Michael Engelhardt handelt gern umweltbewusst – beruflich wie privat. Für die 30 Kilometer zur Arbeit ins Fürther Siemens-Werk schwingt sich der 36-jährige Wirtschaftsingenieur nach Möglichkeit auf sein Rad. Das macht er vor allem, um fit zu bleiben. Aber ein wenig Klimaschutz schadet natürlich nicht. „Alles fängt im Kleinen an“, sagt er. Und damit meint er auch die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele seiner Firma.
Insbesondere Siemens in Fürth ist da auf einem ausgezeichneten Weg. Und das ist wörtlich zu verstehen. Denn Anfang des Jahres wurde der Standort auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos mit dem Titel „Leuchtturm für Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet. Gewürdigt wurde dabei unter anderem, dass es gelungen ist, den Energieverbrauch sowie die CO2-Emissionen innerhalb von nur fünf Jahren jeweils um rund zwei Drittel zu senken.
„Das ist Teamleistung“, sagt Engelhardt. Er ist am Standort Fürth nicht nur Leiter der Gerätefertigung, sondern im Führungskreis auch „Pate“ für das Thema Nachhaltigkeit. Er koordiniert unter anderem alle Maßnahmen seiner Kollegen im Nachhaltigkeitsteam, fügt Aktivitäten zusammen und treibt die Kommunikation voran. Zusammen haben sie die Bewerbung für den Preis in Davos auf den Weg gebracht.
Michael Engelhardt: M+E ist mein Ding
- Dafür stehe ich morgens auf:
Meine Arbeit ist extrem vielfältig. Deswegen wird es nie langweilig. - Damit kenne ich mich aus:
Ich kann unterschiedlichste Perspektiven unter einen Hut bringen und eine ganze Mannschaft auf ein Ziel ausrichten. Zudem habe ich lange Zeit ganz eng mit Kunden zusammengearbeitet. So kenne ich auch deren Sicht. - Das ist bei uns echt gut:
Unser Standort ist extrem wandlungsfähig und kann sich anpassen. Wir sind sehr flexibel. Und immer wieder geschieht was Neues! Es bewegt sich was in die richtige Richtung. Ich darf das mitgestalten.
Als Anerkennung ein Preis aus Davos
„Mit unserem Engagement für Nachhaltigkeit wollen wir andere Standorte inspirieren“, sagt Engelhardt. „Und so ein Preis ist natürlich eine Wertschätzung für alle, die dazu beigetragen haben.“ Besonders freut ihn, dass es in Fürth gelungen ist, einen seit 1954 bestehenden alten Industriestandort erfolgreich zu modernisieren.
Engelhardt verbindet mit dem Fürther Werk viel. Als Kind der Region fing er dort vor 20 Jahren seine Ausbildung zum Elektroniker für Systeme und Geräte an. In einem speziellen Programm wurde er berufsbegleitend fürs Hochschulstudium qualifiziert. Das schloss er später als Wirtschaftsingenieur ab.
Den Kontakt zu Siemens hat er in dieser Zeit nie verloren. In den Semesterferien half er oft im Werk aus. Ein Praxissemester verbrachte er bei Siemens in China. Ein Mentor stand ihm immer zur Seite. Kein Wunder also, dass er nach dem Studium im Unternehmen anheuerte und in vielen Ländern und Funktionen Erfahrungen gesammelt hat. Seit knapp drei Jahren ist er nun wieder zurück. Seit Jahresbeginn leitet er die Gerätefertigung.
In Fürth werden vor allem Human Maschine Interfaces (HMI) hergestellt. Der Standort ist hier im Siemens-Verbund Leitwerk und beheimatet neben der Fertigung auch die Entwicklung. HMI-Bedienpanels sind die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Mit ihnen werden weltweit Industrieanlagen gesteuert.
Stickstoff gewinnt man nun selbst aus der Luft
Doch nicht nur bei diesem wichtigen Produkt übernimmt Fürth Führung, sondern eben auch beim Thema Nachhaltigkeit. So ist das Werk der erste Siemens-Standort, der den für die Fertigung nötigen Stickstoff selbst produziert. Er wird mithilfe eines Kompressors aus der Umgebungsluft gewonnen. Der benötigte Strom wird auf regenerative Weise ebenfalls selbst erzeugt – mit Solarpanels auf dem Dach. Durch die Eigenproduktion entfällt zugleich der sonst übliche Transport per Lkw.
Hinzu kommt: Bei der Herstellung selbst wird reichlich Wärme entwickelt. Sie nutzt man in Fürth für die Versorgung des Standorts mit Heizwärme und Warmwasser. Um effizienter zu produzieren, ließ Siemens 350 Energiezähler in den Fertigungslinien einbauen. Sie geben einen genauen Überblick, wann und wo wie viel Strom verbraucht wird. „Transparenz ist die Grundlage für Optimierung“, sagt er. Unregelmäßigkeiten kann man so genauso erkennen wie Stand-by-Verbräuche. Außerdem lässt sich die eingesetzte Energie einzelnen Produkten zuordnen.
Stromversorgung ist deutlich effizienter
In die Stromversorgung der Gerätefertigung wurde zudem ein sogenannter EPX-Filter integriert. Vereinfacht gesagt sorgt er für gleichmäßigeren Stromfluss. Das ändert zwar nichts am Stromverbrauch der Maschinen, führt aber dazu, dass die Fertigung 65.000 Kilowattstunden im Jahr weniger aus dem Stromnetz bezieht als vorher – und das bei einer Investition von rund 100.000 Euro. Die Maßnahme rechnet sich also schon innerhalb weniger Jahre. „Das ist eine neue Idee, die in anderen Werken Schule machen wird“, prognostiziert Engelhardt.
Das Unternehmen
- Siemens produziert in Fürth seit 1954. Aktuell sind dort rund 1.700 Menschen beschäftigt.
- Der Standort Fürth strebt an, schon bis zum Jahr 2026 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Das ist vier Jahre vor dem übergreifenden Unternehmensziel.
- 2023 wurde auf dem Parkhausdach auf 3.300 Quadratmetern eine Photovoltaik-Anlage mit 460 Kilowatt Peak-Leistung installiert, eine der größten bei Siemens-Bestandsgebäuden.

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.
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