Während die Politikverdrossenheit wächst, stagniert die Wirtschaft, zunehmende geopolitische Risiken setzen unsere exportstarke Industrie zusätzlich unter Druck. Wie geht ein schwäbischer Mittelständler mit so vielen Unsicherheiten um? Darüber sprach aktiv mit Susanne Kunschert, sie ist geschäftsführende Gesellschafterin der Pilz GmbH in Ostfildern.
Wie kann man in dieser Dauerkrise noch global bestehen?
Indem man in möglichst vielen Branchen und möglichst vielen Ländern unterwegs ist. Unsere Sicherheitslösungen werden in Maschinen für ganz unterschiedliche Einsatzgebiete verbaut: von der Medizintechnik bis zur Batteriefertigung. Es hat sich bewährt, dass wir nicht von einer einzigen Branche abhängig sind. Und man muss Trends und Kundenbedürfnisse sehr früh erkennen und Wissen dazu aufbauen. Auch lange bevor der Markt für neue Lösungen überhaupt reif ist.
Haben Sie dafür Beispiele?
Wir sind schon sehr früh in die Digitalisierung und die Software-Entwicklung eingestiegen, damals in Irland, weil es hier noch gar keine Studiengänge dafür gab. In vielen Ländern haben wir als Pioniere das Thema Maschinensicherheit überhaupt erst aufgebracht. Ich kann noch ein weiteres Beispiel nennen: Bisher ging es bei Maschinen nur um „Safety“, also um den Schutz vor Unfällen bei der Bedienung. Ab Januar 2027 wird die neue EU-Maschinenverordnung gelten, die auch die „Security“ miteinschließt, also den Schutz der Daten innerhalb einer Maschine oder Anlage. Hierzu haben wir bereits vor rund zehn Jahren unsere sogenannte Security Bridge entwickelt, die Daten von Maschinen und Anlagen vor einem Hackerangriff schützt – so wie es die Maschinenverordnung vorschreibt.
Man muss also den richtigen Riecher haben …
Ja, aber so einfach ist das natürlich nicht. Auch wir haben keine Glaskugel. Zum Beispiel bei den erneuerbaren Energien oder beim Wasserstoff ist momentan noch offen, was sich am Ende tatsächlich durchsetzen wird. Deshalb ist es wichtig, alles gut zu beobachten, sich breit aufzustellen und notfalls auch mal schnell umzuschwenken. Und es braucht viel Geduld. Man muss auch akzeptieren, dass man vieles einfach nicht in der Hand hat.
Und was die Länder betrifft: Wo sehen Sie die wichtigsten Zukunftsmärkte?
China und die USA sind nach wie vor sehr wichtig. Aber wir sind auf allen Kontinenten präsent. Wachsende Märkte sind für uns zum Beispiel Brasilien oder Indien. Gerade Indien hat sich in den letzten Jahren enorm verändert, was mich sehr beeindruckt. Überhaupt ist die Welt im ständigen Wandel. Trends wie „Local for local“ – sprich: dort produzieren, wo die Kunden sind – kann man nicht aufhalten. Man muss den Wandel mitgehen – aber ohne seine Wurzeln aufzugeben.
Das klingt ermutigend. Was möchten Sie unseren Lesern für 2025 noch mitgeben?
Die Politik mag aktuell ein Trauerspiel sein, aber auf der menschlichen Ebene funktioniert die Welt hervorragend – das erlebe ich immer wieder. Daher: Nicht ärgern über das, was wir nicht ändern können. In unserem persönlichen Umfeld können wir so viel Positives bewirken – jetzt erst recht! Mit Freude, Liebe und Gottvertrauen.
Das Unternehmen
Als Anbieter von Komponenten, Systemen und Dienstleistungen rund um die Automation sorgt die Pilz-Gruppe für die Sicherheit von Mensch, Maschine und Umwelt. Am Stammsitz in Ostfildern sowie in den 42 Tochtergesellschaften und Niederlassungen auf allen Kontinenten arbeiten insgesamt rund 2.500 Menschen.
Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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