Wer aus östlicher Richtung nach Diepholz hineinfährt, erkennt schon von Weitem die leuchtend orangefarbene Tunnellokomotive inmitten des Kreisverkehrs. Ihre Botschaft: Hier ist der Weltmarktführer für Spezial-Lokomotiven zu Hause. Ob Gotthard-Tunnel, Stuttgart 21 oder die Erweiterung der Metronetze in Bangkok oder Sao Paulo – immer waren und sind Fahrzeuge von Schöma dabei. Darauf ist man hier in Diepholz mächtig stolz.

Doch beinahe hätte die Stadt ihr Vorzeigeunternehmen verloren. Die Firma rutschte in die Krise, später sogar in die Insolvenz. Und lange fand sich niemand, der den in dritter Generation geführten Familienbetrieb übernehmen wollte. Dann kam Anfang 2025 die erlösende Nachricht: Die Investorensuche war erfolgreich – und rund 90 Beschäftigte behalten ihre Jobs. Neue Inhaber der Firma, die nun Schöma Lokomotiven GmbH heißt, sind private Investoren mit viel Erfahrung im internationalen Geschäft. Die Auslandsorientierung der neuen Inhaber könnte für die Weiterentwicklung des Betriebs Gold wert sein: Die Exportquote des Unternehmens liegt heute schon bei 93 Prozent.

Dass Spezialfahrzeuge aus Diepholz heute von Tunnelbauern auf der ganzen Welt genutzt werden, hätte sich der Gründer Christoph Schöttler – nach dem die Schöttler Maschinenfabrik, kurz Schöma, benannt ist – wohl nicht träumen lassen. Ab 1930 stellte der Betrieb zunächst Schrotmühlen her, schwenkte später auf Feldbahn-Lokomotiven um. In den 50ern produzierte Schöma erste Rangierlokomotiven und Sonderfahrzeuge.

Fahrzeuge für Tunnel und Minen sind das Kerngeschäft

Funfact: Die knallgelben Schienenfahrzeuge von damals sind bis heute im Einsatz – obwohl seit 1974 kein neues mehr ausgeliefert wurde! „Der Grund dafür sind veränderte Anforderungen im Schienennetz“, erklärt Schöma-Produktionsleiter Volker Schliep. Ihr Alter sehe man den Fahrzeugen dennoch nicht an: „Sie werden bei uns regelmäßig gewartet und runderneuert“, sagt Schliep. Und demnächst wohl endlich ersetzt: Schöma arbeitet gerade an der Entwicklung innovativer Lokomotiven für die Schienenwartung.

Das Projekt ist Teil der Wachstumsstrategie, die das neue Investorenpaar zusammen mit Führungskräften erarbeitet hat. „Um zu wachsen, müssen wir uns auf unsere Kernkompetenzen fokussieren“, erklärt eine der Investorinnen. Die liegen neben dem Bau von Rangierloks und Instandhaltungsfahrzeugen auf Tunnel- und Minen-Lokomotiven. Letztere bilden mit fast 80 Prozent den Löwenanteil am Umsatz.

Nachhaltige Produktion: Viele Loks kehren nach Diepholz zurück

Nicht nur Produktion, Service und Runderneuerung werden von den Niedersachsen übernommen. Viele Fahrzeuge kehren nach erfolgreichem Einsatz auch nach Diepholz zurück. „Wir kaufen diese Lokomotiven zurück, unterziehen sie einer Generalüberholung und bringen sie zurück in den Markt“, erklärt Produktionsleiter Schliep.

Auch in Sachen Personal will die Firma Verlorenes zurückgewinnen: Schöma sei früher das Synonym für eine Qualitätsausbildung gewesen, sagt Schliep. Doch in der Krise wurden Stellen abgebaut, die Ausbildung zurückgefahren. Den letzten Azubi gab es 2022. Nun wolle man wieder durchstarten, sagt die neue Investorin: „Wir brauchen Nachwuchskräfte, um die Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben.“

Zum Unternehmen

  • Die Schöma Lokomotiven GmbH wurde als Christoph Schöttler Maschinenfabrik 1930 gegründet.
  • Seither hat die Firma mehr als 7.350 Lokomotiven und Schienenfahrzeuge produziert.
  • Viele davon wirkten im Wortsinn völkerverbindend: etwa die 120 Loks, die den Abraum für den Bau des Eurotunnels abtransportiert haben.
  • Auch beim Tunnelbau unter dem Brenner-Pass und bei der Erweiterung der New Yorker Metro waren Schöma-Fahrzeuge im Einsatz.