Freiburg. Im Sommer geht es in deutschen Gärten heiß her: Mehr als zwei Drittel der Deutschen brutzeln Würstchen, Rippchen und Steaks auf dem Rost. So war das bisher! Und jetzt?
Neuerdings reicht die rauchige Barbecue-Romantik am Grill nicht mehr. Da backt die frisch belegte Pizza im Ofen, im Wok gart das Gemüse – alles draußen. Die Gäste sitzen dabei, während der Hobby-Koch das Menü kredenzt. Eine Küche im Garten: Das ist der neueste Trend im heimischen Grün. Erst wurden die Grills größer, die ausgeklappte Arbeitsfläche breiter. Jetzt ziehen die Küchengeräte ins Freie.
Es sind besonders Männer, die diesen Trend stützen. „Sie inszenieren sich im Garten als Herr des Feuers“, sagt der Freiburger Soziologe Sacha Szabo. Er hat sich intensiv mit der Grillleidenschaft der Deutschen beschäftigt.
800 Euro kosten Module aus Holz und Metall
Manche wollen sich die Küche gleich selbst bauen. Dafür reicht schon etwas handwerkliches Geschick und ein Besuch im Baumarkt. Ab 800 Euro gibt es dort robuste Module aus Holz oder Metall, aus denen sich Küchenzeilen zusammensetzen lassen. Mit Europaletten, Leichtbetonsteinen oder Gipskarton werden um den Grill herum Arbeitsfläche, Kochplatte oder Spüle integriert. „Andere hingegen lassen alles planen“, sagt Tobias Nägele von Gardelino in Rheinstetten (Baden-Württemberg), einem Anbieter von Outdoor-Zubehör: Küchenblock, Gasgrill, Spüle – manchmal zum Preis eines Kleinwagens.
Das kulinarische Outdoor-Vergnügen lässt in der Branche die Kassen klingen. Allein für Grillgeräte, Zubehör und Brennstoffe gaben die Deutschen laut dem Institut für Handelsforschung in Köln vergangenes Jahr 1,2 Milliarden Euro aus – 1,7 Prozent mehr als 2015. Erstmals wurde damit diese Umsatzmarke übertroffen.
„Und das mit einem Hobby, das überholte Rollenbilder wieder aufleben lässt“, sagt Soziologe Szabo: Der Mann teilt den Braten ein, die Frau wirkt im Verborgenen, schnibbelt Salate und mischt Marinaden. Da wirkt die Außenküche durchaus emanzipatorisch. Auch die Vorbereitung des Essens wird ja jetzt nach draußen verlegt. So können beide Geschlechter beim Kochen in der Außenküche kräftig Eindruck schinden.
„Hochwertige Nahrungsmittel werden fachkundig zubereitet. Grillgerät und Grillgut zeigen die soziale und ökonomische Stellung“, erklärt Szabo. Kurz gesagt: Man isst, was man ist. Alles live in Szene gesetzt.
Und am Ende entdecken Gäste wie Gastgeber womöglich noch die Leidenschaft fürs Open-Air-Abwaschen!