Stephanskirchen/Köln. Rund 30 deutsche Bekleidungshersteller fordern für den Modehandel einen staatlichen Liquiditätsfonds von 850 Millionen Euro. Ziel ist es, die Lieferung der Herbst- und Winterkollektion über eine Brückenfinanzierung abzusichern, um den Warenfluss aufrechtzuerhalten.
Konkreter Plan: Die Zahlungen für die Begleichung der georderten Ware sollen erst ein halbes Jahr später rechtswirksam werden, um den Händlern in der aktuellen Situation finanziell Luft zu verschaffen. Verwaltung, Kontrolle und Rückzahlung des Geldes übernähme eine unabhängige Wirtschaftsprüfungskanzlei.
„Das soll kein Zuschuss von der Regierung sein“, betont Dieter Holzer, Geschäftsführer des Modeunternehmens Marc O’Polo mit Sitz im bayerischen Stephanskirchen, der zusammen mit anderen Bekleidern wie Brax, Falke oder Marc Cain die Idee entwickelt hat. Nach dem Plan übernimmt der Fonds 90 Prozent des Haftungsrisikos, 10 Prozent die Industrie.
Entgangener Umsatz ist nicht mehr aufzuholen
Hintergrund des Hilferufes ist die extrem schwierige Lage des Mode-Einzelhandels aufgrund der Ladenschließungen: „Jede Woche Schließung bedeutet Umsatzeinbußen von 890 Millionen Euro“, sagt Aurélien Duthoit, Branchenexperte beim Kreditversicherer Euler Hermes. Hinzu kommt, dass die jetzt in den Läden liegende Ware als „verderbliche“ Saisonware gilt: Hosen und Schuhe aus der Frühjahrskollektion können im Sommer kaum mehr verkauft, der verlorene Umsatz also nicht mehr aufgeholt werden.
Gerd-Oliver Seidensticker, Präsident des Modeverbands German Fashion in Köln, in dem 350 deutsche Modeunternehmen organisiert sind, zeichnet ein düsteres Bild: „Wenn nicht spätestens im Mai die Geschäfte wieder öffnen, droht eine nie da gewesene Insolvenzwelle von mittelständischen Modehändlern und Lieferanten.“