Pflanzliche Nahrungsmittel werden in Deutschland immer beliebter: Schon jetzt lehnen rund 10 Prozent der Bevölkerung den Verzehr von Fleisch ab, so Sebastian Joy, Geschäftsführer des Vegetarierbunds Deutschland. Gut 900.000 ernähren sich vegan – meiden also alle tierischen Produkte, etwa auch Eier, Milch und Käse. Auch Gläubige wie Muslime oder Juden verzichten auf Schwein.
Aber: Wer weiß schon so genau, was in Form von Aromen und anderen Hilfsstoffen in unseren Lebensmitteln steckt? Da gibt es tierische Überraschungen! Und die zeigen wir Ihnen im Folgenden:
Obst
Veganer beißen besser nicht gleich in jeden Apfel, denn: Wenn er schön glänzt, kann Bienenwachs der Grund dafür sein. Das Oberflächenbehandlungsmittel trägt die europäische Zulassungsnummer E901. Auch anderes Obst wie Birnen, Pfirsiche, Melonen und Zitrusfrüchte werden gelegentlich mit Bienenwachs überzogen. Es verhindert den Verlust von Feuchtigkeit durch die Schale. Und die Früchte werden nicht so schnell schrumpelig.
Für diesen Zweck ist auch Schellack (E904) zugelassen, der aus der Ausscheidung der Gummischild-Lacklaus gewonnen wird. Auch Bananen haben mit Tieren zu tun: Man besprüht die grün gepflückte Frucht häufig mit einem Pflanzenschutzmittel, einem antibakteriellen Biopolymer. Dessen Wirkstoff Chitin wird aus den Schalen von Garnelen und anderen Krebstieren gewonnen. Der nicht deklarationspflichtige Lebensmittelzusatz optimiert den Reifungsprozess und verhindert, dass sich dunkle Flecken auf der Schale bilden. So bleibt die Banane fast 14 Tage lang appetitlich gelb.
Kaffee
Ja, es gibt exotische Kaffeesorten, die vor dem Verzehr von Elefanten oder Wildkatzen verdaut werden müssen. Aber darum geht es hier nicht: Alle Kaffeebohnen dürfen generell mit Bienenwachs überzogen werden, so der Bundesverband „Die Verbraucher-Initiative“. Der Vorgang glättet die Oberfläche und erleichtert die Verarbeitung.
Laut EU-Zusatzstoffverordnung ist für Kaffee neben Bienenwachs (E901) auch der Schellack aus den Ausscheidungen der Gummischild-Lacklaus (E904) erlaubt. In Deutschland gebräuchliche Kaffeesorten sind in der Regel aber mit rein pflanzlichen Wachsen behandelt. Der Verarbeitungshilfsstoff wird dem Kaffee vor dem Rösten zugesetzt und ist später kaum noch vorhanden.
Rote Süßwaren
Rote Lebensmittel sollten Veganern und Vegetariern eine Warnung sein: Hinter der Nummer E120 auf der Liste der Zutaten verbirgt sich oft ein farbiger Lebensmittelzusatzstoff, der aus Schildläusen hergestellt wird. Er kann zum Beispiel in roten Getränken stecken wie Orangenlimonade oder fruchtig-bitterem Likör, in rotem Weingummi, Bonbons, roter Eiscreme oder Marmelade. Der Farbstoff ist bei Produzenten beliebt, da er lichtbeständig ist und Hitze sowie Fruchtsäuren aushält. Grundlage für die organische rote Farbe ist ein Pulver (Karmin, Cochenille), das man aus speziellen Läusen herstellt – die werden dafür getrocknet und gemahlen. Doch auch wenn’s echt eklig klingt: Gesundheitsschädlich ist der Läusefarbstoff nicht.
Tipp: Auch bei nicht-roten Gummibärchen, Lakritz oder Schaumwaffeln sollten Vegetarier nicht zugreifen. Sie enthalten meist Gelatine, die aus dem Bindegewebe von Rindern und Schweinen gewonnen wird. Diese Zutat muss aber immer auf der Packung stehen.
