München. Mehr zeitliche Flexibilität für die Betriebe und die Beschäftigten: Das war auch schon in historischen Tarifrunden immer wieder ein wichtiges Thema. Daher wurde zum Beispiel vor mehr als einem Vierteljahrhundert die sogenannte 13-Prozent-Quote ins Regelwerk der bayerischen Metall- und Elektroindustrie geschrieben.

Seitdem können nach Tarif bezahlte Mitarbeiter einzelvertraglich Wochenarbeitszeiten bis zu 40 Stunden vereinbaren, natürlich für entsprechend mehr Entgelt. Aber das dürfen eben nicht alle nutzen – sondern nur bis zu 13 Prozent der Belegschaft.

1. Wo kommt die Quote her?

Sie ist ein Ergebnis einer sehr langwierigen Tarifrunde. Wir schreiben das Jahr 1990 – das Jahr, in dem die DDR der Bundesrepublik beitritt. Die IG Metall will die tarifliche Wochenarbeitszeit von 37 Stunden unbedingt weiter verkürzen. Die Arbeitgeber gehen diesen Weg schließlich mit – wenn auch mit großem Vorlauf. Bis Herbst 1995 wird schrittweise die 35-Stunden-Woche eingeführt. Als teilweiser Ausgleich wird aber sofort die Flexibilität des Arbeitsvolumens gesteigert, unter anderem durch eine Ausnahmeregelung: die Quote. In der Tarifrunde 1994 wird diese „40er-Regelung“ dann noch verbessert und präzisiert.

2. Wie wird da genau gerechnet?

Das zeigt ein Beispiel: ein tarifgebundener 1.000-Mann-Betrieb. 13 Prozent der Belegschaft ergibt 130 Personen, also dürfen 130 Tarifbeschäftigte mehr arbeiten, wenn sie das wollen. Mal angenommen, diese Firma hat insgesamt 100 außertariflich bezahlte Kräfte und leitende Angestellte: Dann kann sie mit insgesamt 230 Leistungsträgern Arbeitszeiten jenseits der 35 Stunden vereinbaren.

In manchen Spezialfällen ist die Quote höher. Zum Beispiel, wenn ein Betrieb mindestens die Hälfte seiner Belegschaft in Entgeltgruppe 10 oder höher eingruppiert hat – was aber in der Praxis sehr selten vorkommt.

3. Welche Regeln gelten außerdem?

Grundsätzlich muss der Beschäftigte selbst mehr ranklotzen wollen. Lehnt ein gefragter Mitarbeiter die ihm angebotene verlängerte Arbeitszeit ab, darf ihm daraus kein Nachteil entstehen. Stimmt er zu, gilt die individuelle Vereinbarung im Prinzip unbefristet.

Aber: Die Firma wie auch der Betroffene selbst dürfen jeweils einseitig zur 35-Stunden-Woche zurückkehren! Das muss nur drei Monate zuvor angekündigt werden. Damit kann zum Beispiel auf einen sinkenden Auftragseingang reagiert werden. Dem Betriebsrat wird regelmäßig mitgeteilt, mit welchem Prozentsatz der Tarifbeschäftigten eine höhere Arbeitszeit vereinbart ist.

4. Ist die Quote noch zeitgemäß?

Nein. Die Erfahrung zeigt, dass sie ziemlich oft nicht für die betriebliche Praxis passt. Das gilt besonders für Unternehmen mit überdurchschnittlich vielen Kräften in Forschung und Entwicklung oder im IT-Bereich. Und so mancher junge Ingenieur will eben mehr verdienen (und nicht früher zu Hause sein): Personaler machen die Erfahrung, dass solche Bewerber Verträge mit weniger als 40 Stunden pro Woche gar nicht erst unterschreiben.

5. Was fordert die Wirtschaft?

Die 13-Prozent-Quote sollte abgeschafft werden, erklärt der Arbeitgeberverband vbm – und sie sollte möglichst ersetzt werden durch einen flexibleren Arbeitszeitkorridor: Jeder einzelne Beschäftigte soll sich mit dem Betrieb auf einen Einsatz zwischen 30 und 40 Stunden wöchentlich einigen dürfen. „Dies muss jedoch auf beiderseitiger Freiwilligkeit beruhen – und dem Arbeitgeber die Möglichkeit lassen, bei betrieblicher Notwendigkeit den Vertrag auf 35 Stunden zurückzuführen“, so der vbm, „Ankerpunkt bleibt also die 35-Stunden-Woche.“

Theoretisch müsste die Gewerkschaft IG Metall da sofort zustimmen – schließlich fordert sie ja selbst ausdrücklich „mehr Zeitsouveränität“ für die Beschäftigten.

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