Wetzlar. „Implementierung einer Industrie-4.0-Strategie“ – das war beim IT-Forum von Hessenmetall in Wetzlar das Thema von Professor Christian Überall. Anschließend sprach aktiv mit dem Experten der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen über die aktuellen Herausforderungen für den Mittelstand.
Sind mittelständische Firmen gerüstet für die Industrie 4.0?
Viele sind schon gut dabei, aber viele sind noch zu zögerlich. Sie fühlen sich erschlagen von dem Thema, wissen nicht recht, wo sie anfangen sollen. Man wartet auf eine Schubladenlösung, am besten eine DIN-Norm, die man nur noch eins zu eins umsetzen muss … Aber das wird nicht funktionieren. Und das können wir uns am Standort Deutschland auch nicht leisten, weil die Wettbewerber das anders angehen: einfach machen – und die Norm hinterher entwickeln.
Was empfehlen Sie den Unternehmen besonders?
Erschaffen Sie sich eine Vision. Fragen Sie sich: Wo will ich mit der Firma hin, wo könnten mich Veränderungen treffen? Um in Deutschland weiterhin wettbewerbsfähige Produkte fertigen zu können, müssen nicht-wertschöpfende Tätigkeiten auf ein Minimum reduziert werden! Und dafür braucht man eine gut durchdachte Digitalisierungsstrategie.
Und wie wird eine ganze Fabrik smart?
In einem schrittweisen Prozess. Der erste Schritt ist die digitale Fabrik. Um Transparenz zu schaffen, muss man wissen: Wer macht was, wann, wo, wie und warum. Alle Informationen dazu werden über passende Datenmanagementsysteme gesammelt. Auf diesen Daten baut dann im nächsten Schritt die virtuelle Fabrik auf. Die ist ein digitales Abbild der Produktion, vermittelt in Echtzeit Maschinenzustände, Prozessinformationen, Materialflüsse und mehr. Der letzte Schritt zur smarten Fabrik ist die Vernetzung aller Abteilungen und Systeme über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.
Was heißt das technisch?
Man braucht echtzeitfähige Erfassungssysteme, Cloud Computing und künstliche Intelligenz, um die gewaltigen Datenmengen zu managen. Schlüssel zum Erfolg ist das Wissen über Abteilungsgrenzen hinweg. Das heißt: Weiterbildung und Gedankenaustausch! Hilfreich ist die Bildung eines Teams, in dem Management, IT, Fertigung und kaufmännischer Bereich gemeinsam an der smarten Fabrik arbeiten. Und ein interner Visionär ist wichtig, der mit kühnen Ideen antreibt.