60 Jahre – so alt wird dieses Jahr der in der Geschichte der Bundesrepublik geburtenstärkste Jahrgang 1964. Rund 1,35 Millionen Menschen gehören ihm an. Das führt exemplarisch vor Augen, wovor Experten seit Jahrzehnten warnen: Die Generation der sogenannten Babyboomer wird nun nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheiden – und so nicht nur das gesetzliche Rentensystem vor große Probleme stellen.
Noch scheint bei der Rente alles stabil. Aber unter der Fassade knirscht es bereits im Gebälk. Denn die Belastungen fürs umlagefinanzierte System nehmen absehbar zu. Die Rentner werden mehr, die erwerbsfähigen Menschen weniger. Ohne Anpassungen – da sind sich die Fachleute einig – droht schon bald die Wucht des demografischen Wandels die Belastungsgrenze des Systems zu überschreiten.
„Wir brauchen dringend eine Kurskorrektur in der Altersvorsorgepolitik“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) sowie der Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm. Er fordert etwa den Abbau von Frühverrentungsanreizen, die konsequente Umsetzung der Rente mit 67 und darüber hinaus die Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge.
Finanzierungslücke von 34 Milliarden Euro
Auch bei der Höhe der gesetzlichen Rente sieht Brossardt Anpassungsbedarf. „Die dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent verursacht eine immense Kostenbelastung und darf nicht auf Dauer festgeschrieben werden“, mahnt er. Das Institut der deutschen Wirtschaft beziffert die Finanzierungslücke im Jahr 2035 auf 34 Milliarden Euro.
Unterstützung dafür bekommt Brossardt beim renommierten Rentenexperten Axel Börsch-Supan. Der Ökonom und langjährige Direktor am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik versichert aber, dass es in Zukunft keine Rentenkürzungen geben muss und wird: „Es geht immer um das Dämpfen des Anstiegs, nicht ums Absenken.“
Zugleich betont Börsch-Supan, dass Demografie mehr sei als Rente: „Das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben beeinflusst die Einnahmen und Ausgaben der Sozialsysteme sowie auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung insgesamt.“ Man müsse das Angebot an Arbeitskräften erhöhen und mit Investitionen in Bildung und Forschung produktiver werden. „Wir müssen uns stärker auf die Jüngeren konzentrieren.“
Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.
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