Cloos steht seit über 100 Jahren für Pionierleistungen in der Schweißtechnik und beschäftigt heute weltweit knapp 1.000 Mitarbeiter. aktiv sprach mit Stephan Pittner, Geschäftsführer und CEO des Unternehmens, über Roboter und ausgefeilte Automatisierungslösungen, die ungeliebte Arbeitsplätze ersetzen, und seine Begeisterung für Technik, die ihn schon als kleiner Junge gepackt hat.
Herr Pittner, was fasziniert Sie an Robotern?
Mich fasziniert Technik in jeder Form, und ich finde es extrem spannend, wie sich unsere Welt durch die Digitalisierung verändert und vieles leichter macht. Meine Technikbegeisterung motivierte mich schon bei der Berufswahl und begleitet mich bis heute. Allerdings hätte ich nie gedacht, dass ich mal in einer größeren Führungsrolle ankomme. Als Junge habe ich schon an Autos geschraubt und mir mit 17 für kleines Geld einen alten Opel Ascona gekauft. Bis ich mit 18 den Führerschein machte, hatte ich ihn dann selbst auf Vordermann gebracht. Ich finde es sehr schade, dass man an heutigen Autos vor lauter Bits und Bytes gar nichts mehr selber machen kann.
Aber ohne Bits und Bytes geht es auch bei Ihren Robotern nicht
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Das stimmt. Komplette Schweißstraßen, wie wir sie individuell entwickeln und installieren, wurden ja erst durch die Digitalisierung möglich. Im Jahr 1919 begann der Ingenieur Carl Cloos mit der Herstellung von Schweißbrennern, heute entwickeln und produzieren wir innovative Lösungen rund um unsere Kernkompetenz, dem Lichtbogenschweißen. Unser Portfolio reicht vom Schweißbrenner und Schweißgerät über Roboter und externe Verfahrachsen bis hin zu Software und Sensorik.
Wo kommen Anlagen von Cloos zum Einsatz?
Wir sind gefragt, wenn viele Schweißpunkte schnell und dennoch in hoher, gleichbleibender Qualität gesetzt werden müssen. Dies ist beispielsweise bei der Produktion von Erdbewegungsmaschinen, Zügen oder Lkws der Fall. Grundsätzlich sind wir in allen Industrien tätig, in denen metallische Werkstoffe verbunden werden müssen, darunter Medizin-, Heizungs- und Stahlhallentechnik sowie Schaltschrankbau und vieles mehr. Wir haben eine Digitalplattform entwickelt, die alle wichtigen Parameter im Produktionsprozess erfasst und analysiert, um Fehler und Optimierungspotenzial zu erkennen. Und natürlich können wir auch aus der Ferne Anlagen warten oder Fehler beheben.
Wie sieht die Zukunft bei Cloos aus?
Wir sind gerade dabei, über unsere digitale Plattform ein Tool aufzubauen, über das sich Kunden ihre eigene Anlage konfigurieren können. Anhand der eingegebenen Anforderungen entwirft das System eine passende Anlage, die dann anschließend über ihre Laufzeit über intelligente Schnittstellen betreut und gewartet werden kann. 2023 haben wir das System mit Erfolg in den USA gelauncht und werden es noch in diesem Jahr auch in Europa auf den Markt bringen. Künstliche Intelligenz wird uns da noch weiter voranbringen. KI nutzen wir schon und konnten darüber bereits Durchlaufzeiten in Bereichen der Entwicklung um 70 Prozent reduzieren. Richtig eingesetzt ist das einfach ein tolles Instrument.
Das Unternehmen wurde ja 2019 an Estun verkauft, Chinas größten Roboterbauer. Was hat sich seitdem für Sie verändert?
Überraschend wenig. Cloos fühlt sich nach wie vor wie ein mittelständisches Familienunternehmen an, nun eben mit chinesischen Eignern, die gar nicht so anders entscheiden als deutsche Inhaber. Unser Senior ist jetzt 70 und sein Sohn 40 Jahre. Man darf sagen: Es sind Menschen, die etwas bewegen wollen. Nach nun fünf Jahren stellen wir fest: Unser Ingenieurwesen wird wertgeschätzt, und Stück für Stück zieht die Dynamik eines chinesischen Unternehmens bei uns ein. Eine spannende Kombination, wie ich finde.
Wie sehen die neuen Wege aus?
Investitionen werden heute schneller vorangetrieben als früher. 2019 hatten wir weltweit 750 Beschäftigte, heute sind es knapp 1.000. Dieses Wachstum erfolgte vorrangig über den chinesischen Markt. Aktuell konzentrieren wir uns mehr auf MENA, also den Mittleren Osten und Nordafrika, und zudem besonders auf den nordamerikanischen Markt. In Chicago haben wir deshalb ein eigenes Headquarter für Cloos North America eröffnet.
Wie investieren Sie in die Zukunft?
Wir geben viel Geld für Standorte wie Chicago aus, aber auch in die Zentrale in Haiger fließen gerade gut 10 Millionen Euro in eine Montagehalle und unser neues Innovationszentrum. Die Entwicklung wird noch mehr Gewicht bekommen. Mit der Produktion in Haiger werden wir uns auf Europa beschränken. Bei einer Exportquote von gut 80 Prozent macht es im Sinne des Carbon-Footprints wenig Sinn, alle Anlagen hier komplett zu fertigen und dann tonnenschwere Metallteile durch die ganze Welt zu transportieren. Also müssen wir Produktionskapazitäten in anderen Teilen der Welt aufbauen.
Zur Person
Stephan Pittner, geboren 1966 in Schönbach
- Ausbildung zum Werkzeugmacher und zum technischen Zeichner.
- Weiterbildung berufsbegleitend zum Techniker, danach parallel zu seinen verschiedenen Positionen in der Industrie.
- 1986 bis 2000 bei Rittal in Herborn.
- 2000 Einstieg bei Carl Cloos Schweißtechnik in Haiger als Projektmanager.
- 2017 Leiter Automation.
- 2021 technischer Leiter Carl Cloos.
- Seit 2022 Geschäftsführer und CEO der CLOOS-Gruppe.
Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.
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