Aachen. Auf einem tonnenschweren, schwarz schimmernden Granitblock liegt ein Ungetüm aus Stahl. Fünf Meter lang, auf Hochglanz poliert. Eine Kurbelwelle. „Die wird das Herzstück des Antriebs in einem Kolbenkompressor“, sagt Willi Schneiders und streicht sanft übers Metall, während er mit einem elektronischen Messgerät prüft, ob das Stahlteil auch wirklich perfekt ist. Präzision ist alles beim Maschinenbauer Neuman & Esser – einem Familienunternehmen mit Sitz in Übach-Palenberg bei Aachen.
Inhabergeführte Betriebe wie der Kompressoren-Produzent erwirtschafteten im letzten Jahr bundesweit 1,5 Billionen Euro. Das sind 1.500.000.000.000 Euro, was der Wirtschaftskraft von Spanien und Schweden zusammen entspricht. Unter diesen Firmen finden sich zahlreiche Großunternehmen – wie BMW, Aldi, Metro und Bertelsmann.
Auch Neuman & Esser ist ein Schwergewicht. Die Firma hat 1.000 Mitarbeiter. Ihre Kolbenkompressoren kommen überall zum Einsatz, wo Gase zur Erzeugung von hohem Druck verdichtet werden, wie in der Chemie-Industrie und in Raffinerien. Im Prinzip handelt es sich um eine über 100 Jahre alte Technik.
Das gilt auch für die Pendelmühle, die zur Zerkleinerung von Mineralien, Nahrungsmitteln oder chemischen Produkten dient – das zweite Standbein. „Es ist nicht einfach, da noch etwas Neues zu entdecken“, sagt Alexander Peters, der das Unternehmen seit knapp zehn Jahren gemeinsam mit seiner Schwester Stefanie führt.
Aber es geht, und es muss gehen. „Hohe Qualität und Technologieführerschaft sind die einzige Strategie, die man fahren kann, wenn man so etwas in Deutschland macht“, sagt Peters.
Deshalb arbeiten die Entwickler vor allem an der Haltbarkeit und Zuverlässigkeit der Produkte. Die Industriekunden erwarten, dass ein Kolbenkompressor zwei bis drei Jahre läuft. Ohne Unterbrechung. Dazu braucht es äußerst robuste Verschleißteile, und deshalb hat Neuman & Esser ein spezielles Material für die Dichtungen selbst entwickelt – nach Geheimrezept natürlich.
Eine Kolbenstangendichtung hält bei extrem trockenen Gasen 3.000 Betriebsstunden. „Künftig können es sogar bis zu 8.000 Stunden sein, je nach Gas und Druckdifferenz“, erklärt Peters. Gerade erst hat die Firma auf einer Fachmesse eine neuartige Kolbenstange präsentiert, die dank ihres Kupferkerns Wärme schneller und gleichmäßiger ableiten und so für längere Haltbarkeit sorgen kann.
Firma fährt auf neuen Wasserstoffzug ab
Die Kolbenkompressoren machen 90 Prozent des Umsatzes aus. Und der Firmenchef sieht dafür weiterhin eine gute Zukunft.
Beispiel Wasserstoff: Ende 2017 kommt der weltweit erste Zug mit diesem Antrieb zum Einsatz, im deutschen Nahverkehr. Eine Brennstoffzelle gewinnt mithilfe von Wasserstoff Strom für Elektro-Motoren. Für diesen Antrieb braucht man Wasserstoff-Tankstellen. Und für die Betankung selbst wiederum extrem hohen Druck.
Gut für Neuman & Esser. Erst im letzten Jahr hat das Unternehmen die Firma Hofer in Mülheim an der Ruhr übernommen, die auf Maschinen zum Erzeugen von Hochdruck bis zu 5.000 Bar spezialisiert ist. Zum Vergleich: In einem Autoreifen sind es gerade mal etwa 2,5 Bar.