München. Ein Zeugnis für den Wirschaftsstandort Bayern: Das durften rund 1.000 Unternehmen ausstellen. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) hatte sie im Rahmen einer aktuellen Studie befragt, wie sie den Freistaat bewerten.
Das Fazit der Untersuchung, die zum vierten Mal stattfand, lautet fast einhellig: Wir würden es wieder tun! Nämlich die Firma an genau dem Standort bauen, an dem sie sich befindet.
Im Großen und Ganzen ist also alles paletti. Dennoch vergaben die Betriebe zwischen Coburg und Rosenheim nicht nur Spitzennoten. Mehr als 700 Einzelaspekte in sieben Themenfeldern hat die vbw abgefragt. Die Antworten zeigen: Es gibt noch was zu tun.
Gut läuft beispielsweise derzeit die Versorgung mit Rohstoffen. Lokalen Kooperationsunternehmen und Zulieferern bescheinigen die Firmen hohe Leistungsfähigkeit.
Flexibleres Arbeitsrecht und weniger Bürokratie
Schlechte Noten bekommen das Steuersystem, der bürokratische Aufwand etwa bei Dokumentationspflichten zum Mindestlohn und das starre Arbeitsrecht: Punkte, die auf Bundesebene gelöst werden müssen. Auch die Zusammenarbeit mit Behörden sowie der Fachkräftemangel bereiten Sorgen.
Dringenden Handlungsbedarf sehen die Betriebe vor allem in der Infrastruktur: etwa hochleistungsfähige Kommunikationsnetze für Industrie 4.0, die sowohl Mobilfunk als auch kabelgebundene Breitbandversorgung abdecken, sichere und bezahlbare Energie inklusive Stromspeicher sowie Gesundheitsversorgung auf dem Land.
Mittelfranken: Hier wird gut ausgebildet
Nürnberg. Mitten im Zentrum des Freistaats mit starkem Städteverbund aus Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach: Davon profitiert die Region. Schnell sind andere Ballungszentren erreichbar. Und die Region hat selber einiges zu bieten: Schließlich bilden Hochschulen wie die Universität Erlangen-Nürnberg (Foto)Spitzenkräfte aus. Entsprechend positiv bewerten die Unternehmen die Wissens- und Bildungsinfrastruktur. Als Forschungsregion nimmt Mittelfranken den zweiten Platz im Freistaat ein. Ein Pluspunkt ist, dass auch in wichtigen neuen Technologien geforscht wird. Davon profitieren die Branchenschwerpunkte Elektroindustrie sowie Maschinenbau. Mehr als ein Viertel aller Lieferungen und Leistungen beziehen die Mittelfranken aus dem Ausland. Großes Augenmerk haben sie daher auf die Straßenverkehrssituation.
Plus: wichtiger Forschungsstandort
Minus: viel Verkehr auf den Straßen
Niederbayern: Stark im Automobilbau
Passau. Vom strukturschwachen Regierungsbezirk zum erfolgreichen Wirtschaftsstandort: Niederbayern hat in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante Entwicklung hingelegt. Dazu hat nicht zuletzt das BMW-Werk in Dingolfing (Foto) beigetragen, das dieser Tage sein 50. Jubiläum feierte. Der Automobilhersteller und seine Zulieferer stehen für jeden zwölften Arbeitsplatz in der Region. Was Wohlstand und soziale Lage betrifft, schneiden die Niederbayern am besten von allen bayerischen Regionen ab. Trotz der hohen Industriedichte ist die Gegend bis heute ländlich geprägt geblieben. Das bringt auch Nachteile: Straßen- und Bahnnetz werden hier von den Unternehmen bayernweit am schlechtesten bewertet.
Plus: stabile soziale Lage
Minus: Fachkräftemangel aufgrund der Industrienachfrage
Oberbayern: Der Motor des Freistaats
München. International erfolgreiche Unternehmen, hohe Dichte an Fachkräften: Oberbayern mit der Metropole München ist ein wirtschaftliches Kraftzentrum. Bei fast allen ökonomischen Kennziffern liegt der Süden des Freistaats vorn. Die Betriebe profitieren vom guten Angebot an Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und IT-Fachkräften. Entsprechend hoch sind die Innovationsaktivitäten – und die Firmen besonders stark in wissensintensiven Dienstleistungen. Sie machen fast ein Drittel an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung aus. Die Boomregion hat auch Schattenseiten: Zum einen sind die Arbeitskosten hoch, zum anderen ist der Wohnraum knapp. Auch der Ruf etwa nach genügend Kita-Plätzen wird lauter, um im Fachkräfte-Wettbewerb zu bestehen.
