Tuttlingen. Ziele im Leben sind für ihn wichtig. Mit dieser Einstellung hat es Georg Hettich auf das olympische Treppchen geschafft. Heute setzt er seine Kraft für den medizinischen Fortschritt ein und forscht beim Medizintechnik-Hersteller Aesculap an Hüftprothesen.
„Im Leistungssport habe ich gelernt, an meinem Ziel festzuhalten, auch wenn sich der Erfolg nicht sofort einstellt“, sagt er. Bei den olympischen Winterspielen in Turin 2006 hielt der gebürtige Schwarzwälder alle drei Medaillen in den Händen: Gold und Bronze im Einzel-, Silber im Teamwettbewerb – sein größter Erfolg als Spitzensportler in der nordischen Kombination, bestehend aus Skispringen und Langlaufen. Nach 15 Jahren Leistungssport schloss er nach den Spielen im kanadischen Vancouver 2010 damit ab. Was nun?
Der Wechsel in ein ganz normales Berufsleben klappte bei ihm nahtlos. Denn Georg Hettich studierte schon neben dem Leistungssport Medizintechnik und schrieb danach seine Promotion. Seit knapp zwei Jahren arbeitet der 38-Jährige bei dem Spezialisten Aesculap in Tuttlingen.
Fast jeder zehnte der 3.600 Mitarbeiter hier forscht und entwickelt neue Produkte für den medizinischen Fortschritt. Das ist so wichtig, weil unsere Gesellschaft immer älter wird. Mit moderner Medizin bleiben die Menschen länger selbstständig.
Dazu tragen Gelenkprothesen bei, die bei Aesculap entstehen. Hettich arbeitet in der Vorentwicklung. „Künstliche Hüftgelenke werden aufgrund der höheren Lebenserwartung und des deutlich aktiveren Lebensstils der Patienten immer häufiger erneuert“, erklärt er. Konnte früher eine 60-jährige Frau ihre implantierte Hüfte oft bis ans Lebensende tragen, so wird sie heute teilweise mehrmals ausgetauscht. „Die Qualität wird zwar laufend besser, aber die Gelenke werden auch immer mehr beansprucht“, erklärt der Medizintechnik-Ingenieur. Joggen, Rad fahren oder tanzen, das ist alles auch mit Prothese möglich.
Durch die Abnutzung und die Revisionsoperation kann auch Knochenmasse verloren gehen. „Es wird dann immer schwieriger, ein neues Gelenk einzusetzen.“ Hettich forscht deshalb an einem Material, das Knochen nachwachsen lässt. Wann das wohl so weit ist? Hettich lacht bei dieser Frage. „Das ist noch Zukunftsmusik“, sagt er. Dafür braucht es den langen Atem des Olympioniken: „Wer es an die Spitze schaffen will, braucht Ausdauer, Fleiß und Freude.“ In der Forschung wie im Spitzensport.
Ihm war früh bewusst, dass der Sport nicht auf Dauer sein Lebensinhalt sein kann. Deshalb hat er schon studiert, als er noch für Olympia trainierte: „Das war damals ungewöhnlich, hat jedoch super funktioniert.“ In den Sommersemestern büffelte Hettich an der Fachhochschule in Schwenningen, im Winter war er im Trainingscamp und bei den Wettkämpfen. Danach war sein neues Ziel das Unternehmen Aesculap. „Weil die Firma sehr aktiv in der Forschung und Entwicklung ist.“
Manchmal fährt er nach Schonach im Schwarzwald, wo er mit dem Skitraining begann. Dort begrüßen ihn noch heute an der Ortseinfahrt riesige Plakate, auf denen er als Olympiasieger zu sehen ist. „Lange her, aber immer noch schön“, findet Hettich.
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich war schon immer ein Technik-Fan, außerdem faszinierte mich der menschliche Körper. Die Kombination von beidem war deshalb ideal für mich.
Was reizt Sie am meisten?
Dass man etwas entwickeln kann, um ein konkretes Problem zu lösen – und so die Situation vieler Menschen zu verbessern. Außerdem die Eigenverantwortung.
Worauf kommt es an?
Mit Ausdauer und Freude auf ein Ziel hinarbeiten und sich nicht von Rückschlägen irritieren lassen.