Berlin. Zwei Jahre lang hat sie sich beraten. Dann hat die Regierungskommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ ihre Empfehlung für die Rentenpolitik nach dem Jahr 2025 vorgelegt. Das ernüchternde Ergebnis des 128 Seiten dicken Berichts: Die entscheidenden Fragen sollen erst in ein paar Jahren konkret beantwortet werden – nicht zuletzt von einer neuen Kommission …

Dabei ist die Lage ernst. Und sie spitzt sich weiter zu. In den kommenden 15 Jahren werden die starken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer in Rente gehen. Die Personen im erwerbsfähigen Alter werden deutlich weniger. Das wird unsere sozialen Sicherungssysteme vor große Probleme stellen: Aktuell kommen auf je 100 Menschen im Erwerbsalter erst 31 Senioren – bis 2038 werden es aber 47 Rentner sein. (Mehr zum Thema "Demografischer Wandel" bei aktiv.)

Stellschrauben des Rentensystems müssen neu justiert werden

Obwohl also seit vielen Jahren klar ist, dass die zuletzt 2007 grundlegend reformierte gesetzliche Rente vor großen Herausforderungen steht, bleibt die Kommission mit ihren Empfehlungen zu den politisch heiklen Stellschrauben sehr vage. Das sorgt für Kritik – selbst aus den eigenen Reihen.

„Unbequeme Themen wie Beitragssatz, Sicherungsniveau und Renteneintrittsalter scheuklappenartig auszublenden, halte ich für falsch“, sagt Kommissionsmitglied Axel Börsch-Supan. In mehreren Sondervoten zum Abschlussbericht hat der Ökonom seine abweichende Meinung zu zentralen Fragen dokumentiert.

Etwa beim Sicherungsniveau, oft einfach „Rentenniveau“ genannt, und beim Beitragssatz. Für diese gelten noch bis 2025 sogenannte Haltelinien von 48 beziehungsweise 20 Prozent. Ab 2026 werden von der Kommission unpräzise Korridore empfohlen: 44 bis 49 Prozent beim Sicherungsniveau, 20 bis 24 Prozent vom Brutto beim Beitrag (den Betriebe und Beschäftigte jeweils zur Hälfte aufbringen).

Experten fordern ein weiter steigendes Renteneintrittsalter

Laut Börsch-Supan sind langsamer steigende Rentenleistungen und ein höherer Beitragssatz schon heute klar absehbar. „Beides ist unpopulär“, sagt der Experte. Dennoch hätte die Kommission eindeutiger Stellung beziehen und der Regierung langfristig klar definierte Beitragssätze und Sicherungsniveaus empfehlen müssen.

Auch beim Eintrittsalter drehte sich der Konflikt innerhalb der Kommission letztlich um die Frage, wann man überfällige, aber politisch unbequeme Entscheidungen den Bürgern bekannt geben sollte. Klar ist ja: Ab 2031 liegt die normale Altersgrenze bei 67 Jahren. Doch was soll 2040 oder 2050 gelten? Viele Experten und kürzlich auch eine Studie der Bundesbank halten eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters gemäß der steigenden Lebenserwartung für unvermeidlich. Die Kommission schlägt aber lediglich vor, einen „Alterssicherungsbeirat“ einzuberufen, der 2026 eine Empfehlung abgeben soll.

Für Börsch-Supan wäre das deutlich zu spät. „Das Aufschieben einer Entscheidung über die zukünftige Regelaltersgrenze bis kurz vor Ablauf der jetzigen Regelung ist nicht im Interesse der betroffenen Menschen“, kritisiert er. Damit sei die Kommission ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.

Mehr Ältere in Lohn und Brot

Höhere Erwerbsbeteiligung: Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat sich die Erwerbsbeteiligung von Menschen im Alter zwischen 60 und 64 Jahren verdreifacht – von knapp 20 Prozent 1998 auf rund 60 Prozent 2018.

Engagiertere Frauen: Bei den Männern stieg der Anteil von 27 auf 65 Prozent. Bei den Frauen verfünffachte er sich sogar von 11 auf 55 Prozent der Altersgruppe.

Wichtige Stellschraube: Der längere Verbleib im Berufsleben ist laut Experten entscheidend, um die Folgen des demografischen Wandels für den deutschen Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme abzumildern.