Solche Kollegen machen das Besondere der Metall- und Elektro-Industrie in Baden-Württemberg aus: Sie sind schon lange im Unternehmen, fühlen sich dort pudelwohl und haben sich über die Jahre weiterentwickelt – oft sogar vom Azubi zum Chef. Was sind eigentlich die Gründe dafür, dass Beschäftigte sich über viele Jahre nicht woanders bewerben, sondern ihrem Unternehmen treu bleiben?
Hier ein paar Fakten. Im Schnitt sind Arbeitnehmer hierzulande elf Jahre lang im gleichen Betrieb beschäftigt. In der Metall- und Elektro-Industrie (M+E) sind es sogar 13 Jahre! Das zeigt eine Auswertung des Sozio-oekonomischen Panels, der größten Langzeitstudie in Deutschland.
Treue Mitarbeiter sind den Betrieben viel wert
Damit gehört die M+E-Industrie zu den vier Branchen mit der längsten durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit!
Nicht nur für Arbeitnehmer, auch für Arbeitgeber ist Mitarbeiterbindung ein wichtiges Thema, in das auch kräftig investiert wird – zum Beispiel mit Weiterbildungsangeboten und Anerkennungen. Denn sie zahlt sich in mehrfacher Hinsicht aus: Beschäftigte, die sich dem Unternehmen besonders verbunden fühlen, sind motivierter und produktiver. Und: Je mehr Mitarbeiter lange bleiben, desto niedriger sind die Kosten der Unternehmen für die Gewinnung und Einarbeitung neuer Be- schäftigter.
Was motiviert Kollegen dazu, lange zu bleiben? aktiv hat sich eine aktuelle Studie dazu angeschaut – und langjährige Beschäftigte in M+E-Betrieben gefragt.
Achim Harter (53), Abteilungsleiter des Auftragscenters bei Arburg in Loßburg (Hersteller von Spritzguss-Maschinen)

„Ich bin stolz auf unser Unternehmen! Viele Jahre habe ich Betriebsführungen gemacht. Es ist toll, unsere Produktion zu zeigen, denn bei uns ist immer in Gebäude und Technik investiert worden. Und ich liebe es, bei einem Unternehmen zu arbeiten, dessen Produkte man anfassen kann – wie unsere Spritzgussmaschinen. Für mich zählen beim Arbeitgeber auch Verlässlichkeit und Ehrlichkeit. Wir werden bei Arburg immer von der Geschäftsführung eingebunden. Da wird nichts über Köpfe hinweg entschieden.
Ich bin seit 34 Jahren bei Arburg. Angefangen habe ich hier mit einem dualen Studium, BWL für Industrieunternehmen mit Fachrichtung Materialwirtschaft. Seitdem habe ich alle Module unseres internen Weiterbildungsprogramms durchlaufen. Anfangs war ich als Sachbearbeiter in der Disposition für die Montage und die Maschinenständerfertigung zuständig.
Ich wurde Gruppenleiter und 2020 Abteilungsleiter des neu geschaffenen Auftragscenters – das begleitet den Kundenauftrag durchs Unternehmen, von der Materialbestellung bis zum Versand.“
Marion Ciupke (51), Mitarbeiterin im HR-Service-Support beim Verpackungsmaschinen-Hersteller Optima in Schwäbisch Hall

„Ich arbeite seit vielen Jahren im Familienunternehmen Optima, weil ich die Möglichkeit habe, Verantwortung zu übernehmen, mitzudenken, mitzugestalten und Entscheidungen zu treffen. Natürlich in einem vorgegebenen Rahmen. Ein guter Arbeitgeber bietet für mich einen sicheren Arbeitsplatz mit Zukunftsperspektive und Entwicklungsmöglichkeiten. Flexible Arbeitszeiten, gute Sozialleistungen und Benefits gehören auch dazu. Außerdem sind es immer auch die Kollegen, die den Arbeitsalltag ausmachen. Man verbringt am Arbeitsplatz den Großteil des Tages, da ist ein gutes Miteinander elementar. Dazu tragen auch unsere Firmenfeste und internen Veranstaltungen bei.
Ich bin seit fast 26 Jahren bei Optima. Zunächst war ich als Personal-Sachbearbeiterin zuständig für die Entgeltabrechnung und die Mitarbeiterbetreuung eines Teilbereichs der Unternehmensgruppe. Dann bin ich von der Entgeltabrechnung zum HR-Service-Support gewechselt. Dort wird ein First-Level-Support für die Mitarbeitenden aufgebaut. Auf diese Aufgabe freue ich mich sehr.“
Felix Bechler (35), Leiter der Elektronik-Entwicklung beim Unternehmen Werma Signaltechnik in Rietheim-Weilheim

