Stuttgart/Köln. Die hübsche ungarische Stadt Kecskemét lockt nicht nur Touristen an: Vor ihren Toren, wo früher karge Einöde herrschte, bauen heute im Daimler-Werk rund 3.500 Beschäftigte Hunderttausende Kompaktwagen pro Jahr zusammen. Derzeit investiert das Unternehmen dort noch mal rund 1 Milliarde Euro in ein zweites Werk.

Der Standort liegt nur rund 1.000 Kilometer entfernt und hat eine durchgehende Autobahnverbindung nach Rastatt, wo Daimler mit 6.500 Leuten ebenfalls Kompaktwagen fertigt. Und die Lohnkosten sind in Ungarn niedrig. Die zweite Fabrik werde hochmodern, effizient und flexibel sein, teilte der Konzern mit. 2.500 neue Arbeitsplätze sollen hier entstehen.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, produziert die Automobil-Industrie längst auch in Ländern, wo sich günstiger fertigen lässt – und sichert auf diese Weise auch die Standorte in Deutschland.

Auch andere Branchen der Metall- und Elektro-Industrie (M+E) setzen auf das Ausland. Der Albstädter Strickmaschinenbauer Mayer & Cie zum Beispiel übernahm 2011 ein insolventes Unternehmen in Tschechien. Und produzierte fünf Jahre später schon ein Drittel seiner Maschinen dort. Nach den Rückschlägen der Krise von 2008 sei es eine „strategisch wichtige Entscheidung“ gewesen, im Osten zu investieren, teilte das Unternehmen mit.

Wie groß die Unterschiede bei den Arbeitskosten weltweit sind, macht ein Vergleich des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) klar: 2015 zahlten die M+E-Betriebe für eine Stunde Arbeit in Deutschland 42,80 Euro, inklusive aller Nebenkosten. Das ist fast ein Viertel mehr als noch 2008. Und mehr als in den meisten anderen Ländern.

In Polen und Ungarn etwa kostet die M+E-Arbeitsstunde nur 8,50 Euro. In Bulgarien sogar nur 4,30 Euro – nur ein Zehntel des deutschen Wertes. Um das auszugleichen, müssen die hiesigen Betriebe umso produktiver sein.

Allerdings: Die Produktivität entwickelt sich sehr schwach, seit 2011 steigt sie kaum noch. „Unsere Kostensituation ist kritisch“, sagt daher der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Stefan Wolf.

Investitionen im Inland gehen zurück

Eine Umfrage unter rund 600 M+E-Unternehmen im Jahr 2015 ergab: 2010 gingen erst durchschnittlich 17 Prozent der Investitionen ins Ausland, fünf Jahre später waren es bereits 20 Prozent – und bis 2020 werden es etwa 24 Prozent sein.

Übrigens: Die günstigeren Produktionskosten in der Ferne sind dabei inzwischen für die Unternehmen wichtiger als die Nähe zu den Absatzmärkten.