Tuttlingen. Der Roboterarm hebt und senkt sich sekundenschnell. Legt den Container in die Presse, holt ihn raus und transportiert ihn zur nächsten Station. Alle 30 Sekunden verlässt ein Steril-Container die Fertigungslinie.
In diesem Produkt steckt Hightech: So ein Container muss leicht, stabil, stapelbar, gut zu befüllen und absolut dicht sein. Er muss, mit sterilen Instrumenten bestückt, bei einer Operation bereitstehen.
Seit dem Umzug in die „Innovation Factory“ vor einem Jahr produziert der Medizintechnikhersteller Aesculap fast ein Drittel mehr davon. Das erklärt auch, warum die neue Fabrik am Stammsitz in Tuttlingen entstanden ist: „Wir brauchten mehr Platz, um mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten“, sagt Produktionsvorstand Joachim Schulz.
150.000 Container im Jahr sind möglich. Schnelligkeit allein reicht dabei nicht aus. „Wir müssen Schrittmacher sein“, sagt Schulz und meint damit: Produkte und Prozesse müssen innovativ sein, von sehr hoher Qualität und gleichzeitig zu wettbewerbsfähigen Preisen.
Denn das ist in einer globalisierten Welt die größte Herausforderung für die deutsche Industrie. Angesichts steigender Kosten wächst für die Betriebe der Druck, ins Ausland zu gehen. So sind die Investitionen baden-württembergischer Unternehmen im Ausland seit 1995 um 400 Prozent angestiegen. Das hat das Kölner Beratungsunternehmen IW Consult im Auftrag des Arbeitgeberverbands Südwestmetall ermittelt.
Eine effiziente Fertigung ist deshalb Voraussetzung für die Produktion am Stammsitz. Mit der „Innovation Factory“ zeigt Aesculap, was in der Industrie möglich ist. „Die Herausforderung liegt in der hohen Komplexität“, erklärt Werkleiter Thomas Philipp beim Rundgang durch die neue Fabrik. Hier entstehen rund 3.000 verschiedene Endprodukte. Weltweit produziert Aesculap etwa 25.000 Artikel.
Die neue Fabrik ist auf die Bedürfnisse einer schnellen und gleichzeitig sehr flexiblen Fertigung zugeschnitten. Zum Beispiel beim Materialfluss: Alles läuft von rechts nach links. Alle Mitarbeiter der Prozesskette, von der Entwicklung über die Produktion bis zum Marketing, arbeiten auf der gleichen Gebäude-Ebene.
„Für die Entscheidung, diese Hightech-Produktion in Tuttlingen zu bauen und nicht etwa in Malaysia, wo heute das größte Aesculap-Werk steht, war das Gesamtpaket ausschlaggebend“, sagt Schulz. Er zählt die gute Infrastruktur, das Wechselspiel mit anderen Werken in Deutschland und die Zulieferer auf. „Das Wichtigste sind allerdings die hoch qualifizierten Facharbeiter“, hebt Schulz hervor. Aesculap bildet die meisten davon selbst aus: „Unsere Mannschaft hat sehr viel Erfahrung mit unseren Produkten.“
Alle Daten sind in Echtzeit abrufbar
Die neue Fabrik stellt noch höhere Anforderungen an die Mitarbeiter. Über 100 verschiedene Container werden an der Roboterlinie gefertigt. „Wir rüsten zwei- bis dreimal am Tag um“, so Werkleiter Philipp. Das können nur gut ausgebildete Facharbeiter.
Hier sind alle Maschinen miteinander vernetzt: Philipp kann am Bildschirm alle Daten in Echtzeit abrufen: Er sieht, welches Produkt in welchem Stadium ist. Hightech kostet Geld: Rund 50 Millionen Euro hat das Unternehmen hier investiert. Dafür leisten die Mitarbeiter bis zu 120 Stunden pro Jahr zusätzlich. Außerdem hat das Unternehmen weitere Investitionen von 120 Millionen Euro in den Standort zugesagt.