Plus: gutes Innovationsumfeld
Minus: hohe Mietpreise erschweren die Wohnungssuche
Oberfranken: Industrie prägt die weitgehend ländliche Region
Coburg. Maschinenbau, Kunststoff-Industrie, Keramik-, Glas- und Textil- Erzeugnisse: Bayerns Nordosten ist stark industriell geprägt. Seit mehr als 140 Jahren ist etwa die Firma Netzsch in Selb ansässig. Die Holding mit den drei Geschäftsbereichen Analysieren und Prüfen, Mahlen und Dispergieren sowie Pumpen und Systeme beschäftigt mehr als 3.400 Mitarbeiter weltweit. Sie steht zum Standort und baut dort zurzeit eine hochmoderne, intelligente Produktionsstätte (Illustration) für die Anforderungen von Industrie 4.0. Geschäftsführer Hanns-Peter Ohl sieht aber auch Herausforderungen: „Um gute Fachkräfte anzuziehen, benötigen wir vor allem ein attraktives Umfeld.“ Schulen, Kita-Plätze, Freizeitangebote: Das sei da. Doch Städte und Wohnraum müssen auf den heutigen Stand gebracht werden, zeigt auch die Studie. Ebenso hinkt die Infrastruktur hinterher. Fehlende Ost-West-Verbindungen, unzureichendes Schienennetz, auf dem noch die Diesellok fährt: Der Handlungsbedarf ist groß.
Plus: leistungsfähiges Maschinenbauzentrum
Minus: unzureichend moderner Wohnraum
Oberpfalz: Viele wichtige Zulieferer
Regensburg. Die Oberpfalz nimmt eine wichtige Rolle innerhalb der internationalen Wertschöpfungskette ein. Fast jeder zweite Industriebeschäftigte arbeitet hier in der Zulieferindustrie. Dauerbrenner für die Unternehmen in der Region ist daher der anhaltende Mangel an Fachkräften, der sich durch den demografischen Wandel noch verstärkt. Die Betriebe bewerten diesen Faktor in der Standortstudie der vbw nur mit Schulnote 3,6. Dringend nötig ist aus ihrer Sicht der weitere Ausbau schneller und leistungsfähiger Breitbandnetze, die sie für den Datenaustausch mit ihren Geschäftspartnern und Kunden brauchen. Ein weiteres Anliegen der Unternehmensvertreter ist die Unterstützung vonseiten des Staats bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Plus: Produkte weltweit nachgefragt
Minus: unzureichender Breitbandausbau
Schwaben: Hoch hinaus mit Luftfahrt
Augsburg. Viel Fläche und gute Verkehrsinfrastruktur: Schwaben ist nach der Einwohnerzahl der zweitgrößte Regierungsbezirk Bayerns. Die Betriebe sind sehr zufrieden, schauen aber gern über den Tellerrand: Fast jede zweite Firma kooperiert mit dem Ausland. Das mag daran liegen, dass regionale Innovationsnetzwerke bislang wenig ausgeprägt sind. Gerade für die Luft- und Raumfahrt, die hier neben Maschinenbau ansässig ist, ist dies aber wichtig. Die Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH etwa steckt viel Geld in Forschung und Entwicklung. Die hochmodernen Flugsteuerungssysteme sind in Maschinen weltweit verbaut. Dem Standort bleibt man treu: Seit 2012 erweitert die Firma die Produktionsstätte.
Plus: dynamische Entwicklung einzelner Städte
Minus: Innovationsnetzwerke wenig ausgeprägt
Unterfranken: Gute Aussichten für Jobsuchende
Würzburg. Die wirtschaftlichen Schwerpunkte entland des Mains sind Schweinfurt, Würzburg, Aschaffenburg. Aufgrund der geografischen Lage sind die Wege zu den nächsten Ballungszentren in Unterfranken kurz. Und mit noch etwas glänzt die Region: Sie ist überdurchschnittlich gut mit Arbeitsplätzen versorgt und besitzt eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in ganz Bayern. Was dort jedoch dringend benötigt wird, sind Absolventen aus Technik und Naturwissenschaft. Die in der vbw-Studie befragten Unternehmen bewerten diese mit der Schulnote 3,1. Ein Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie die Bereitstellung von attraktivem und bezahlbarem Wohnraum könnte aus Sicht der Unternehmen helfen, die Alterung der Bevölkerung abzufedern und die Region für Nachwuchskräfte attraktiver zu machen.
Plus: gute Verbindung zu nahen Ballungszentren
Minus: Belastung durch alternde Bevölkerung