Bamberg. Jedes sechste Paket landet kurz nach dem Versand schon wieder beim Online-Händler: zu eng der Rock, zu kurz die Hose, falsch die Farbe der Handy-Tasche. Also schicken Online-Shopper den Artikel zurück. Innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware ist eine Retoure ohne Begründung rechtlich völlig okay.

Jetzt wird um die Rücksendungen heftig gestritten. Denn manche Artikel werden von Zalando, Otto, Amazon und Co. vernichtet. Umweltministerin Svenja Schulze will deshalb per Gesetz „sehr klar“ vorschreiben, „wie mit den Retouren umzugehen ist“. Der Branchenverband E-Commerce (BEVH) hält das für „Unfug“. Präsident Gero Furchheim: „Kein Unternehmen hat ein Interesse, wirtschaftlich verwertbare Ware wegzuwerfen oder zu vernichten.“

Jeder zurückgeschickte Artikel kostet die Versandhändler 11 Euro

Fakt ist: 280 Millionen Pakete gingen hierzulande letztes Jahr auf die Rückreise. Und mit ihnen 487 Millionen Artikel. So schätzen es Forscher der Uni Bamberg, die bei Branchenexperten regelmäßig wichtige Kennziffern zu Retouren erheben.

Diese Zahlen belegen: Der weit überwiegende Teil dieser Retouren wird wieder verkauft – 79 Prozent als einwandfreie A-Ware und 13 Prozent (etwa wegen leichter Gebrauchsspuren) als preiswerte B-Ware. Insgesamt gehen also über 90 Prozent zurück in den Handel.

Ein kleiner Teil wird an Verwerterunternehmen veräußert. All das passiert schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, denn ein Retourenartikel kostet die Händler im Schnitt 11 Euro für Transport und Bearbeitung.

Online-Handel legte letztes Jahr auf 63,4 Milliarden Euro zu

Einige Waren spenden sie an gemeinnützige Organisationen. Nur 3,9 Prozent entsorgen oder vernichten die Händler. Das Problem sei aufgebauscht, findet Professor Gerrit Heinemann, Experte für E-Commerce an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Mitunter gehe es nicht anders. „Wenn Kleidung von Schädlingen befallen ist, muss man sie entsorgen.“

Übrigens: „Am häufigsten werden Kleider und Schuhe zurückgeschickt“, berichtet Heinemann. „Bei den Online-Modehändlern gehört das zum Geschäftsmodell. Im Kaufhaus oder in der Boutique probieren Sie eine Jeans ja auch erst an. Und hängen sie wieder zurück, wenn sie nicht gefällt.“

Am höchsten liege die Rücksendequote mit 75 Prozent bei der Damenkleidung. Bei den meisten Produkten wie etwa Elektronik sei sie einstellig. Sicher aber werden Retouren weiter zunehmen. Denn der Online-Handel wächst. Letztes Jahr legte er um 9 Prozent auf 63,4 Milliarden Euro zu.