Fruchtsaft
Gleich zwei tierische Stoffe können sich in Säften wie Orangen- oder Multivitaminsaft verstecken. Erstens: Auf der Verpackung sind als Inhaltsstoffe manchmal Omega-3-Fettsäuren angegeben. Sie sollen gut fürs Herz sein. Diese zugesetzten Fettsäuren stammen von Fischen.
Zweitens: Um Aussehen, Geruch und Geschmack der Getränke zu optimieren, kommt häufig tierische Gelatine zum Einsatz. Man benötigt sie etwa zum Klären von Trübstoffen, auch bei Apfel-, Trauben- oder Tomatensaft. Die Gelatine verbindet sich mit den Schwebstoffen im Saft. Die flocken aus und werden zusammen mit der Gelatine wieder herausgenommen – und schwupps wird aus dem trübem ein klarer Saft. Am Ende des Prozesses wird die Gelatine samt Trübstoffen aber entfernt und ist nicht mehr im Saft enthalten. Laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung muss sie dann auch nicht mehr auf dem Etikett angegeben werden.
Wein und Bier
Bier und Wein, das lass’ sein – müsste sich der strenge Veganer auf die Fahne schreiben. Denn damit die Getränke auch nach längerer Lagerung schön klar bleiben, werden Schwebeteilchen mit „tierischer Hilfe“ herausgefiltert. Um zum Beispiel die Hefe aus Bier herauszufiltern, kommt eine Fischblase zum Einsatz. Als sogenanntes Klärmittel nutzt man die getrocknete Schwimmblase des Hausen, Stör oder Wels.
Bei Wein kommt vorrangig tierische Gelatine um Einsatz. Nach dem Filtern bleibt aber nichts davon im Getränk zurück. Winzer nennen diesen Vorgang übrigens „Schönung des Weins“. Manche Winzer klären jedoch auch mit Kiesel- oder Mineralerde. Da alle diese Mittel nach dem Produktionsprozess wieder rauskommen, finden sie sich nicht auf der Inhaltsangabe.
Gemüsefonds und Tomatensuppe
Suppenköche aufgepasst: Wer sich eine leckere Gemüsebrühe fix und fertig im Supermarkt kauft, sollte die Zutatenliste genau studieren. Denn manchmal ist die angeblich rein pflanzliche Mixtur für die vegane Ernährung nicht geeignet. Sie kann Molkepulver, Eiklar oder Hühnereiweiß enthalten.
Die Instant-Gemüsebrühe kann außerdem Aromastoffe aus Rinderfett oder Molke aufweisen. Ebenso wachsam sollte man beim Einkauf von Instant-Tomatencremesuppe sein: Tütensuppen enthalten neben Mehl, Hefeextrakt und Aroma auch gerne mal Speck als Zutat – das steht dann aber im Kleingedruckten.
Rotkohl
Apfelrotkohl – das klingt so richtig nach einem pflanzlichen Leckerbissen. Doch beim Griff in die Tiefkühltruhe sollte man aufpassen! Denn in vielen frostigen Sorten versteckt sich – im wahrsten Sinne des Wortes – eine kleine Schweinerei: Schweinespeck oder Schweineschmalz, die als Geschmacksträger dienen.
Das wird zwar auf der Zutatenliste des beliebten Krauts angegeben. Aber wer liest schon immer das Kleingedruckte auf der vereisten Packung? Rotkohl im Glas oder in der Dose kann ebenfalls tierische Zutaten wie Schweine- oder Gänseschmalz beinhalten. Hier fällt es aber schon eher ins Auge.
Brot, Brezeln & Co.
