Geübt und zügig zieht Monika Sieverdingbeck ein hellrosafarbenes Tuch unter der sirrenden Nadel ihrer Nähmaschine durch. Dann macht die Bocholterin kurz Pause und sagt: „Das Tuch darf sich nicht verziehen, damit die Waffelstruktur gerade bleibt.“
Mancher mag das pingelig nennen – für die 60 Näherin- nen in der Tuchfertigung bei JEMAKO in Rhede ist das ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Das Unternehmen ist Spezialist für hochwertige Reinigungstücher, Sieverdingbecks Trockentuch etwa nimmt besonders gut Wasser auf. Das Pendant dazu ist das „Profituch“, dessen Faserstruktur Schmutz besonders gut lösen soll.
Welche Vorteile Mikrofasern haben
„Unsere Tücher sind so gefertigt, dass sie bei leichten bis normalen Verschmutzungen so gut wie keine Reinigungsmittel benötigen: Sie lösen den Schmutz weitgehend mechanisch, mit viel Wasser.“ Das erklärt JEMAKO-Geschäftsführerin Aida Rizvo beim aktiv-Besuch. Es gilt das Prinzip: Möglichst einfach reinigen – mit möglichst langlebigen Materialien.
Dafür eignen sich Mikrofasern besonders gut: Sie sind wasser- und chemikalienresis-tent. „Außerdem verlieren die von uns verwendeten Filamente keine Fasern, sodass die Tücher im Einsatz nicht fusseln“, sagt Textillaborant Patrick Schepers aus der unternehmenseigenen Produktentwicklung. An seinem Arbeitsplatz hängen Hunderte bunte Mustertücher.
„Wir fertigen also alles in Eigenregie. Das hat den Vorteil, dass wir eine konstante Qualität garantieren können.“
Klemens Schäpers, Betriebsleiter
Regelmäßig legt er Textilien unters Mikroskop. Dabei geht es ihm um Oberflächenstruktur und Aufbau des Gewebes, damit die wichtigen Eigenschaften eines guten Reinigungstuchs gewährleistet sind: Saugfähigkeit – Schmutzlösekraft – Langlebigkeit. Die JEMAKO-Produkte kann man bei 60 Grad waschen. Schepers checkt auch die Qualität der angelieferten Mikrofaser-Ware. Die wird in der eigenen Weberei in Nettetal am Niederrhein auf sogenannten Plüschwebmaschinen produziert. „Wir fertigen also alles in Eigenregie. Das hat den Vorteil, dass wir eine konstante Qualität garantieren können“, erklärt Betriebsleiter Klemens Schäpers.
Warum der Handschuh eine Spitze hat
In Form gebracht werden sie dann am Hauptsitz in Rhede. Entweder als viereckiges Tuch, von denen Näherin Sieverdingbeck und ihre Kolleginnen pro Schicht Hunderte fertigen. Oder aber als Handschuh. Einen solchen stülpt Nilay Derin gerade über einen Metallstab mit abgerundeter Spitze: Die Näherin formt das Textil zu einem spitz zulaufenden Handschuh, in den bequem auch größere Hände passen. „Die Naht an der Spitze ist nochmals besonders vernäht. Mit ihr und etwas Druckkraft lassen sich auch ansonsten schlecht erreichbare Ecken und Kanten gut säubern“, sagt Derin.
Aber warum steckt mal ein gelber, mal ein blauer und mal ein grüner Handschuh auf dem Metallstab? Betriebsleiter Schäpers erklärt die JEMAKO-Fasern und ihre Farben: „Blau steht für eine raue Oberfläche, die hartnäckigen Schmutz lösen kann. Die gelbe Faser ist besonders weich, mit ihr können zum Beispiel Hochglanzoberflächen gesäubert werden, ohne dass sie verkratzt werden. Und Grün steht für unseren Allrounder.“ Anwendung finden die Reinigungsfasern also auf ganz unterschiedlichen Oberflächen – von rauen Holz- oder Fliesenflächen bis zu glatten und empfindlichen. „Ganz ohne Reinigungsmittel wollen aber auch unsere Kunden nicht sein“, weiß Firmenchefin Rizvo. Für das Frische- und Reinheitsgefühl der Kundschaft bietet JEMAKO deshalb eigene Reinigungsmittel. Sie werden ebenfalls in Rhede entwickelt, Lösungsmittel und Chlor sind dabei absolut tabu.
Die Qualitätskontrolle findet im eigenen Labor statt. „Alles, was als fertige Mischung in den Tanks schlummert, kommt zu uns zur Prüfung“, sagt Chemielaborantin Amelie Rademacher. Sie testet dann etwa auf den pH-Wert oder führt Dichte- und Feststoffprüfungen durch.
Wie das mit dem Direktvertrieb läuft
Die Mikrofaser-Tücher und die dazu passenden Reinigungsmittel ergeben etwa 500 Artikelarten, auf die die Kundschaft zugreifen kann – allerdings nicht im Einzelhandel. Der Mittelständler, bei dem in Rhede rund 300 Mitarbeiter beschäftigt sind, vertreibt seine Produkte im Direktvertrieb. In Deutschland und angrenzenden Ländern sind dafür mehr als 4.000 Vertriebspartnerinnen und -partner im Einsatz. „Die Fertigung teilweise in Handarbeit, unser Qualitätsanspruch und die Entwicklung neuer Lösungen haben natürlich ihren Preis“, betont Rizvo. „Wir wollen deshalb Vorteile und Nutzen unserer Produkte direkt beim Kunden erklären.“
Dafür gibt es sogar Putzpartys! Sie veranstalten geschulte Vertriebspartner bei interessierten Kundinnen und Kunden. So kann jeder nach Herzenslust wischen, polieren oder feudeln – und herausfinden, wie sich’s mit den Mikrofasertüchern putzt.

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.
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