Landsberg am Lech. Eine Plastikflasche voll Wasser. Mehr trug Mohammed O. nicht bei sich, als er nachts über die Grenze seiner Heimat Eritrea schlich: in den Sudan – der ersten Station auf seiner Flucht nach Europa. „Da waren viele Soldaten“, sagt der junge Mann. „Wenn sie dich finden, sperren sie dich ein.“ Seinen vollen Nachnamen mag er nicht nennen, aus Angst um seine Angehörigen zu Hause.
Jetzt ist er hier. Und hatte Glück. Mithilfe des Projekts „Integration durch Arbeit (IdA)“, das die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) mit der Bundesagentur für Arbeit und der Staatsregierung in Bayern aufgelegt hat, wagt er einen Neubeginn.
Seit Anfang 2014 ist Mohammed in Deutschland, seit Januar 2016 offiziell als Flüchtling anerkannt. Derzeit macht der 30-Jährige bei der iwis motorsysteme GmbH in Landsberg am Lech ein sogenanntes Qualifizierungsjahr. Es bereitet ihn auf die nächste Station vor: eine Ausbildung als Industriemechaniker in dem Unternehmen. Werkstatt und Azubis von iwis kennt Mohammed schon aus seinem Praktikum im IdA-Projekt.
Mit Sprachkursen, praktischen Lerneinheiten und Mitarbeit in Betrieben unterstützt das Integrationsprogramm Asylbewerber mit hoher Bleibeperspektive beim Einstieg in den Job. „Kümmerer“ des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft helfen auch bei Problemen im Alltag. Das Projekt hat Erfolg: 2016 wird die Teilnehmerzahl auf 1.000 aufgestockt.
„Mit Mohammed hat es von Anfang an gut geklappt“, sagt Matthias Filgertshofer, bei iwis Ausbilder für Metallberufe. „Wir haben schnell gemerkt, dass er sich mit Metall auskennt.“ In Eritrea war der Flüchtling Schweißer. Im IdA-Programm wurde er auf das Arbeiten in einem M+E-Betrieb vorbereitet. Filgertshofer: „Auch Fräsen und Bohren konnte er schon.“ Insgesamt machten bei iwis, einem Hersteller von Präzisionsketten und Antriebssystemen, vier Flüchtlinge ein Praktikum. Mohammed hat besonders überzeugt. „Man merkt, er will was lernen“, so sein Ausbilder
Ein Zurück gibt es für Mohammed O. nicht. In seiner Heimat müsste er um sein Leben fürchten. Eritrea am Horn von Afrika zählt zu den ärmsten Staaten der Welt. Dort herrscht ein brutales Regime, das Hunderttausende zum Arbeitsdienst zwingt. Auch Mohammed hatten sie geholt. Nach sechs Jahren beim Militär beschloss er, zu fliehen. Zwei Jahre und drei Monate war er unterwegs. Zu Fuß und auf Karren durchquerte er die libysche Wüste, schlief in Verstecken und jobbte – um die nächsten Schlepper bezahlen zu können.
In einem wackligen Kahn kam er mit rund 400 anderen übers Mittelmeer. „Wir waren einfach zu viele“, berichtet er von der gefährlichen Überfahrt. „Immer wieder kam Wasser ins Boot. Wir mussten schöpfen.“ Das Auffanglager in Zirndorf bei Nürnberg war seine erste Station in Deutschland, danach kam er in die Bayernkaserne in München.
Hier leiht er sich deutsche Bücher aus
Mohammed hielt durch. Lernte Deutsch in der Volkshochschule. „Das war sehr schwer“, sagt der Eritreer, der neben seiner Muttersprache Tigrinya nur etwas Arabisch und Englisch beherrschte. Heute besitzt er einen Ausweis für die Stadtbibliothek: „Dort leihe ich mir immer deutsche Bücher aus.“
Mit drei anderen Flüchtlingen teilt er sich ein Zimmer in einer Unterkunft. Helfer bringen regelmäßig Lebensmittel. Dann gibt’s Spaghetti, neben Fladenbrot mit Soße sein neues Leibgericht. Mohammed ist zufrieden: „Ich will hierbleiben“, sagt er „und mit ehrlicher Arbeit Geld zum Leben verdienen.“
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
In Eritrea habe ich nach der Schule eine Ausbildung als Schweißer gemacht. Sie dauerte ein Jahr. Hier in Deutschland möchte ich Industriemechaniker werden.
Was reizt Sie am meisten?
Ich mag das Arbeiten mit Metall. Und die modernen Maschinen hier. So etwas hatten wir in Afrika nicht.
Worauf kommt es an?
Man muss geschickt und sorgfältig sein. Und ganz genau arbeiten, zum Beispiel wenn man ein Gewinde schneidet.