Bergisch Gladbach. Es ist gut sechs Jahre her, da hatte Annette Manz eine Idee: ein Teleskop anschaffen. Sterne gucken. Ihr Mann Holger war schnell angesteckt. Nur „bloß gucken“ war ihm zu wenig. „Wenn man das Teleskop abgebaut hat, dann bleibt halt nichts. Deshalb haben wir uns schnell für die Astrofotografie entschieden“, berichtet der Ingenieur für Elektrotechnik, der als Entwicklungsleiter bei den Deuta Werken in Bergisch Gladbach arbeitet.
Hier ist er verantwortlich für alle neuen technischen Entwicklungen des Unternehmens, das Sicherheitssysteme für Schienenfahrzeuge aller Art und in aller Welt produziert – von der Straßenbahn bis zum Hochgeschwindigkeitszug. Die Deuta-Produkte dienen beispielsweise der präzisen Geschwindigkeitskontrolle, der Messung unterschiedlichster Fahrdaten über Sensoren oder der Fahrsimulation auf Prüfständen.
Chilenische Wüste ist idealer Ort für die Sternenbeobachtung
Bei der Astrofotografie bewegt sich der Ingenieur in einer ganz anderen Welt. Es sei kein Hobby, das man mal am Wochenende nebenbei macht. Schon deshalb, weil „es in Europa fast nirgendwo mehr richtig dunkel wird“.
Holger und Annette Manz reisen deshalb häufig nach Südfrankreich – und waren auch schon in der chilenischen Wüste, die als idealer Ort für Sternenbeobachtung gilt. Die Urlaubsplanung des Paares läuft anders als bei anderen: nicht nach Kriterien wie Schulferien oder Jahreszeit, sondern als Allererstes nach den Mondphasen. Neumond ist ideal, bei Vollmond ist es selbst in der Wüste schon zu hell!
Manche Objekte im Sucher sind 15.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt
Holger Manz und seine Frau haben sich auf sogenannte Deep-Sky-Objekte spezialisiert, die mit bloßem Auge niemals so sichtbar würden. Objekte, die außerhalb unseres Sonnensystems liegen, vor allem Sternenhaufen, Nebel und Galaxien. Eines ihrer beeindruckenden Fotos zeigt die Andromeda-Galaxie, ein anderes Thor’s Helmet, einen rund 15.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernten Sternennebel, der an einen Wikingerhelm erinnert.
Für solche spektakulären Aufnahmen braucht es eine Spezialkamera und vor allem einen Stativaufbau, der in drei Achsen beweglich ist und exakt der Drehung der Erde - und so auch dem angepeilten Objekt folgt - und über Stunden hinweg immer wieder Einzelaufnahmen macht, die eine Software nachher zum fertigen Bild zusammensetzt.
Holger Manz leitet bei den Deuta-Werken eine Abteilung mit 31 Mitarbeitern
„Die digitalen Möglichkeiten von heute faszinieren mich bei der Fotografie ebenso wie im Beruf“, sagt Manz. Er ist durch und durch Techniker. Schließlich hat der Ingenieur, der bei Deuta eine Abteilung mit 31 Mitarbeitern leitet, sogar ein Bauteil seines Kameraaufbaus gemeinsam mit einem neuseeländischen Astrofotografen konstruiert und im 3-D-Drucker hergestellt.
Auch das macht den Reiz aus: Internationale Kontakte knüpfen. Und das ist beim Arbeitgeber Deuta, wo insgesamt 250 Menschen arbeiten, ebenso wichtig. Schließlich liefert das Unternehmen 75 Prozent seiner Produkte ins Ausland.
Astrofotografie sei ein ungewöhnliches und spannendes Hobby, keine Frage. Trotzdem wollen Holger und Annette Manz demnächst mal die Mondphasen außer Acht lassen und einfach dort Urlaub machen, wo es schön ist. Auch wenn die Sterne einfach nur funkeln.
Nachgefragt
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich war schon ganz früh von Elektrotechnik fasziniert und bin dann Ingenieur mit dieser Fachrichtung geworden.
Was reizt Sie am meisten?
Die rasante Entwicklung des Fachgebiets in den vergangenen 30 Jahren vor allem durch die Digitalisierung. Es überrascht mich selbst bis heute, wie viel Neues da immer noch kommt.
Worauf kommt es an?
Fertig werden! Ingenieuren fällt es oft schwer, ein Entwicklungsprojekt rechtzeitig zu Ende zu bringen.
Werner Grosch war lange Jahre leitender Redakteur einer Tageszeitung mit den Schwerpunkten Politik und Wirtschaft. Für aktiv schreibt er Reportagen aus Unternehmen der Metall- und Elektrobranche und porträtiert Mitarbeiter aus diesen Branchen mit ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten oder Hobbys. Privat und beruflich ist er am liebsten mit dem Rad unterwegs.
Alle Beiträge des Autors