Backe, backe Kuchen: Damit Teigwaren gut gelingen, wird für Plätzchen, Brot und Brötchen neben Mehl, Hefe und Wasser auch Aminosäure L-Cystein (E920) verwendet. Das Mehlbehandlungsmittel macht Backwaren voluminöser und den Teig elastischer und knetfähiger. Es kommt in Tierhaaren, Menschenhaaren, Horn und Federn vor – und wird auch daraus gewonnen. Es lässt sich jedoch auch im Labor aus Bakterien herstellen. Der Einsatz von Aminosäure L-Cystein aus Menschenhaaren, wie er in China noch üblich ist, wurde hier durch eine EU-Richtlinie seit April 2001 untersagt.
Tipp: Brezeln werden traditionell mit Schweineschmalz hergestellt. Es gilt als hochwertiges, naturbelassenes Fett ohne künstliche Aromastoffe. Viele Bäcker verwenden mit Rücksicht auf Muslime aber auch Pflanzenfett für Brezeln. Am besten beim Bäcker nachfragen, wenn man sichergehen will.
Milchprodukte samt Käse
Wenn’s smooth und cremig ist, ist oft Gelatine im Spiel. Das Verdickungsmittel wird überwiegend aus Bindegewebe von Schwein und Rind gewonnen – und kommt als Trägerstoff für Vitamine, Farbstoffe und Aromen in vielen Milchprodukten wie Quark, Frischkäse, klassischen Camembert, Pudding und Joghurt vor – hier besonders gerne in kalorienarmen Varianten. Es muss auf der Zutatenliste angegeben werden.
Und beim Käse? Viele Sorten enthalten das Enzymgemisch Lab, das aus Kalbsmägen gewonnen wird. Die muss man dazu in kleine Stücke schneiden und auskochen. Besonders trifft das für Parmesan zu – womit leider für strenge Veganer auch Folgeprodukte wie Pesto nicht mehr den Anforderungen genügen. Wer das vermeiden möchte, sollte auf den Hinweis achten, dass das Produkt mit mikrobiellen oder pflanzlichen Labaustauschstoffen hergestellt wurde.
Schokolade
Für Vegetarier ist Schokolade in Ordnung. Der Veganer aber sollte selbst bei pflanzlichen Varianten Verzicht üben: Denn in vielen Sorten steckt für Schmelz und Geschmack Milchzucker (Laktose), ein natürlicher Bestandteil der Milch. Oder auch Butterreinfett.
Manche Produkte wie Schokoladenkugeln haben außerdem einen Überzug, damit die Süßigkeit nicht in der Hand schmilzt und sie vor hohen Temperaturen oder Feuchtigkeit geschützt ist. Dazu wird gerne Schellack eingesetzt, der aus Ausscheidungen der Lackschildlaus hergestellt wird.
Pflanzliche Öle und Speisefette
Rein pflanzliche Fette? Da heißt es aufgepasst: Öle und Speisefette enthalten oft Vitamin D (Cholecalciferol). Das trägt zur Festigung der Knochen bei und wird vom Menschen mithilfe des Sonnenlichts zum Teil selbst gebildet.
In zugesetzter Form stammt es meist vom Tier: Es wird aus dem weißen Wollfett (Lanolin) der Schafswolle durch UVB-Belichtung gewonnen. Für spezielle vegane Produkte wird das Vitamin D jedoch aus bestimmten Speisepilzen gewonnen, die ebenfalls belichtet werden.
Frühstücksflocken
Wie hält eigentlich der Zucker an süßen Frühstücksflocken? Dabei hilft Gelatine, die aus dem Bindegewebe von Rindern und Schweinen hergestellt wird. Sie sorgt dafür, dass Zucker an den Cerealien kleben bleibt. Manche Hersteller nutzen das tierische Produkt aber auch, um die jeweiligen Flocken zum Glänzen zu bringen.
Tipp für jeden, der tierische Bestandteile in seiner Nahrung komplett ausschließen will:
Das sogenannte V-Label, ein international geschütztes Gütesiegel, hilft bei der Orientierung. Verschiedene Organisationen wie Peta oder die Verbraucherzentrale Hamburg haben verschiedene Lebensmittel zudem geprüft und bewertet.