„Ein guter Arbeitgeber bietet Perspektiven, fördert seine Mitarbeiter und schafft eine Unternehmenskultur, in der sich Menschen langfristig wohlfühlen. Werma vereint genau diese Aspekte: Es gibt spannende Projekte mit internationalen Konzernen, ein starkes Teamgefühl und die Möglichkeit, aktiv mitzugestalten. Diese Kombination macht für mich den entscheidenden Unterschied.
Mein Weg bei Werma begann bereits als Schüler mit einem Ferienjob und einem Praktikum. Nach dem Abitur habe ich hier ein Traineestudium im Bereich Mechatronik begonnen. Seit meinem Abschluss bin ich im Unternehmen tätig: seit über 15 Jahren. Zuerst als Entwicklungsingenieur. Heute leite ich die gesamte Elektronikentwicklung und genieße große Freiheiten bei der Gestaltung von Produkten und Prozessen. Werma ist ein Familienunternehmen, in dem Regionalität und gute Arbeitsbedingungen großgeschrieben werden. Statt Produktion ins Ausland zu verlagern, investiert unser Geschäftsführer gezielt in den Standort Deutschland. Das schätze ich sehr.“
Birgit Rettenmaier (58), verantwortlich für Retouren-Management und Compliance im Vertrieb Deutschland bei Werma

„Ich schätze es, selbstständig arbeiten zu können und Verantwortung zu bekommen. So hat man die Chance, Neues zu lernen, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Außerdem schätze ich die sozialen Angebote von Werma. Für mich machen einen guten Arbeitgeber vor allem die Umgangsformen der Vorgesetzten mit den Teammitgliedern und die Wertschätzung aus. Dies empfinde ich als unerlässlich, da gute Mitarbeiter das Kapital einer Firma sind.
Ich bin seit 30 Jahren bei Werma. Anfangs war ich am Empfang, dann Gebietssachbearbeiterin im Vertrieb Deutschland. Danach hatte ich unter anderem das Projekt, ein Angebotswesen für den Vertrieb aufzubauen, und war zusätzlich auch mit der Erstellung von kundenspezifischen Sonderanfragen betraut. Anschließend habe ich unter anderem für den Vertrieb ein neues Retouren-Management aufgebaut. Außerdem habe ich zusammen mit Kollegen am Aufbau des Compliancesystems gearbeitet und bin nun für Retouren-Management und Compliance im Vertrieb Deutschland verantwortlich.“
Thomas Jockisch (59), Director in der Zentral-IT bei Aesculap, der Chirurgie-Sparte des Unternehmens B. Braun, in Tuttlingen

„Schon früh wusste ich, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht alles ist. Doch alle paar Jahre die Firma wechseln, um voranzukommen? Das ist bei Aesculap nicht nötig. Die Möglichkeiten sind so vielfältig und spannend. Ich habe die Chancen immer wieder gesehen und es lohnt sich, sie frühzeitig zu ergreifen.
Ich habe vor über 40 Jahren als Feingeräte-Elektroniker bei Aesculap begonnen. Seit 1998 bin ich in der Zentral-IT tätig und derzeit als Director für 20 Standorte in der Region Deutschland-Österreich-Schweiz Ansprechpartner für vielfältige IT-Themen. Zahlreiche Projekte und Themen garantieren Abwechslungsreichtum. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen in den Teams, um gemeinsame Ziele zu erreichen, ist inspirierend und gibt der Arbeit einen tiefen Sinn. Der Kontakt mit jungen Menschen in der Ausbildung spornt mich zusätzlich an. Mein flexibler und sicherer Arbeitsplatz sowie die Anerkennung der Vorgesetzten unterstreichen die enge Verbundenheit mit dem Unternehmen.
Ich bin stolz darauf, seit über 40 Jahren meinen Beitrag leisten zu können!“
Laut einer Umfrage sind Mitarbeitern Gehalt und Sinn besonders wichtig
Warum Beschäftigte ihrem Arbeitgeber treu bleiben, das haben schon viele Umfragen beleuchtet. Ganz aktuell zum Beispiel vom Software-Anbieter Factorial in seinem „HR-Report 2025“. Befragt wurden hier 500 Arbeitnehmer aller Altersklassen aus ganz Deutschland. Tatsächlich bejahten 29 Prozent von ihnen diesen Satz: „Ein gutes Gehalt ist mir am wichtigsten.“ Überrascht? Geld ist natürlich nicht für jeden alles. Für 22 Prozent ist der wichtigste Faktor im Job eine gute Work-Life-Balance und für immerhin 17 Prozent ist das kollegiale Umfeld ausschlaggebend.
Unabhängig davon suchen offenbar die meisten Beschäftigten auch einen tieferen Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit. Für 62 Prozent ist eine sinnhafte Tätigkeit wichtig oder sogar sehr wichtig. Bei den 45- bis 50-Jährigen sind es sogar 70 Prozent.
Und wie sieht es aus mit dem Motivationskiller Stress? Die Umfrage ergab: Die drei größten Stressfaktoren sind eine zu hohe Arbeitsbelastung (39 Prozent), mangelnde Kommunikation (32 Prozent) und lange Arbeitszeiten oder Überstunden (30 Prozent).
Was muss passieren, damit Arbeitnehmer tatsächlich kündigen? Grund Nummer eins ist schlechtes Gehalt. Gefolgt von schlechtem Arbeitsklima und fehlender Wertschätzung.
Was ein gutes Arbeitsklima eigentlich hauptsächlich ausmacht, zeigt die Grafik. Die wichtigsten Faktoren dafür sind laut der Umfrage Anerkennung und Zusammenhalt.


Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Baden-Württemberg vor allem über die Chemieindustrie. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.
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