Bitterfeld/Wolfen. Bodo Schulze ist Geschäftsführer von Organica Feinchemie in Wolfen, Sachsen-Anhalt. „2014 haben wir 237 Tonnen Chemikalien exportiert“, sagt er. Jetzt muss er jede einzelne Substanz, von der das Unternehmen mehr als eine Tonne pro Jahr herstellt oder importiert, registrieren lassen – das kann jeweils bis zu 60.000 Euro kosten.

Grund ist das immer noch im Aufbau befindliche, in der „Reach“-Verordnung von 2007 festgelegte europäische Chemikalienrecht. Es sieht vor, die Verwendung und Produktion eines Stoffs sowie sein Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt penibel zu dokumentieren.

Organica ist Synthesespezialist. Das heißt: Produkte werden oft in drei, vier, fünf Schritten hergestellt. „Wir sind verpflichtet, jedes Zwischenprodukt zu registrieren, das aus einer Anlage entnommen wird“, erklärt Schulze. Obwohl diese Produkte das Werk nie verlassen, sondern kurze Zeit später verarbeitet werden.

„Wir sind nicht gegen die Registrierung von Chemieprodukten, im Gegenteil“, versichert Schulze. „Aber bei Synthese-Zwischenschritten ist das unnötig. Es erhöht nur unsere Produktionskosten, und das schlägt auf unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit durch.“

Seine Bedenken erläuterte der Geschäftsführer jetzt Jochen vom Brocke und Tiiu Bräutigam, zwei Wissenschaftlern von der EU-Chemikalienagentur Echa mit Sitz in Helsinki (Finnland). Derzeit informieren sich 20 Delegationen der Behörde bei europäischen Mittelständlern, um zu sehen, wie die Firmen mit dem neuen Regelwerk zurechtkommen. Alle schreiben Berichte, die zentral ausgewertet und der Leitung der Chemikalienagentur vorgelegt werden.

Echa-Mitarbeiter vom Brocke meinte nach der Werkführung: „Die Problematik vor Ort aus der Sicht eines Mittelständlers zu sehen, ist besser als die Beschreibungen im Registrierungsdossier.“ Bodo Schulze resümiert: „Es hat sich gezeigt, dass einige Problemlagen aus der Praxis bei der ECHA so noch nicht bekannt waren.“