Düsseldorf/Stuttgart. In etwas abgewandelter Form haben die Tarifpartner in Baden-Württemberg den Pilotabschluss der Branche aus Düsseldorf übernommen. Die Verhandlungen standen ganz unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie. „Unsere Unternehmen sind im Krisenmodus, wir alle wissen nicht, wie es weitergeht“, sagte der Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Stefan Wolf. „Es durfte in dieser Tarifrunde daher unter keinen Umständen zu weiteren Belastungen unserer Betriebe kommen. Dieses Ziel konnten wir erreichen.“ Sein Gegenüber Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der Gewerkschaft IG Metall, bestätigte: „Jetzt geht es in erster Linie darum, gemeinsam die Krise zu meistern.“
Das Entgelt wird dieses Jahr nicht erhöht
Die Einigung sieht einige Regelungen vor, die nur in diesem Jahr gelten sollen. Sie tragen der Sondersituation der Betriebe und der Beschäftigten Rechnung. Wolf betont: „Jetzt gilt es, gemeinsam die richtigen Weichen zu stellen, sodass Unternehmen und Beschäftigte diese Krise so schnell wie möglich bewältigen können.“
Hier die wichtigsten Infos zum Tarifabschluss im Überblick.
- Entgelt. Der bisherige Entgelt-Tarifvertrag gilt unverändert weiter, und zwar bis Ende dieses Jahres.
- Freie Tage statt Zusatzgeld. Die Betriebsparteien können festlegen, dass heuer statt des tariflichen Zusatzgeldes freie Tage gewährt werden. Bisher stand die Wahl-Option nur einer besonders belasteten Gruppe offen: Mitarbeitern in Schichtarbeit und solchen mit Kindern unter acht Jahren oder pflegebedürftigen Angehörigen. Wegen der Schulschließungen wurde der Freistellungsanspruch in diesem Jahr auch Eltern von Kindern bis 12 Jahren zugestanden. Nutzt ein Betrieb die neue Option für alle, so stehen den belasteten Personen acht Freistellungstage zu, allen übrigen sechs Tage.
- Differenzierung beim Zusatzbetrag. Den Zusatzbetrag, der Beschäftigten im Juli zusteht, gibt es auch 2020. Die Tarifpartner der Betriebe können ihn auch weiterhin streichen, kürzen oder verschieben, wenn das mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit hilfreich ist.
- Entlastung für Kurzarbeiter. Im Südwesten ist eine zusätzliche Hilfe für Kurzarbeiter bereits tariflich geregelt. Deshalb wurde hier dieser Punkt des Pilotabschlusses nicht übernommen.
Was der „Tarifvertrag Kurzarbeit und Beschäftigungssicherung“ M+E-Mitarbeitern im Südwesten bietet
Beschäftigten in Kurzarbeit zahlt die Arbeitsagentur 60 Prozent vom Lohnausfall, für Eltern gibt’s 67 Prozent. M+E-Mitarbeiter sind aber oft besser abgesichert: durch den „Tarifvertrag Kurzarbeit und Beschäftigungssicherung“ mit Ursprung im Jahr 2009.
Im Detail sieht das so aus: Kurzarbeiter bekommen im Südwesten einen tariflichen Zuschuss: Er wird von den Unternehmen zusätzlich zum Kurzarbeitergeld der Agentur für Arbeit gezahlt. Seine Höhe hängt davon ab, wie stark die Arbeitszeit abgesenkt wird.
Kurzarbeiter bekommen bis zu 97 Prozent vom letzten Monatsnetto
So kommen die M+E-Beschäftigten trotz des Arbeitsausfalls auf bis zu 97 Prozent ihres letzten Nettoentgelts! Selbst bei „Kurzarbeit null“, also wenn sie gar nicht mehr arbeiten können, bekommen die Betroffenen noch mindestens 80,5 Prozent ihres letzten Monatsnettogehalts. Alternativ gibt es auch ein Modell mit Beschäftigungssicherung. Der Zuschuss fällt dann geringer aus, und auch das Urlaubs- und Weihnachtsgeld kann gekürzt werden. Dafür gibt es dann die Zusage, dass der Arbeitsplatz für mindestens ein Jahr erhalten bleibt.
Arbeitgeber und Betriebsrat können sich darauf verständigen, mit welchem Zuschussmodell Kurzarbeit eingeführt wird – oder ob eine Arbeitszeitabsenkung unabhängig von Kurzarbeit geregelt wird.