sammelt die Zweiräder der DDR-Marke und bringt sie auf Vordermann. Nicht zum Verkauf, sondern aus Spaß an der Technik. „Andere fahren in Urlaub. Aber wenn ich Geld ausgebe, will ich sehen können, wofür“, lächelt der Sauerländer aus Menden. Die gut ausgestattete Werkstatt kostete aber kein Vermögen: „Wenn in der Firma etwas ausgemustert werden soll, greife ich zu.“

Firma auf Explosionsschutz im Bergbau spezialiert

Der gelernte Eisenbahnschlosser arbeitet in seinem Wohnort bei Bartec in der mechanischen Fertigung. Die Firma ist einer der wenigen Spezialisten für Explosionsschutz im Bergbau. Ihre Schaltanlagen und Motoren für Vortriebsmaschinen und Förderbänder stecken in dickwandigen Gehäusen aus Stahl.

Fischer montiert und verschweißt die Gehäuse: „Die druckfesten Kisten können sogar einer Explosion standhalten!“, sagt er. Es dürfe bloß kein Funke nach draußen dringen. Das Grubengas Methan ist unter Tage eine große Gefahr. Auch beim Rütteln darf sich die Verkabelung nicht lösen, wenn etwa die Maschine auf Stein statt auf Kohle stößt.

90 Prozent der Produktion gehen inzwischen ins Ausland, denn die letzte deutsche Zeche in Bottrop schließt im kommenden Jahr. In Russland, China oder sonstwo auf der Welt wird jedoch weiter munter nach Steinkohle, Kalisalz und Diamanten gebuddelt.

Automatisierung unter Tage ist ein großes Thema: Ferngesteuerte Maschinen halten Personal aus der Gefahrenzone. Aber wo Strom fließt, entstehen auch Funken. Deshalb verpackt Bartec selbst Computer in solide Stahlquader.

Reparatur und Instandhaltung gehören ebenso zum Geschäft. Fischer schlachtet gerade eine verbeulte Bandanlage aus. „Die Teile sind noch gut und werden woanders gebraucht“, erklärt er. Zwei Kühler kommen in einen Umrichter, den ein Bergwerk aus der Türkei zur Überholung eingeschickt hat. Der Umrichter regelt die Geschwindigkeit des Förderbands. „Danach wird er neu verdrahtet, damit er wieder einwandfrei ist. Es hängen Menschenleben dran.“

Wie viele seiner Kollegen hat der Schlosser einst selbst unter Tage gearbeitet. Zu DDR-Zeiten hat er beim staatseigenen Betrieb Wismut fünf Jahre lang Uran abgebaut. Gleich nach der Wende kam er rüber in den Westen, landete per Zufall in Menden. „Meine Kumpels wollten Geld für ein Auto verdienen, ich ging mit und suchte mir einen Job.“ Daraus sind 27 Jahre bei Bartec geworden.

„Alles Handwerkliche ist mein Ding“, so der 53-Jährige. Das Schrauben mochte er schon immer, das Schweißen hat er „reaktiviert“ – und alles andere war Learning by Doing. Nur 60 Mitarbeiter hat das Werk – da müsse man vielseitig sein. Kein Problem für Fischer „In der DDR mussten wir vieles selber machen.“

Von früher stammt auch seine Leidenschaft für die Zweiräder von Simson. Fischer hat gleich fünf in seiner Sammlung, die ältesten sind aus den 50ern. „Diese hier habe ich als Schrotthaufen gekauft“, sagt er und zeigt auf das Schmuckstück auf der Montagebühne. Zwei Jahre Arbeit und gut 2 000 Euro hat er in die „Awo Sport“ gesteckt, sie lackiert und mit Goldlack gesprayt, den Lenker ausgetauscht, eine Elektronikzündung eingebaut und einen Gepäckträger montiert.

Jetzt, bei schönem Wetter, fährt er mit seinen Schätzchen: zur Arbeit, zum Bäcker, zum Grünschnitt-Container. Im Ort drehen sich die Leute um, wenn er an ihnen vorbeiknattert.

Fischer ist ein Typ, der nicht herumsitzen kann, der „immer wieder neue Projekte angeht“: Kakteen sammeln, den Teich gestalten, einen beleuchteten Bergmann für die Adventszeit bauen. Und weil er sich um seine erblindete Mutter kümmert, fährt er seit Jahren nicht in Urlaub. Für sie hat er an allen Pfaden seines Gartens einen Handlauf angebracht. So kann die alte Dame ihre Runden drehen, ohne die Orientierung zu verlieren.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich wollte Fahrzeugschlosser werden, aber im Osten hatte man keine Chance. Diese Jobs wurden per Seilschaften vergeben. So wurde ich Eisenbahnschlosser und kam nach der Wende per Zufall zu Bartec.

Was reizt Sie am meisten?

Es sind immer wieder neue Aufgaben und Herausforderungen. Kein Tag gleicht dem anderen.

Worauf kommt es an?

Auf Qualität, alles ordnungsgemäß erledigen. Man muss seinen eigenen Maßstäben genügen.