Nürnberg. Mit diesem Kerl möchte man knuddeln: Gemütlich hockt der Pandabär mit den lustigen Kulleraugen und den plüschigen Ohren auf dem Tisch. Doch dann rückt Chemielaborantin Maren Haase mit ihrer Schere an – und es geht ihm ans Fell. Schnipp! Schon hat sie ein Stück Ohr abgesäbelt.

Die junge Frau quält Spielzeugtiere professionell, beim TÜV Rheinland in Nürnberg. Dort hat das Unternehmen sein größtes Prüfzentrum bundesweit. Ob Akkus, Fahrräder, Gartengeräte, Spülmaschinen, Toaster, Spielzeugkästen oder eben Pandabären: All das testen hier rund 400 Ingenieure, Chemiker und andere Experten auf Herz und Nieren.

Auftraggeber ist oft der Hersteller

Die Tests sind wichtig, um Sicherheitsrisiken aufzuspüren, oft bei Importen aus asiatischen Billigländern. Insgesamt entdeckten Kontrolleure der Europäischen Union (EU) in den 28 Mitgliedsländern letztes Jahr 2.435 gefährliche Produkte: zum Beispiel giftige Kugelschreiber, mangelhafte Verlängerungskabel oder explosive Sahnesprüher. Ein trauriger Höchststand. Und am häufigsten betroffen waren – Spielzeuge!

Um herauszufinden, ob der Pandabär wirklich harmlos ist, hat Maren Haase inzwischen das abgeschnittene Stück Ohr in einer Flüssigkeit untersucht und in ein Messgerät geschoben. Stecken in dem Stoff etwa giftige Substanzen, die Krebs erregen können? Oder solche, die möglicherweise Allergien hervorrufen? Haase kann, was das anbelangt, Entwarnung geben: „Alles im grünen Bereich.“ Der Bär ist damit aber noch nicht erlöst. Die nächste Tortur wartet schon.

TÜV Rheinland

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Pro Jahr nimmt allein der TÜV Rheinland weltweit gut 150.000 Produkte unter die Lupe. Er ist mit rund 19.300 Beschäftigten in 69 Ländern präsent und kommt auf einen Jahresumsatz von 1,7 Milliarden Euro. Das Beispiel zeigt, dass der TÜV viel mehr kann, als Autos auf rostige Rahmen und abgefahrene Reifen hin zu untersuchen: Aus der urdeutschen Einrichtung sind gleich mehrere wirtschaftlich ausgerichtete Konzerne geworden, die für Kunden rund um den Globus testen.

Im Prüfzentrum Nürnberg ist das Kuscheltier mittlerweile bei Rolf Ohlsen angekommen, dem Laborleiter für Kinderspielzeug. Er spannt es mit einem der beiden Panda-Augen in eine martialische Apparatur – und drückt auf den Knopf.

Das Gerät zerrt an dem Auge, und zwar so stark, dass sich der arme Kerl bedenklich nach oben reckt. Erst nach zehn Sekunden ist der Test vorbei. Das Auge? Ist zum Glück im Fell geblieben! „Nicht auszudenken“, erläutert Ohlsen, „wenn sich beim Knuddeln ein Kleinteil wie so ein Auge löst. Dann besteht Erstickungsgefahr.“ Mit der Kraft von 90 Newton (das entspricht dem Gewicht von neun Kilo) hat das Gerät gezogen. Die Tests sind genormt, nichts wird dem Zufall überlassen.

Der Laborleiter führt Besucher gern durch seine ganz spezielle Spielzeugabteilung: Rasseln für Babys, Bauklötze, Softbälle, ein abgestürzter Helikopter. „Den Heli haben wir gegen die Wand fliegen lassen – dabei durften sich keine Teile lösen.“ Scharfe Kanten am Rotor oder wie Lanzen hervorstechende Kufen? „Geht gar nicht“, sagt Ohlsen. Und kramt ein Puzzle für Kleinkinder hervor. Ein harmloses Puzzle als Sicherheitsrisiko? „Klar“, erklärt er. „Hier prüfen wir, ob sich Farbe lösen kann.“

Nicht selten sind es die Hersteller selbst, die den Auftrag zur Produktprüfung vergeben. „Wir checken oft auch Muster oder Prototypen, die noch gar nicht auf dem Markt sind“, berichtet Pressesprecher Rainer Weiskirchen. Weitere Kunden sind Handelsunternehmen und Verbraucherschutz-Organisationen wie etwa die Stiftung Warentest. Und manchmal führen die TÜV-Leute Untersuchungen auf eigene Faust durch – etwa wenn ein Produkt Negativ-Schlagzeilen gemacht hat.

Jetzt legt Weiskirchen selbst Hand an, steckt den Pandabären in eine Vorrichtung. Und zündelt. Schon leckt die Flamme am Fell. Für exakt drei Sekunden. Es kokelt und riecht nach verschmortem Kunststoff. Doch das Plüschtier ging nicht schlagartig in Flammen auf, der Brand hat sich nicht mehr als neun Zentimeter nach oben gefressen.

Damit ist auch der dritte und letzte Test bestanden. Der Kandidat sieht erbärmlich aus, ist angesengt und hat nur ein Ohr. Doch die 2.000 bis 3.000 Euro, die der TÜV für so eine Quälerei in Rechnung stellt, haben sich gelohnt. Jetzt dürfen an solchen Pandas die begehrten Prüfzeichen prangen.

Das bedeuten die Kennzeichnungen

Das Zeichen „Geprüfte Sicherheit“ (GS) gewährleistet, dass die technischen Anforderungen an die Sicherheit eines Produkts erfüllt sind und getestet wurden – durch ein unabhängiges Prüfunternehmen, etwa den TÜV.

Das ENEC-Zeichen wird speziell für elektrische Produkte vergeben, die die europäischen Sicherheitsnormen erfüllen. Die Nummer zeigt das Prüf-Institut, die 24 steht für den TÜV Rheinland.

Mit der CE-Kennzeichnung garantiert der Hersteller lediglich, dass er die gesetzlichen Vorgaben einhält. Für die allermeisten dieser Produkte (etwa Spielzeug oder Brillen) ist keine unabhängige Prüfung erforderlich.

Außerdem gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Prüfzeichen – wie etwa „schadstoffgeprüft“.